Aus der Geschichte des Hauses

und der ehemaligen Siedlung Brenschede

 

Dr. Otto Hülsebusch

 

Haus Brenschede, am Eingang des vielbesuchten Lottentales und an der jetzigen Baumhofstraße gelegen, wird den meisten Bochumern gut erinnerlich sein. Der Luftkrieg hat dieses Kulturdenkmal vernichtet. Ehedem war H a u s B r e n s c h e d e eine W a s s e r b u r g altwestfälischer Art, also von einem Wassergraben, einer sog. Gräfte umgeben. Einfach und schlicht aber auch trutzig und fest waren die Mauern des Hauses, für die der unverwüstliche Ruhrsandstein das Material liefern mußte. Zum Schutz gegen Überfälle waren in den Mauern früher Schießscharten angebracht. Aber bereits das 17. Jahrhundert führte einen Wandel herbei; Fenster lösten sie ab. Um die letzte Jahrhundertwende mußte das Haus einige An- und Umbauten über sich ergehen lassen, weil es für eine Gastwirtschaft hergerichtet wurde. Immerhin ließ es seine frühere Eigenschaft als Adelsitz noch erkennen.

Auf der ehemaligen Wasserburg, vielleicht auch einer Vorgängerin, saßen seit 1542 bis zum Ausgang des 18. Jahrhunderts die Herren von Melschede. Verwandtschaftliche Beziehungen zu den Herren von Steinkuhl hatten sie hierhin gebracht. Aber auch sie waren nur die Nachfolger älterer Geschlechter. Sie alle haben es nicht leicht gehabt hier auf der Brenscheder Heide. Auch das letzte Adelsgeschlecht, die Familie Freiherr von Berneck, die 1803 das Haus Brenschede als Lehen erhielt, wurde die Sorge um ihre Existenz niemals los.

Das Haus Brenschede geht vielleicht auf eine Bauernsiedlung zurück, die im Zuge der Innenkolonisation entstand und in den Zeiten des aufkommenden Rittertums zu einem Adelssitz mit einem umschließenden Wassergraben umgestaltet wurde. Auch mag der hier vom Hammertal über Stiepel nach Bochum vorbeiführende uralte Hellweg für diese Ansiedlung mit ursächlich gewesen sein.

 

Eine eigene Bauernschaft hat Brenschede im Mittelalter nicht gebildet. 1519 wurde der Hof Brenschede zu Wiemelhausen, 1547 und später zu Querenburg gezählt (Darpe S. 98,213). Aus dem Hof wurde der Adelssitz abgesondert.

 

Seit dem 17. Jahrhundert hat sich dann auf dem Gelände des Rittergutes eine Gemeinde abhängiger Kötter entwickelt. Bis 1800 entstanden so 22 Kotten, bei ihrer geringen Fruchtbarkeit bot die adelige Baut für diese Zahl der Kötter zu wenig Lebensraum. Erhebliche Spannungen, die insbesondere in den letzten Jahrzehnten des 18. Jahrhunderts aufkamen, waren die Folge. Sie entstanden nicht nur zwischen der Gutsherrschaft und den Köt-tern, sondern brachten auch die Kötter in einen Gegensatz zueinander, bis dann der damals stärker aufkommende Bergbau und die durch ihn ausgelöste industrielle Entwicklung bessere Lebensbedingungen schafften und auch mit den alten überlebten Besitzformen aufräumten. Schon im 17. Jahrhundert betätigten sich diese Kötter im Bergbau. Die zu Tage tretenden Flöze beuteten sie in den „Kolbergen“ aus, 1634 kaufte die Stadt Bochum op den Kohlberge in Brensche von den „Köllers“ die Kohlen.

 

In älteren Urkunden tritt uns das heutige Brenschede bald als Bredenscede, nicht weniger häufig auch als Bredenscheide mit leichten Abwandlungen entgegen. Erst seit etwa 150 Jahren setzte sich immer mehr die heu-tige Bezeichnung durch.

 

N a m e n s g e s c h i c h t l i c h läßt sich Brenschede (oder auch Bredenscheid) in zwei Bestandteile zerlegen, in Breden und -schede. Letzteres bedeutet soviel wie Scheide. In dem welligen Gelände von Bochum nach dem Süden zur Ruhr war der Höhenrücken, der ostwestlich verlief und gleichzeitig Wasserscheide war, in der Zeit, als für diese Gegend der Name entstand, wohl ein wald- und heidebedecktes Gebiet, das durch seine breite (brede) Fläche eine wirkliche Scheidung bildete. Nördlich von Brenschede zwischen der heutigen Zechenbahn und der Brenscheder Straße lag das Bredenbrok, das schon 1373 genannt wird, es war ein waldreiches, feuchtes Gelände (Bruch), das die Bauern von Wiemelhausen gemeinsam zur Weide und Holznutzung benutzten. Durch das Gelände führt heute die Bruchstraße.

 

Brenschede war wie die Güter Rechen und Overdiek (in Goldhamme) ein Limburg-Styrumsches Lehen: Lehnsherren waren die Herren von Limburg auf Schloß Styrum bei Mülheim a. d. Ruhr, sie waren eine Zweig-linie der Herren von Altena, den ältesten bekannten Beherrschern des Bochumer Raumes im 13. Jahrh. Erst mit dem 15. Jahrh. erfahren wir aus den Lehensregistern Näheres über Brenschede. Nach einem Lehnsregister aus dem 15. Jahrh. (Kremer Bd. 2 S. 181) war 1456 Johann in dem Hulse (ein Abzweig der Familie von Eickel auf dem Hülshof in Gelsenkirchen Heßler) mit dem guet geheyten Bredenscheid belehnt worden und „is gegeven op unser lieven vrowen altair toe Boychem und hat up dieselve tyt her Dyderich pastoir toe selhem.“ Das Gut Brenschede war also damals vorübergehend an den Liebfrauen Altar der Bochumer Kirche gewidmet worden und der Pastor von Selm bezog die Einkünfte aus dem Hof. Im Jahre 1504 wurde der Hof Brenschede an den Besitzer des Hauses Rechen, Sander (Alexander) von Galen und nach dessen Tode am 12. Mai 1525 an Walter von Loe (auf Haus Dorneburg in Eickel) und Goswin in der Steinkuhle (auf Haus Steinkuhle) zu Lehen gegeben. Auf dem Hof saß der Schulte von Brenschede, der die Pacht an den Lehnsmann entrichtete. Dieser Pächter blieb bis Mitte des 18. Jahrh. als Schulte auf dem Hof, dann wurde der Hof von dem neuen Lehnsherrn, Hermann von Melschede, der das Gut am 8. 1. 1542 erhielt, in einen Rittersitz umgewandelt, indem er eine Gräfte um das Haus legte. Der Schulte blieb als Verwalter auf dem Hof, der zum Rittersitz einbezogen wurde und als „a d e - 1 i g e B a u t B r e n s c h e d e“ grundsteuerfrei blieb, weshalb er in den Höfeverzeichnissen der Folgezeit nicht mehr genannt wird.

Im Besitz der F a m i l i e v o n M e 1 s c h e d e ist das Haus und Gut Brenschede, wenn man von einigen kurzen Belehnungen absieht, bis zum Aussterben dieses Geschlechts zu Beginn des 19. Jahrhunderts geblieben.

Nach von Steinen Westf. Geschichte III. Teil S. 343 ff. war die Familie von Melschede ein altes ritterbürtiges Geschlecht, das aus dem Herzogtum Westfalen stammte und seinen Namen von dem Schloß Melschede im Amte Balve ableitete.

 

1.) Herman von Melschede selbst konnte sich nur wenige Jahre seines Lebens erfreuen. Etwa um das Jahr 1551 muß er bereits gestorben sein. In einem Verzeichnis der Märkischen Ritterschaft, das im Jahre 1552 aus Anlaß eines drohenden Krieges mit Frankreich auf Befehl des Herzogs von Cleve aufgestellt worden war, wird vermerkt, daß Hermann verstorben sei und die Wittib allein das Haus inne habe. Hermann von Melschede war mit Belia Schele gen. Vitinghoff verheiratet

Am Michaelistage (29. Sept.) 1554 wird Dirich von flecke zu Kemna neben der Witwe des Hermann von Melschede von Graf Hermann mit dem Lehngute Bredescheidt belehnt. Von Steinen spricht von einem Johann Messing, der um das Jahr 1550 die Wwe. Belia von Schele geheiratet habe. Nach seinen Angaben ist sie dann 1568 verstorben.

 

2.) Im Jahre 1569 erhielt der edle und ehrenfeste Caspar von Melschede das Haus und Gut Brenschede mit allem seinem Zubehör zum Lehn.

 

3.) Am 13. Juni 1576 wurde der hochedle Johann von Melschede mit dem Gut Brenschede belehnt, wie dasselbe bereits von seinen Voreltern zu Lehen getragen worden sei. Gleichzeitig wurde Johann von der Steinkuilen zu seinem Anteil mitbelehnt.

 

4.) 1598, den 15. Januar ging das Gut auf Gotthard von Melscheidt zu Garbeck über. Gotthard von Melschede verstarb im September 1604. Seine Ehefrau Margrit geb. von Neheim lebte noch als Witwe 1640.

 

5.) Am 25. 1. 1605 wurde ihr minderjähriger Sohn Gert Hermann von Melschede der Lehnsträger. In die Zeit des Gert Hermann fällt der Übergang der Grafschaft Mark, die seit 1388 das politische Schicksal des Herzogtums Cleve teilte, in den Besitz des aufstrebenden Brandenburgischen Staates. Die weitere Geschichte des Lehnsgutes Brenschede wird noch häufig Gelegenheit geben, zu beobachten und zu verfolgen, wie die neue aufkommende Staatsgewalt den Machtbereich der Lehnsherrn, der Reichsgrafen von Limburg-Styrum, in steigendem Maße verkleinerte und einschränkte.

 

6.) Nachfolger des Gert Hermann war dessen Sohn J o h a n n von Melschede (gest. 1640). Er trat 1630 zur lutherischen Kirche über und war ein eifriger Anhänger der neuen Religion. Er unterzeichnete am 7. September 1630 einen Bittbrief der evangelischen Ritterschaft des Amtes Bochum an den Großen Kurfürsten wegen freier Ausübung der neuen Religion. Er war mit Ida von der Leithen von Haus Marten – jetzt Stadtkreis Dortmund – vermählt. Sie brachte als Erbgut Haus Marten ihrem Manne zu.

Aus dem letzten Jahre des Dreißigjährigen Krieges interessiert eine Eingabe des Herrn von Brenschede – vermutlich Gerhard Friedrich – vom 26. 12. 1648. Darin bittet er den Grafen von Styrum, die Erlegung der verackordierten Hergereide (Geldsumme für die Übertragung des Lehens) zu stunden. Infolge der langgewährten Kriegsverderbnisse seien im Hause Brenschede alle Mittel ausgegangen. Noch in diesem Jahr hätten „Lotheringische und Marschierer“ seinen Ort verschiedentlich getroffen. Er habe zur Abfindung der Militär-besucher „Satisfaktionsgelder“ zahlen müssen. Aus der Ehe des Johann von Melschede mit Ida von der Leithen gingen nach Angabe von v. Steinen folgende Kinder hervor: a) Gerhard Friedrich, b) Wennemar, c) Anna Margarete, Stiftsfräulein zu Elsey, d) Sybilla Adelheid, ebendaselbst, e) Catrina Elisabeth gest. 1670 d. 6. Juli Frau des Johann Diederich v. Wallrabe zu Wittenberg,f) Elisabeth, gest. 1722.

 

7.) Mit dem Haus Brenschede wurde am 22. Oktober 1651 der älteste Sohn Gerhard Friedrich belehnt. Am 25. Juli 1666 wurde die Belehnung erneuert, wahrscheinlich erhielt aber auch der jüngere Bruder Wennemar wenig-stens später die Mitbelehnung. Am 31. März 1653 schloß die Witwe Johann von Melschede, Ida geb. von der Leithe mit ihren Kindern einen Auseinandersetzungsvertrag. Danach erhielt der älteste Sohn Gerhard Friedrich von Melschede (verheiratet erstmalig 1644) das Haus Marten, während der jüngere Sohn W e n n e m a r das Haus Brenschede mit allen seinen zugehörigen Ländereien und Kotten bekam. Die vorhandenen Schulden sollten beide Brüder gemeinsam tragen.

Die Mutter nahm als Leibzüchterin ihre Wohnung zu Brenschede. Sie behielt sich neben einem Garten zwei Kühe vor, die der Sohn Wennemar mit seinen Kühen in seinem Stall füttern und im Sommer mit auf die Weide nehmen mußte. Desgleichen hatte er das Brandholz für die Wohnung seiner Mutter zu stellen. Weiter ließ sie sich ein Malterse Saatlandes einräumen, das der Sohn beackern mußte. Schließlich mußten beide Söhne all-jährlich 50 Taler an ihre Mutter abführen, die sie jedoch von dem Erbteil ihrer Schwestern abziehen konnten.

An die Leibzüchterin mußte der ältere Sohn Gerhard Friedrich aus den Martischen Gütern alljährlich zwei Scheffel Weizen, ein Scheffel Rübsamen und ein Scheffel Erbsen liefern. Die vier Töchter erhielten von ihren beiden Brüdern eine Abfindung von je 1000 Reichstalern. Sybilla Adelheid und Elisabeth erhielten diese Abfindung von dem jüngsten Bruder Wennemar. Man sieht aus diesem Vertrag wie bescheiden die Lebensführung der adligen Familie war. Die beiden älteren Schwestern haben im Kloster Elsey ihr Leben verbracht. Gerhard Friedrich, der Hauptvasal1 von Haus Brenschede, verstarb im Jahre 1672. Er war zweimal verheiratet. Seine erste Frau war Anna Sybilla Tork von Heringen und seine zweite Frau Maria von Walraben. Aus der ersten Ehe waren folgende Kinder hervorgegangen: Johann Bernhard, Jobst Ludolph, Caspar Jobst und Sybilla Catharina. Johann Bernhard wurde 1672 Erbe des Hauses Marten. Jobst Ludolph – ehedem französisch reformierter Offizier (Leutnant) wurde 1715 mit dem Hause Brenschede belehnt. Caspar Jobst ging 1684 nach Dänemark. Sybilla Catharina verbrachte ihre Tage im Stift Hörde. Wie bereits eingangs erwähnt, ist in Brenschede, wo die Kohlen offen zu Tage treten, immer Bergbau getrieben worden. Ein solches Bergwerk hatte auch Wennemar von Melschede angelegt, auf dem seine Kötter Kohle förderten (Darpe S. 366.)

 

8.) Nach dem Tode seines Bruders Gerhard Friedrich (1672) wurde Wennemar nunmehr der alleinige Lehnsträger des Hauses Brenschede. Er war mit Sophia von Vittinghof zu Edinghausen Kspl. Flierich vermählt.

Wennemar von Melschede starb als Obristwachtmeister am 21. April 1683 und wurde am 24. desselben Monats in der römisch-katholischen Kirche zu Bochum beigesetzt. Die Evangelischen hatten nach der Reformation ihr Erbbegräbnis in der katholischen Kirche beibehalten. Aus seiner Ehe mit Sophia von Vittinghof gingen hervor die Kinder Johann Bernhard, Franz Johann, Gisbert Gerhard Johannes (gest. in Ungarn), Ida Sophia (Stift Elsey), Anna Kathrina (ebendaselbst) und Katharina Sybilla.

 

9.) Am 11. Mai 1691 wurde der Sohn Johann Bernhard von Melschede zu Mannslehenrechten verpflichtet. Für die Belehnung (pro homagio) mußte der junge Herr von Melschede 300 Reichstaler und für Lehngebühren 5 Goldgulden entrichten.

Am 28. Oktober 1692 vermählte er sich mit Elisabeth Johanna von Keinach auf Dellwig. Der Hochzeit ging ein Ehevertrag vorauf, der am 21.9.1692 zu Dellwig/Lünen geschlossen wurde. In diesem Vertrag versprach
der junge Johann Bernhard seiner Braut als Morgengabe seinen in der adlichen Baut gelegenen sog. Stratmannskotten erb- und eigentümlich zu verehren. Weiter sollte sie für den Fall, daß die Ehe kinderlos bleibe, ihren gesamten Brautschatz und, was sie sonst an Geldern, Gold, Silber usw. mitgebracht habe, zurück erhalten. Außerdem setzte er ihr aus seinen Mitteln einen Betrag von 1000 Reichstalern zu ihrer demnächstigen Unterhaltung als Witwe aus.

 

Dieser Vertrag fand eine Ergänzung bezw. Abänderung durch den sog. Erbvergleich vom 8. Dezember 1692, in welchem sich die Mutter, die verwittibte Sophia von Vittinghof mit den Kindern auf dem Hause Brenschede auseinandersetzte

 

Auf Grund dieses Vertrages übertrugen die Beteiligten, also die Mutter und die Geschwister ihrem ältesten Bruder Johann Bernhard und dessen Frau Elisabeth Johanna das adelige Haus Brenschede mit allem Zubehör, zwei im Steinkaulschen gelegene Kotten, nämlich den Schwanen und Reinharts Kotten und im Amte Wetter gelegene Höfe und Kotten sowie sonstige Rechte und Forderungen. Johann Bernhard und dessen Ehefrau Elisa-beth Johanna verpflichteten sich hingegen, die Mutter bzw. Schwiegermutter in Gesund- und Krankheit, Krieg und Frieden nach des Hauses Gelegenheit und Vermögen an der Tafel in Kost und Trank ihnen gleich zu unterhalten, sie gebührend aufzuwarten, mit Feuer und Heizung zu versehen und das Leibzuchthaus in gutem Stande zu halten. Weiterhin mußte die neue Herrschaft ihr eine Magd zur Verfügung stellen, eine Kuh im Sommer und Winter sowie auch ein Schwein halten und dazu jährlich ein halb Scheffel Leinen mit dem dazu gehörigen Land zur Verfügung stellen. Zur Beschaffung der nötigen Kleider und als Spielgeld standen ihr die Einnahmen aus Sandführers, Möllers und Melcherts Kotten in Höhe von 12 Reichstalern zur Verfügung, die St. Martini fällig wurden. An jeden Bruder sowie jede Schwester hatte Johann Bernhard als Abfindung 500 bzw. 350 Reichstaler zu entrichten. Hierfür hafteten die Kotten Henrich uff der Heyde, Strattmann, Philipps und Sypmann.

 

Aus diesem Erbvertrag erfahren wir auch Ober das Schicksal der beiden anderen Brüder. Von Gisbert Johann Gerhard wird berichtet, daß er außer Landes gegangen sei und seit vielen Jahren nicht geschrieben habe. Sein Anteil solle der Mutter zugute kommen. Der zweite Bruder Franz Johann war bestellter Lieutenant unter Seiner Churfürstlichen Durchlaucht zu Brandenburg-Leibgarde. Ihm gegenüber wurde eine vergleichsweise Abgü-terung empfohlen.

 

Mit dem Übertrag mußte Johann Bernhard von Melschede eine erhebliche Schuld übernehmen. Ihm lag daran, als sich herausstellte, daß seiner Ehe der Kindersegen versagt war, seiner Ehefrau im Falle seines Ablebens eine gute Versorgung zu garantieren. Die Bemühungen um die Sicherstellung seiner Frau oder Eheliebsten, wie er sie nennt, beschäftigen ihn bis zu seinem Lebensende. So nimmt es auch kein Wunder, daß er letztwillige Verfügungen wiederholt aufrichtete, wegen ihrer Genehmigung durch den Lehnsherrn einen umfangreichen Schriftwechsel führte, dabei auch mit den Agnaten ernstlich zusammenstieß und, offensichtlich unter dem Einfluß seiner ehrgeizigen und auch wohl kalt berechnenden Frau, auch sonstige Maßnahmen traf, die In ihren Auswirkungen das Lehngut selbst schwer und zwar auf Generationen hin belasten sollten. Da das Lehen ein Mannlehen war, also nur im Mannesstamm vererbt wurde, hatte er Sorge, daß seine Frau nach seinem Tode vom Gute weichen mußte. Um zu verhindern, daß widrig gesinnte Menschen im Falle seines Ablebens seiner Ehe-frau in der Erlangung des Besitzes an dem nachgelassenen Gute zuvorkämen, übertrug er am 3. 7. 1713 durch einen vor dem Notar Lindemann ausgesprochenen Verzicht den Besitz des Lehngutes auf seine Frau, die dadurch „in allen zu dem Hause Brenschede, Bauhauss, Pforthaus, Gräften, Garten, Baumhof, Feldt, Wiesen, Weide, Büschen, Gehöltz, Heide, Dieke, wie auch in allen dazu gehörigen Kotten mit allem Zubehör, nichts davon ausgeschieden, in Gegenwart des Notars Lindemann und zweier Gezeugen wie üblich und gebräuchlich mit gewöhnlichen Sollemnitäten Possession ergriffen“.

 

Um die aus der Erbschaftsregulierung herrührenden Schulden bezahlen zu können, bat Johann Bernhard bei der Lehnskammer in Styrum um Zustimmung zur Aufnahme von 2000 Reichstalern, er wies darauf hin, daß er da8 Gut verbessert habe. Vier Kotten habe er auf unschädlichen vorhin unfruchtbaren, wüsten und öden Örtern setzen lassen. Daneben seien 8 – 9 Fischteiche auf neuem Grunde ausgemacht, ein gewölbter Keller, eine gewölbte Brücke, eine anschließende Mauer, ein Bleichplatz mit darumgehenden Gräben verfertiget, ohne was sonsten an Raus und Bauhaus scheinbarlich verbessert worden sei. Dieses sei ohne den Brautschatz seiner Frau nicht möglich gewesen, sonst wäre das Gut noch mehr verschuldet worden. Die Aufnahme des Darlehens wurde genehmigt.

 

Am 18. 12. 1715 starb Johann Bernhard von Melschede. Elisabeth Johanna von Keinach war nunmehr Witwe geworden.

 

Sie zeigte sieh jedoch als Herrin der Lage. Noch am selben Tage ließ sie den Kaiserlichen Notar Arnold Conrad holen, damit er sehe und ad notam nehme, daß ihr Beauftragter, Diedrich Suthof, den ihr von ihrem verstor-benen Ehemann eingeräumten Besitz in ihrem Namen tatsächlich ausübe, und bescheinigte daß der Genannte namens der Frau von Melschede „mit Auslöschen und Anzündung des Feuers, Auf- und Niederschützung des Hahl, (des Kesselhakens über dem offenen Herd) Aufhängung des Poth, und Anrührung anderer Mobilien, Abschneidung eines Spans von der Hausestür und Tor wie ingleichen mit Auf- und Zuschließung desselben, wie nicht weniger durch An- und Abbindung der Kühe und Pferde und fernerhin mit Ausstechung des Torfs und Abbrechung eines Zweiges, im Kühekamp und Klaverplatz, wie ingleichen in beiden Gärten, Baumhof und daherum liegenden Ländereien, alten Hof, Wiesen, Weiden, Holzbusch genannt Haverkamp“ Besitz ergreife.

In gleicher Weise erfolgte die Fortsetzung des Besitzes bei den Kotten Wolter, Sandführer, Arnoldus im Kampe und Rettlenbusch sowie auf dem Reinertskotten im Steinkuhler Holz. Gleichzeitig wurde den Köttern bedeutet, „an niemanden als an die wohledle Frau Prinzipalin hinfüro die Pfächte zu lieffern und prästanda zu prästieren“.

Einige Tage darauf wurde die Witwe durch den Regierungsrat in Cleve namens der Königlichen Majestät von Preußen in ihrem B e s i t z bestätigt. Gleichzeitig wurde der Richter zu Bochum Dr. Lennich angewiesen, die Supplikantin zulänglich zu schützen, im Streitfalle aber die Parteien an den Regierungsrat in Cleve zu verweisen.

 

10. Johann Bernhard von Melschede war noch nicht dem Schoß der Erde übergeben, als schon der Kampf um die Lehnsnachfolge begann.

Jobst Ludolph von Melschede entwickelte dabei den größten Eifer. In seinem Auftrage nahm bereits am 21. 12. 1715 Johann Aschefeld Besitz von dem Gut und allem Zubehör, wie es allgemein Sitte war. Die Kötter erlebten damit innerhalb von 3 Tagen diesen Besitzergreifungsakt zum zweiten Male. Unter Berufung hierauf ließ Jobst Ludolph bereits am 23. 12. 1715 durch den Notar Friedrich Caspar Hövel bei der Lehnkammer in Mülheim einen Mutzettel auf das vakante Lehen beantragen. Er wies dabei darauf hin, daß der Herr von Maden Wennemar Caspar Wilhelm von Melschede dem Verstorbenen im fünften, er, Ludolph, im vierten Grade, also ein Grad näher verwandt sei.

Am 25. 2. 1716 gab die Lehnkammer Jobst Ludolph auf, seine Sukzessionsansprüche bis zum 6. März 1716 nachzuweisen. Am 27. März 1718 wurde dann Jobst Ludolph mit dem Gut Brenschede feierlich belehnt. Das Lehngeld wurde für ihn auf 175 Reichstaler festgesetzt. Als Jobst Ludolph nun von der Wwe. Johann Bernhards die Einräumung des Besitzes verlangte, lehnte die Witwe dieses unter Berufung auf die letztwillige Verfügung ihres Eheherrn vom 3. 7. 1713 ab. Daraufhin erhob er gegen die Witwe bei der Clevisch und Märkischen Regierung in Cleve Klage auf Räumung. Die Regierung bestätigte jedoch durch Urteil vom 17. 2. 1717 die Witwe von Melschede in ihrem B e s i t z.

Fast ein Jahr verging, ehe Jobst Ludolph einen neuen Angriff wagte. Am 9. März 1718 reichte er dann Klage ein bei der Lehnkammer in Styrum gegen die Wittib von Melschede, da diese ihm das Gut nicht einräumen wolle mit dem angemaßten Vorwand, Ihr Eheherr habe mit Genehmigung der Lehnkammer ihr 2000 Reichstaler vermacht und dem Lehensnachfolger alle Schulden aufgebürdet. Weil Johann Bernhard nicht in dieser Weise über das Lehen habe testieren dürfen, und er sich auch nicht denken könne, daß der Graf zum Nachteil der Agnaten und ohne deren Einwilligung das Gut mit 1 300 Reichstalern habe belasten können, so bitte er, die widerrechtlich auferlegten Schulden zu anullieren und zu kassieren und ihm die Investitur zum freien Gebrauch und Nutzen des Lehnguts zu verhelfen.

Über den weiteren Verlauf dieser Auseinandersetzung sind Einzelheiten nicht bekannt. Nach einer bei den Akten befindlichen Notiz wurde die Wittib von Melschede 1727, nachdem sie einen Wilhelm Tuchter geheiratet hatte, im Genuß des Lehnguts von der Clevischen Regierung bestätigt. Inzwischen hatte aber Jobst Ludolph schon lange – auf Haus Marten – das Zeitliche gesegnet. Am 11. Februar war er verschieden.

 

11. Wennemar Caspar Wilhelm, Herr zu Brenschede und Marten. (1724 – 1738)

 

Das Haus Brenschede ging in Verfolg dessen auf Wennemar Caspar Wilhelm, den Neffen des Jobst Ludolph über.

Vater des Wennemar Caspar Wilhelm war Johann Bernhard auf Marten, der am 15. 10. 1702 verstarb. Seine Mutter war Sophia Petronella von Syberg zu Wischelingen.

Wennemar Caspar Wilhelm vermählte sich am 7. 12. 1713 mit Maria Elisabetha, der Tochter des Friedrich Matthias von Syberg zu Kemna und Anna Christina von Syberg zum Kleff. Am 8. August 1724 wurde er mit dem Haus Brenschede belehnt. An Lehngeldern (laudemium) hatte er einschl. der Kanzleigebühren 100 Reichstaler zu zahlen.

 

Nach der Belehnung ging das Bestreben des Wennemar Caspar Wilhelm dahin, die noch auf dem Gute Brenschede befindliche Witwe Bernhard von Melschede geb. Keinach abzufinden und sie so zur Räumung zu veranlassen. Er bemühte sich deshalb, für die Aufnahme einer Hypothek in Höhe von 1 400 Reichstalern den lehnsherrlichen Konsens zu erlangen, den er anscheinend auch bekam. Ob er auch die Hypothek selbst erhielt steht dahin. Jedenfalls verblieb die Witwe nach wie vor im Besitz des Gutes.

 

Allmählich begann das Erbe, das Johann Bernhard von Melschede hinterlassen hatte, sich zum Nachteil des Hauses Brenschede und seiner Besitzer unliebsam auszuwirken. Bezeichnend ist hierfür, daß im Jahre 1728 die Erbgenahmen Grollmann wegen einer Forderung in Höhe von 300 Reichstalern, die aus der Hinterlassenschaft des Johann Bernhard von Melschede stammten, 14 Scheffelse Landes hinter dem Hause Brenschede pfänden ließen.

Die Ehe der Wittib von Melschede mit Wilhelm Tuchter kann nicht von langer Dauer gewesen sein. Sie wurde Ehefrau des Königl. Hauptmanns Freiherrn von Kropff. In dieser Ehe verstarb sie Ende Mai 1730 und wurde am 31. desselben Monats in der Erbgruft des Hauses Brenschede in der kath. Pfarrkirche zu Bochum beigesetzt.

Wennemar Caspar hatte jedoch ein starkes Interesse daran, daß Freiherr von Kropff nach dem Ableben seiner Gattin das Gut baldmöglichst freimachte. So kam es dann zwischen den beiden am 21. September 1730 zu einem Vergleich.

Danach räumte der Freiherr von Kropff das Gut Brenschede und verzichtete auf alle Rechte und Gerechtigkeiten an dem Gut, die er auf Grund der Erbfolge seitens seiner Frau bzw. diese von dem verstorbenen Johann Bernhard von Melschede erworben hatte. Andererseits war der Herr von Melschede damit einverstanden, daß der Freiherr von Kropff alle auf dem Haus und sonsten befindlichen Mobilien, Moventien, Hausrat, Kupfer, Wolle, Gold und Silber, kurzum alles, was niet- und nagellos und solches im Erbwege in seinen Besitz gelangt war, behalten und mitnehmen dürfe. Schließlich verzichtete der Freiherr von Kropff auf alle Rechte und Forderungen, die seine Frau auf Grund der Ehepakten und des Testaments erlangt und ihm weiter übertragen hatte, bis auf 1 200 Reichstaler, die ihm noch ausgezahlt werden müßten.

Bis zur Ab- und Einlösung dieses Betrages verpfändete Wennemar Caspar nachfolgende zum Hause Brenschede gehörenden Kotten:

1. Sipmann, 2. Kurzenbusch, 3. Rellenbusch, 4. Nols, 5. Sandfuhr, 6. Wilhelm auf der Heide, 7. Philipps Trine, 8. John. Herm. auf der Heide, 9. Stratmann, 10. Henrich auf d. Heide, die jährlich eine Pacht von insgesamt 60 Reichstalern abwarfen. Dabei blieb es dem Herrn von Kropff überlassen, in welcher Weise er die Unterpfänder abnutzen wolle.

 

Nach dem Ableben der Witwe von Keinach heiratete der Freiherr von Kropff am 27. August 1731 die Anna Sybilla von Ossenbruch vom Hause Bärendorf und starb Ende Mai 1735.

 

Wennemar Caspar Wilhelm, Herr zu Brenschede und Marten, verstarb am 4. 6. 1738; aus seiner Ehe mit Maria Elisabeth von Syberg zu Kemnade gingen nach Angaben von v. Steinen (vgl. III. Teil S. 348), mehrere Kinder hervor.

 

12. Nachfolger im Lehnbesitz von Brenschede wurde sein Sohn Friedrich Bernhard Johann. Am 16. 10. 1741 fand die Belehnung statt. Dem Vorschlag des Lehnsrichters Kopstadt entsprechend begnügte sich die Lehnkammer mit einem Laudemium von 100 Reichstalern.

Im Jahre 1744/45 nahm Johann Bernhard am zweiten Schlesischen Krieg teil.

 

Die finanziellen Verhältnisse des Herrn von Melschede verschlechterten sich von Jahr zu Jahr. Im Jahre 1767 suchte er sich schon mit kleinen Darlehnsbeträgen fortzuhelfen, ohne damit den weiteren Niedergang des Hauses und Gutes aufhalten zu können. Am 10. März 1768 wurde der Herr von Melschede vom Regierungsrat zu Cleve verurteilt an den Bochumer Kaufmann Joh. Wilh. Flügel 217 Reichstaler zu zahlen. Flügel pfändete dann Holz aus dem zu Brenschede gehörigen Busch. Am 30. März 1768 bat der Rechtsanwalt Jacobi von Bochum, eine Schuldforderung des Kaufmanns Mallinkrodt in Höhe von 100 Reichstalern anzuerkennen. Es handelte sich um eine Obligation vom 1. 4. 1696, die von den Besitzern des Gutes bisher nicht eingelöst war.

 

Am 12. Mai 1773 starb Johann Bernhard von Melschede. Das Eheglück war ihm versagt geblieben. Er war unter armseligen Umständen aus dieser Welt gegangen. In einem Bericht an die Kaiserliche Administra-tionskommission in Düsseldorf vom 8. Oktober 1787, die bereits 1777 auf ein Kaiserliches Edikt bin anstelle des Reichsgrafen Philipp Ferdinand die Verwaltung des Reichslehens Styrum übernommen hatte, heißt es einmal, er wäre arm wie ein Bettler auf Stroh gestorben. Er fand seine letzte Ruhestätte in der katholischen Pfarrkirche zu Bochum.

Mangels männlicher Erben zog die Lehnkammer in Styrum Haus Brenschede nebst folgenden Kotten als erledigtes Lehen ein:

 

1. Kottenbusch, 2. Siepmanns, 3. Nöckers, 4. Rellingbusch, 5. Noldus im Erlen, 6. Sandfords, 7. Müllers, 8. Schumachers, 9. Spickermanns, 10. Breimbruckers, 11. Jacob Hollands, 12. Bremers, 13. Schmidts, 14. Stratmanns und 15. Widdigs Kotten.

 

Das Gut war mit schweren Schulden belastet, indem die Erbgenahmen von Pöppinghausen zum Coverstein mit 1 500 und die Erbgenahmen König zu Hattingen mit 1 200 Reichstalern in das Gut eingewiesen waren. Auch war das Gehölz ganz ruiniert, so daß kein einziger guter Baum mehr vorhanden war.

Am 28. Juni 1773 gab die Lehnkammer dem Halfmann Schreyer das Haus Brenschede mit seinen Pertinentien auf die Dauer von zunächst 7 Jahren in Pacht.

Der herrenlose Zustand des Gutes war für die vielen Gläubiger ein Grund mehr, sich wegen ihrer Forderungen aus dem Gute zu befriedigen.

Am 1. Mai 1774 stellte der Bürgermeister Jacobi bei dem Landgericht in Bochum für die Witwe Schumacher, zufolge allergnädigsten Resripts vom 29. August 1773 den Antrag, dieselbe in den Besitz des Gutes Brenschede und dessen Revenuen einsetzen zu lassen. In Verfolg dessen erhielten am 10. Mai 1774 durch den Gerichtsdiener Romberg der auf dem Hause sich aufhaltende Halfmann, nicht weniger die Kötter Holland, Nöcker, Schmidt, Brehmer, Möller und die Witwe Bredenbrücker, die Weisung, daß sie an niemand anders ihre Leistungen bewirken dürften als an die vorgenannte Ehefrau.

Unter Einbeziehung der bereits den Erben Kropff versetzten Kotten waren nunmehr von dem Lehngut Brenschede tatsächlich bereits 12 Kotten verpfändet.

 

13. Johann David von Melschede (1782 – 1789). Im Laufe der Jahre trat unerwartet ein Herr von Melschede auf, der behauptete, ein männlicher Abkömmling eines Belehnten zu sein. Der Träger des Namens von Melschede, dessen Vorfahren vielleicht schon vor 150 Jahren das Gut Brenschede verlassen hatten, um in der Welt ihr Glück zu machen, und der auch jetzt als ein Agnat des 1773 verstorbenen Friedrich Bernhard von Melschede am 3. Mai 1782 bei dem Landgericht in Bochum wegen des freien Lehngutes Brenschede vorstellig wurde, war der Leutnant Johann David von Melschede. Er war der Sohn eines Gerhard Wilhelm von Melschede, der im 1. Schlesischen Krieg in den Jahren 1740/1741 vor Prag als Hauptmann fiel und neben einer Witwe und einer Tochter zwei Söhne hinterließ, nämlich den eben genannten Johann David von Melschede und seinen älteren Bruder Paul Engelbert.

 

Früh verwaist, hatte Johann David den 7jährigen Krieg als Lieutenant unter dem Herzog von Braunschweig-Bevern bei der Kavallerie mitgemacht, bis er endlich bei einer Aktion bei Freiberg in Sachsen verwundet und dann als Invalide entlassen worden war. Sein Schicksal erinnert an das des verabschiedeten Majors von Tellheim, der in der „Minna von Barnhelm“ durch den Dichter Gotthold Ephraim Lessing unsterblich geworden ist. Nachdem Johann David von Melschede jahrelang vergeblich auf die Versorgung seitens des Königs von Preußen gewartet hatte, wandte er sich, aller Mittel beraubt, nach dem Westen, um hier im Lande seiner Väter ein Unterkommen zu finden. Ein glücklicher Zufall wollte es dann, daß er von dem inzwischen freigewordenen Lehngut Brenschede hörte, mit dem der Name seiner Väter schon seit Jahrhunderten verbunden war. Nachdem er alle Hindernisse aus dem Wege geräumt und auch erreicht hatte, daß sein älterer Bruder Paul Engelbert, welcher ehemals als Kriegskommissar in Hessen-Darmstädtischen Diensten gestanden und später ein wandernder Musiker geworden war, auf sein Lehnrecht verzichtete, wurde Johann David am 14. November 1782 mit dem Lehngut Brenschede belehnt.

Johann David war nunmehr Herr des Lehnguts Brenschede. Er mußte jedoch darum kämpfen, sich auch in den tatsächlichen Besitz des Lehngutes zu setzen. Sowohl der Gläubiger Schumacher sowie der Herr von Pöppinghaus zu Coverstein hatten sich durch das Landgericht in Bochum in den Besitz des Gutes bzw. einzelner Kotten einsetzen lassen, von denen sie zur Tilgung ihrer Forderungen Pachtabgaben einzogen. Gegen beide ging Johann David gerichtlich vor.

Am 18. Mai 1784 entschied die Clevische Landesregierung, daß der Rentmeister Schumacher zu Herbede, mit Wirkung vom 1. Dezember 1782 alle Nutzungen aufgeben und binnen 14 Tagen das Gut verlassen müßte. Er habe nicht dargetan, daß seine Forderung, weshalb er die Einweisung erlangt habe, eine Lehnschuld sei. Gegen die von Pöppinghausen lautete das Urteil der Landesregierung vom 9. Juli 1784 „wegen der vom Hause Bren-schede geforderten Aussteuer und deswegen sich angemaßter Erbgründe“ im gleichen Sinne.

Johann David war allerdings nicht der Mann, der aus den Urteilen des Landgerichts die notwendigen Folgerungen zog, denn in der Folge treten die verurteilten Beklagten uns wieder als Gläubiger bedeutender Forderungen gegen das Haus Brenschede entgegen.

Nach langen Bemühungen gelang es Johann David auch im Jahre 1784, den Halfmann Schreyer vom Hofe zu bringen, dem er vorwarf, das Haus und Gut Brenschede schlecht verwaltet zu haben.

Für die Lehnkammer sollte es aber wenige Jahre nach dem Auftauchen des Johann David noch eine weitere Überraschung geben.

Paul Engelbert von Melschede war im Juli 1784 bei seinem Bruder Johann David verstorben. Er hatte früher, insbesondere bei der Lehnkammer, den Eindruck aufkommen lassen, als wäre er unverheiratet. Umso größer war das Erstaunen, als am 15. September 1785 die Witwe Elisabeth Dorothea von Melschede von Darmstadt aus die Limburg-Styrumsche Lehnkammer um Übertragung des Lehns auf sie und ihre Kinder bat. Sie gab eine fast romanhafte Schilderung von dem Lebensgang ihres Mannes. Er sei bereits vor mehr als 15 Jahren als fahrender Musiker mit dem einzigen Sohn in die Welt gezogen und habe die Familie ihrem Schicksal überlassen.

Johann David suchte die Einnahmen des Lehngutes durch Neuanlegung und Erweiterung bereits vorhandener Kotten zu erhöhen. So überließ er am 10. November 1784 dem jungen Gesellen Johann Henrich Becker einen Platz zur Anbauung eines Wohnhauses und Kottens neben dem Rettlenbuschhof sowie 6 Scheffelse Landes. Am 28. April 1785 verpachtete er zu dem gleichen Zweck an den Johann Henrich Hackert einen Platz nebst Hofraum sowie 6 Scheffelse Landes auf der Brenscheder Heide. In jedem Falle räumte er dem neuen Kötter das Recht ein, sein Vieh mit den anderen Köttern auf die Weide zu lassen. Schließlich erteilte er am 28. November 1788 dem Johann Henrich Ostermann die Erlaubnis, auf den zum Hause Brenschede gehörigen wüsten Heiden einen neuen Kotten bauen zu dürfen. Auch hier erfolgte die Verpachtung in der bereits vorher geschilderten Weise. Gleichzeitig erhielt er die Erlaubnis und die freie Hudschaft, mit dem Vieh im Haferkamp am Strick zu weiden, wie es auf der Brenscheder Heide die alten anderen Kötter täten. Im Jahre 1791 ging der Kotten auf Johann Peter Waldmann über.

Außerdem hatte Johann David neue Pachtverträge geschlossen mit dem Kötter Johann Bergmann (1785) und Johann Henrich Spiecker (1788). In diesen Pachtverträgen wurden die Rechte der Kötter, insbesondere im Hinblick auf die Hude- und Weidegerechtigkeiten, erweitert.

Bei der Belehnung des Johann David von Melschede die am 14. November 1782 stattfand, wurde ihm das neue Lehngut gegen ein laudemium von 175 Reichstalern zuzüglich Lehnsgebühren überlassen. Er zahlte jedoch nur einen kleinen Betrag hierauf ab. Er verstarb Ende 1789. Aus seiner Ehe mit Fräulein von Schauroth, die aus dem Niedersächsischen stammte, war nur eine Tochter namens Dorothea hervorgegangen, die am 13. April 1785 zu Brenschede geboren wurde.

In einer Entscheidung vom 1. April 1791 nahm der Lehnsherr von einer Neubelehnung Abstand, weil die Witwe von Melschede und ihr Kind eigenes Vermögen besäßen. Ihr solle der Besitz des Hauses Brenschede zum einst-weiligen leibzüchtigen Genuß überlassen werden. Es werde ihr aber aufs schärfste jede Veräußerung des Hauses Brenschede und aller dazu gehörigen Pertinentien untersagt. Die Witwe von Melschede legte aber in der Verwaltung des ihr nunmehr überlassenen Gutes so wenig Zurückhaltung an den Tag, daß die Kötter sich wiederholt über sie beschwerten. Es wurde ihr nachgesagt, daß sie sich in der Verhauung der Lehnsbüsche keine Reserve auferlegte, noch in der Anlegung neuer Kotten, wodurch sich die alten Kötter in ihren alten Hudschafts- und Weiderechten beeinträchtigt fühlten. Eine Nachprüfung dieser Beschwerden durch den Styrumschen Rentmeister Marcks junior ergab, daß 19 Kotten vorhanden waren. Den Grund der Gemeinheit, worauf sämtliche Kötter ihre Hudschaft hätten, fand er zwar schlecht, aber doch immerhin hinreichend, soviel Vieh zu ernähren, als die sämtlichen Kötter pro rata ihrer Berechtigung aufzutreiben berechtigt seien.

 

Die Büsche fand er jedoch in einem unglaublichen Zustand und es gäbe schlechterdings keinen Baum darin, der auch nur ½ Reichstaler wert sei. Dies könne jedoch der Freifrau von Brenschede nicht zur Last gelegt werden, da nach seinen wiederholten Erkundigungen diese Verwüstungen sämtlich von den vorigen Lehnsbesitzern angerichtet worden seien. Sie habe allerdings nicht genügend darüber gewacht, daß die von den Köttern zu geschehenen Anpflanzungen vernachlässigt worden seien.

Rentmeister Marks berichtete abschließend, in Erfahrung gebracht zu haben, daß es hier noch 4 nicht unbeträchtliche Wiesen gebe, die von dem Lehngut vor etwa 70 bis 80 Jahren von den damaligen Lehnsbesitzern versetzt worden seien. Trotz aller Bemühungen seitens des Johann David von Melschede seien die Splisse nach wie vor bei den ungerechten Besitzern geblieben. Rentmeister Marks machte dann unter dem 19. Mai 1794 den Vorschlag, der Frau von Brenschede aufzugeben, für die pünktliche Durchführung der Pflanzschuldigkeit sämtlicher Kötter zu sorgen und den wegen seiner Fähigkeit und Redlichkeit ruhmvoll bekannten Bürgermeister Jacobi zur Einklagung der versetzten Lehnssplisse baldigst zu bevollmächtigen. Am 22. Mai 1794 trat die Administrations-Kommission diesem Vorschlag bei.

 

Am 17. Juni 1797 reichten die Kötter von Brenschede, und zwar Christian Holland, Bremer, Sandführer, Möller und Konsorten eine neue Beschwerde beim Lehndirektor ein. Sie wiesen darauf hin, daß der Frau von Melschede aufgegeben worden sei, keine Veräußerungen irgendwie zu unternehmen. Trotzdem fahre aber die Witwe von Melschede fort eine Verkleinerung der Hudschaft vorzunehmen. So habe sie dem Spiecker, Kracht modo Schmidt Rottmann wenigstens 7 Malterse Gras von der gemeinschaftlichen Hude vertan, ohne zu bedenken, was die neuangebauten Kötter besäßen. Wenn selbige auch nicht alle auf gemeinen Weidegrund gebaut hätten, sondern in dem Haferkamp, so sei denselben doch die Versicherung in ihren Gewinnbriefen gegeben, ihr Vieh auf den gemeinschaftlichen Weidegrund mitgehen zu lassen, und das sei ein Hauptruin für die Kötter.

 

Man könne auch nicht unerwähnt lassen, daß die Witwe von Melschede sich die Freiheit genommen habe, vor kurzem ein Haus in den Baumhof des Hauses Brenschede hinzusetzen, nämlich den Hanefeld und diesem von der Hofessaat Länderei gegeben habe. Das sei ein Nachteil für das Haus Brenschede. Auch jetzt habe wiederum ein Pohle nahe vor, an dem Kamp des Hauses, jedoch noch auf gemeinschaftlichem Weidegrund ein Haus hinzusetzen, und solches solle in Zeit von 8 - 10 Tagen aufgerichtet werden. Einige Obstbäume seien schon auf die Heide gesetzt. So würde die Hudschaft, die sie sonst in ruhigem Besitz gehabt hätten, bis zum endlichen Ruin veräußert.

Das gleiche gelte für das Gehölz, nicht allein das hohe Eichengehölz, sondern auch das Untergehölz. Man könne jetzt nicht einmal mehr soviel haben, wie nötig sei, um das unentbehrliche Brot backen zu können.

Der schöne Haferkamp, welcher mit den freudigsten jungen Eichen und Untergehölzen angefüllt war, sei ganz verwüstet und liege öde da. Auf der ganzen Brenscheder Heide sehe es wegen des Holzwuchses gar elend aus. Eine Inaugenscheinnahme würde die Angaben bestätigen.

Die Meinungsverschiedenheiten über die Hudschaft, und die Errichtung weiterer Kotten hielten auch für die nachfolgenden Jahre die Bewohner der Bauernschaft Brenschede in Spannung.

Nach wie vor befand sich das Gut Brenschede bezw. seine Besitzerin in den schlechtesten Verhältnissen. Am 5. Januar 1800 berichtete die Wittib von Melschede dem Lehndirektor in Styrum, daß alle alten Kötter mit Aus-nahme des Fritz im Kampe sich seit geraumer Zeit in den Händen der Königschen Familie befänden. Die Erben König zögen aus den Kotten den Nutzen, obwohl der Freiherr von Melschede (Bernhard Friedrich), der Schuld-ner der Familie König bezw. ihres Erblassers gewesen, schon längst verstorben sei.

In die Zeit der Wittib von Melschede fällt eine Personenstandsaufnahme, die im Jahre 1798 im Amte Bochum zur Durchführung kam. Dabei wurde auch die adelige Baut Brenschede erfaßt. Die Aufnahme gibt uns wertvolle Aufschlüsse über die Verhältnisse von Brenschede zu Ausgang des 18. Jahrhunderts. Wir erfahren die Zahl der Kotten, den Beruf bezw. Nebenberuf ihrer Inhaber, die Größe der Familien und auch welche erwachsenen Söhne und Töchter sich außerhalb der Bauernschaft aufhielten. (siehe Anlage)

 

14.) Ernst von B e r n e c k (1803 – 1831)

Am 3. Juli 1796 stellte der regierende Reichsgraf Ernst Maria von Limburg-Styrum, Bronckhorst, Oberstein usw. dem in Kaiserlich Königlichen Diensten stehenden Hauptmann Ernst von Berneck die evtl. Belehnung auf das heimgefallene Lehngut Brenschede im Amte Bochum in Aussicht Ernst von Berneck befand sich damals im Dienst bei dem Fürstlich Hohenhof und Waldenburg-Bartensteinschen Infanterie-Regiment. Er war ein natürlicher Sohn des Reichsgrafen Philipp Ferdinand, eines Bruders des regierenden Grafen. Die Belehnung mit dem Rittergut sollte geschehen zu Ehren seines bereits verstorbenen Vaters.

Am 22. 7. 1803 übertrug der Graf von Styrum dem Hauptmann von Berneck das Rittergut Brenschede dergestalt zu Lehen, daß er sofort solches in Besitz nehmen könne. Die feierliche Belehnung fand statt am 24. 10. 1803 in der Reichsgräflichen Lehnskurie in Styrum.

Die Witwe von Melschede erkannte jedoch die Belehnung des Herrn von Berneck nicht an und stellte den Mannlehen-Charakter des Gutes in Abrede, weshalb der Herr von Berneck gegen sie auf Räumung klagte. Das Landgericht in Bochum entschied am 19. Dezember 1804 dahin, daß die Witwe von Melschede solange im Besitz des Gutes bleibe, bis das Wittum und die Aussteuer ihrer Tochter ausgemittelt seien. Für diese Zeit habe sie an dem Gut ein Retentions- und Benutzungsrecht. Das Urteil wurde auch durch die Königlich Preussisch-Märkische Regierung in Münster am 31. 7. 1805 bestätigt.

In einem weiteren Verfahren billigte die Regierung in Münster der Witwe eine Versorgung zu, die nach der Behauptung des Freiherrn von Berneck die Einkünfte des Gutes Brenschede um das Dreifache überstieg. Hiergegen klagte der Freiherr von Berneck mit der Unterstützung des Reichsgrafen von neuem. Am 24. Juni 1807 setzte das Landgericht in Bochum nur ein Viertel der jedesmaligen jährlichen Reineinkünfte des Lehn-gutes als Wittum für die Wittib von Melschede fest. Als Aussteuer wurde der Tochter ein einmaliger Betrag von 50 Reichstalern zugesprochen.

Am 3. November 1807 kam zwischen den Parteien ein Vergleich zustande, in welchem die verwitwete Frau von Melschede und ihre Tochter dem Herrn von Berneck den völligen

Besitz des Gutes Brenschede mit seinen Zubehörungen zur freien Disposition übertrugen. Die Wittib von Melschede und ihre Tochter erhielten hingegen freie Wohnung auf dem sog. Hackerts-Kotten; hierzu gehörten u. a. auch 4 Scheffelse Landes, die frei kultiviert werden mußten. Dazu kamen die Hude einer Kuh sowie jährlich 200 Pfund Sommer- und 200 Pfund Nachheu. Außerdem wurde ihr eine jährliche Rente von 60 Reichstalern zu-gebilligt. Für diese Leibzuchtrechte haftete Freiherr von Berneck mit seinen Einkünften aus den beiden Withüser Colonaten sowie aus Krachts und Bremers Colonie.

Nachdem das sog. Pupillengericht in Münster für die minderjährige Tochter den Vergleich genehmigt (3. 11. 1807) und der Graf von Styrum als Lehnsherr ihm (20. 3. 1808) zugestimmt hatte, wurde Freiherr Ernst von Ber-neck am 3. 8. 1808 als Besitzer des Hauses Brenschede ins Hypothekenbuch beim Land- und Stadtgericht in Bochum eingetragen.

Wenige Monate später, am 11. Januar 1809 verfügte ein Dekret des Kaisers Napoleon für den Bereich des Großherzogtums Berg, zu welchem auch Bochum damals gehörte, die Aufhebung der Lehen. Damit wurde das Haus und Gut Brenschede freies Eigentum seines Besitzers. Hierdurch traten indessen im Verhältnis zwischen Gutsherrn und Köttern keine Änderung ein.

Mehr Erfolg hatte der Freiherr von Berneck gegen Gläubiger nichtgenehmigter Lehnsschulden, die Grundstücksteile in Besitz genommen hatten oder Pachtabgaben einzogen. Diese Gläubiger mußte meistens dem neuen Lehnsträger weichen. – Weitere Auseinandersetzungen ergaben sich auch mit den Erben von Pöppinghaus, der Witwe Justizrätin von Esselen, der Witwe Kaufmann geb. Jacobi zu Essen, dem Conrad Jürgen Gronenberg zu Stiepel usw.

Schon bald nach dem Antritt des Lehens hatte der Freiherr von Berneck auch mit großen finanziellen Schwierigkeiten zu kämpfen. Die vielen langwierigen Prozesse, mit denen er schon bald begann, verursachten erhebliche Kosten, nicht weniger aber auch die Wiederherstellung des Lehngutes, das sich in einem Zustand vollkommener Verwahrlosung befand. In der Erkenntnis, daß das Gut ihn nicht ernähre, bemühte sich Hauptmann von Berneck um eine geeignete Anstellung. So wandte er sich im Jahre 1809 – allerdings vergeblich – an den Innenminister des Großherzogtums Berg in Düsseldorf und bat uni Einstellung bei der Gendarmerie, selbst wenn es unter seinem Rang geschähe.

 

Im Hinblick auf die erhebliche Verschuldung faßte im Jahre 1811 das Landgericht in Bochum auf Antrag eines Gläubigers den Beschluß das Haus und Gut Brenschede taxieren zu lassen.

 

Das Taxgutachten stellt eine willkommene Ergänzung der Personenstandsaufnahme vom Jahre 1798 dar, indem es zunächst nähere Angaben über das Haus und das Gut Brenschede mit seinen Ländereien bringt und sodann einen Überblick vermittelt über die Pachtabgaben, die die einzelnen zum Gute gehörigen Kotten leisten mußten,

 

Aus dem ersten Teil des Gutachtens erfahren wir, daß das Raus Brenschede mit einer Länge von 88 und einer Breite von 24 Fuß auf 2500 Reichstaler veranschlagt wurde. Neben dem Hofraum, dem Baumhof und dem Garten umfaßte es 78 Scheffel Baulandes, das nahe dem Hause lag. Hinzu kamen noch verschiedene Wiesen und das zum Gute gehörige Gehölz (Beckers-, Haus-, Kotten- und Rettlenbusch). Einschließlich der Jagdgerech-tigkeit hatte es einen Gesamtwert von 13046 Reichstalern.

 

Die in der Taxe dann weiter behandelten Kotten der adeligen Baut sind in der nachfolgenden Aufstellung näher aufgeführt. Sie hatten einen Taxwert von 13076 Reichstalern (in runden Zahlen ohne Stüber und Pfennige), so daß der Gesamtwert des Hauses und Gutes Brenschede sich auf 26122 Reichstaler belief. An den Freiheitskriegen (1813/ 1815) nahm Freiherr Ernst von Berneck, obschon er bereits 48 Jahre alt war, mit seinen beiden Söhnen Franz und Ernst aktiven Anteil. In der Folge war er dann mehrere Jahre als Stadt- und Landgerichtssekretär in Schwerte tätig. Im Jahre 1820 scheint Ernst von Berneck wieder nach Bochum zurückgekommen zu sein.

Nach dem Zusammenbruch der Napoleonischen Herrschaft wurde in der alten Grafschaft Mark, die jetzt zur neugebildeten Provinz Westfalen gehörte, die Preußische Rechtsordnung wieder eingeführt. In Ausführung dessen erfolgte auch eine Neuordnung des Hypothekenwesens. Zuständig war hierfür zunächst die Landesregierung in Cleve und später das Oberlandesgericht in Hamm. Eine Reihe alter Schulden aus der Franzosenzeit wurde jetzt wieder im Hypothekenbuch für das Haus Brenschede eingetragen; sie ließen gleichzeitig erkennen, wie schwer das Gut belastet war. Wiederholt drohte in der Folge eine Zwangsver-steigerung, bis dann gegen Ende der zwanziger Jahre doch für das Haus Brenschede mit seinem Gutsverbande die Schicksalsstunde schlug.

Damals beantragten die Erben Wuppermann aus Rocholl bei Schwelm die Subhastation des adeligen Gutes Brenschede wegen einer Forderung von 8000 Reichstalern. Der Zwangsverkauf konnte nur dadurch vermieden werden, daß der Freiherr von Berneck von sich aus auf dem Gute Brenschede umfangreiche Ländereien verkaufte, wie auch einen Teil seiner Kotten veräußerte.

Damals wies Ernst von Berneck gegenüber dem Gericht darauf hin, daß die Eintragung über die Größe des Gutes Brenschede im Hypothekenbuch nicht zuträfe. Nach der alten Grundsteuermutterrolle habe das Gut nur 35 Morgen 120 Ruten cölnisches Maß gehabt, wie dieses auch im Hypothekenbuch vermerkt sei. Nach der neu erfolgten Katastervermessung und der darauf gegründeten neuen Mutterrolle enthalte das Gut Brenschede in Wirklichkeit 102 Morgen 10 Ruten und 75 Fuß.

 

Den Hackerts Kotten erwarb durch Kaufvertrag vom 28. 12. 1829 der Bergmann Henrich Pohle. Er hatte sich beim Erwerb verpflichtet,der verwitweten Frau von Melschede, welche sich in dem leibzüchtigen Genuß eines Teiles dieses Kottens befand, denselben auch, soweit sie ihn damals benutzte, ungestört bis zu ihrem Tode zu belassen. Die Witwe von Melschede starb am 24. Juni 1831. Im Zusammenhang mit der Aufteilung des Gutes und dem Verkauf der Kotten hatte sie eine Kürzung der Jahresrente von 50 auf 30 Reichstaler in Kauf nehmen müssen.

Die Limburg-Styrumschen Lehengüter waren im Jahre 1809 nach dem Tode des letzten Grafen Ernst Maria durch Testament an die jüngere Schwester seiner Gemahlin Margarete Humbracht gefallen. Im Jahre 1820 er-stand der Lehndirektor Dr. Marks in Mülheim das Haus Styrum.

Durch landesherrliches Gesetz vom 21. Apr11 1825 hatte die damalige Preußische Regierung eine neue Regelung auf dem Gebiet des Lehnwesens gebracht. Sie machte zwar die Aufhebung der Lehnshoheit nicht rückgängig, verpflichtete aber den ehemaligen Lehnträger, für die Aufhebung der Lehnsrechte eine angemessene Entschädigung zu zahlen (1 % des Reinertrages ab 1. 1. 1809 als Allodifikationszins).

Als die Zwangsversteigerung auf den Antrag der Erben Wuppermann drohte, ließ Dr. Marks auf Grund der Rechtsnachfolge beim Landgericht in Bochum am 13. Januar 1830 seinen Abfindungsanspruch im Hypotheken-buch sicherstellen. Es kam dieserhalb noch in den folgenden Jahren zwischen dem Dr. Marks und dem Sohn des Freiherrn Ernst Maria von Berneck, dem Herrn Ernst von Berneck zu einem Prozeß, der mit einem Vergleich endete. In diesem Vergleich verzichtete Dr. Marks, wohl in Anbetracht der schlechten Verhältnisse des Lehngutes auf die Zahlung einer Abfindungssumme. Damit war das Gut Brenschede endgültig seiner Lehnsverpflichtungen enthoben. Dr. Marks stellte eine Löschungsbewilligung aus, auf Grund deren dann am 16. Februar 1840 die Vormerkung wegen des Lehnzinses bezw. der Abfindung im Hypothekenbuch gelöscht wurde.

 

Durch notariellen Vertrag vom 23. April 1836 setzten sich die Erben des verstorbenen (1831) Ernst von Berneck auseinander. Ernst von Berneck, der jüngere Sohn, erhielt das Eigentum an dem Rittergut in dessen Besitz er sich befand, und übernahm auch die Nachlaßschulden, während sein Bruder Franz eine Barabfindung in Höhe von 2000 Reichstalern erhielt, die von Martini 1831 an im Laufe von 10 Jahren abgetreten sein mußten. Seiner Mutter, der Wwe. Christine Philippine, geb. Gabin, die bereits am 7. November 1836 starb, räumte er ein Leibzuchtrecht ein, das sich auf Wohnung und Verpflegung bezog. Zum eigentlichen Gut gehörten damals noch 52 Morgen Land- und Wiesengrund. Außerdem ruhte hier auf dem Gelände noch eine Kohlentradde zu Gunsten der Zeche „Glücksburg“, die später mit der Zeche Julius Philipp vereinigt wurde.

Ernst von Berneck stürzte 1849 vom Pferd und starb am folgenden Tage. Seine Nachkommen verkauften das Gut 1864. Nach mehrfachem Besitzwechsel wurde Haus Brenschede um die Jahrhundertwende, wie bereits eingangs bemerkt zu einer Gaststätte hergerichtet. Es blieb dieser Zweckbestimmung erhalten, bis dann im Jahre 1943 das ehemalige adelige Haus Brenschede dem Luftkrieg zum Opfer fiel.

An die Familie von Berneck erinnert die längst eingegangene Zeche an der Wiemelhauser Straße, in deren Maschinenhäusern noch heute eine Reihe von Familien wohnt. Auch die Berneck-Straße zwischen der Wie-melhauser- und Wohlfahrtsstraße ist nach dem erloschenen Adelsgeschlecht benannt.

Aus der ehemaligen Siedlung Brenschede hat sich inzwischen der ansehnliche Stadtteil gleichen Namens entwickelt, der neuerdings durch die Königsallee weiter erschlossen ist, im übrigen auch als Siedlungsgelände in zunehmendem Maße in Anspruch genommen wird.

Darpe hat in seiner „Geschichte der Stadt Bochum“ das adlige Haus und die Bauernschaft B r e n s c h e d e hier und da nur stichwortweise behandelt. Im Rahmen seines Werkes mochte dieses genügen. Die Ausführungen in diesem Aufsatz, die auf den alten Lehnsakten der Herrschaft Limburg-Styrum (im Staatsarchiv Düsseldorf) und den alten Hypothekenbuchakten des Hauses Brenschede (im Staatsarchiv Münster) beruhen, dürften für den Heimatfreund das Bild über die Geschichte des Hauses und der Bauernschaft Brenschede wesentlich erweitern. Sie lassen erkennen, daß hier auf der ehemaligen Brenscheder Heide das Leben keineswegs so reibungslos abgelaufen ist wie mancher wohl angenommen hat. Auch die Bauernschaft Brenschede ist von dem Wellenschlag der Zeiten nicht unberührt geblieben. Sowohl den Bewohnern des adeligen Hauses als auch der Bauernschaft selbst blieb der Kampf ums Dasein nicht erspart. Auch menschliche Charakterschwächen, Leidenschaften und sonstige Unzulänglichkeiten waren für das Geschehen hier mit ursächlich. Der zur Verfügung stehende Raum ließ es nicht zu, den Aufsatz nach dieser Richtung bin durch Einzelheiten aufzulockern, obschon hierfür Stoff vorhanden gewesen wäre. Das gilt vor allem für dem Kampf der Kötter um die Hude- und Weidegerechtigkeiten auf der Heide und das Ringen um den Bestand der Brenscheder Waldungen.

Das eindringlichste Wahrzeichen dieser Geschichte Brenschedes, das adlige Haus, wurde das Opfer einer unheilvollen Zeit. Auch ist die Zahl der Kotten, die noch mit ihren schwarz-weißen Fachwerkhäusern der ehemaligen Bauernschaft das Gepräge geben, so gering geworden, daß man sie an den Fingern abzählen kann. Mögen d i e s e wenigstens der Gegenwart und der Zukunft noch recht lange erhalten bleiben.

 

Insgesamt ergeben sich für die Adelige Baut Brenschede 22 Häuser mit 25 Familien, wozu noch das Haus Brenschede mit 2 Familien käme. Die Zahl der Bewohner einschl. des Hauses Brenschede beläuft sich auf 111. Hinzu sind zu rechnen die Söhne und Töchter, die sich außerhalb des Hauses, sei es als Soldat oder als Gesinde aufhielten. Hier ergibt sich die beträchtliche Zahl von 34 Söhnen und Töchtern. Zu einem gewissen Teil läßt dieses Verhältnis auf die harten Lebensbedingungen schließen.

 

In dieser Hinsicht ist auch von Interesse die Feststellung, daß die Kötter, wenn auch die Landwirtschaft die Ernährungsgrundlage bildete, einem Nebenerwerb nachgingen. Ausweislich der Aufstellung sind von rd. 25 Familien 13, in welchen sich der Ernährer auch als Bergmann betätigt. Beachtlich ist auch die Zahl der Leineweber (7).

 

Impressum

1954 Bochum Ein Heimatbuch

6. Band

 

Herausgegeben von der Vereinigung für Heimatkunde E.V.

 

Druck und Verlag:

Märkische Vereinsdruckerei Schürmann und Klagges – Bochum 1954