Deutscher Preis für Denkmalschutz

Hannover, Schloss Herrenhausen,
Galerie-Gebäude, 3. November 1997. Verleihung des Deutschen Preises für Denkmalschutz.

Der Preis zeigt abstrahierte Gebäude, Entwurf Prof. Fritz Koenig.

Durch das Präsidium des Deutschen Nationalkomitees für Denkmalschutz wurde die Kortum-Gesellschaft Bochum e.V. als einer der Preisträger mit dieser Einschätzung gewürdigt:

Die Würdigung

Die Kortum-Gesellschaft Bochum e.V. ist eine Vereinigung für Heimatkunde, Stadtgeschichte und Denkmalschutz. Sie besteht seit 1921 und setzt sich mit bewundernswerter Beharrlichkeit und Fachkompetenz für die Erhaltung einzelner Denkmäler und für die Stärkung des Denkmalschutzgedankens in Bochum ein. Ihr ist es zum Beispiel zu verdanken,

- daß ein bereits genehmigter großer Hotelbau, der den 1876 angelegten Stadtpark empfindlich gestört hätte, wieder aufgegeben wurde;
- daß zunächst nicht mehr für nutzbar gehaltene Denkmäler in Bochum erhalten und einer neuen Nutzung zugeführt werden konnten;
- daß im Rahmen von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen wissenschaftliche Arbeiten und archäologische Projekte in Angriff genommen oder angeregt wurden.

Die Beharrlichkeit, mit der die Kortum-Gesellschaft seit Jahren eine Gegenposition zu kommunalen Interessen und Planungen vertritt, hat keine starre Gegnerschaft entwickelt, sondern das konstruktive Gespräch gefördert.

Die Vortrags- und Exkursionsprogramme, vor allem aber die Veröffentlichungen und Aktionen zum „Tag des offenen Denkmals", bei dem die Gesellschaft auch auf wenig spektakuläre und unter besonderen Schwierigkeiten gerettete Denkmäler aufmerksam macht, haben nicht nur zum Erfolg dieses Tages in Bochum beigetragen. Ihr unkonventionelles Engagement und ihr Einfallsreichtum haben auch ein Umdenken bei den Bürgern bewirkt, das sich auf Dauer auszahlen wird.

Als ein verheerendes Feuer 1920 die gotische Peter- und Paulkirche in Bochum stark beschädigte, wurde vielen Bürgern bewußt, daß die Zeugnisse der 600jährigen Stadtgeschichte und die Qualitäten der damals zechen reichsten Stadt Kontinentaleuropas stärker beachtet und geschützt werden sollten. Mit diesem Ziel gründete sich die „Vereinigung für Heimatkunde Bochum e.V." Die Gründer wollten mit diesem Namen deutlich machen, daß sie mehr als einen bloßen „Geschichtsverein" ins Leben gerufen hatten.

„Auch wir haben eine Heimat" lautete das Motto des ersten „Bochumer Heimatbuches" von 1925, das von Entdeckerfreude getragen wurde, denn der „Kohlenpott" galt weithin als „kulturfreie Zone". Dem ersten Heimatbuch folgten bis heute sieben weitere sowie eine Zeitschrift „Bochumer Zeitpunkte" und die Beteiligung an vielen Publikationen zur Geschichte der Stadt. Die Geschichte Bochums und des Ruhrgebiets in lebendiger Erinnerung zu halten, kritisch und selbstbewußt zu erforschen und in der Öffentlichkeit darzustellen, blieb die Aufgabe der Vereinigung als sie sich im Jahr 1990 nach dem wohl bedeutendsten Bürger der Stadt, dem Arzt und Polyhistor Carl Arnold Kortum (1745-1824) umbenannte in „Kortum-Gesellschaft Bochum e.V. -Vereinigung für Heimatkunde, Stadtgeschichte und Denkmalschutz".

Sie hat rund 200 Mitglieder, die Zahl der Freunde der Kortum-Gesellschaft liegt weit höher. Heftig diskutierten Zielen stehen einvernehmliche Erfolge gegenüber wie z. B. beim Schauspielhaus Bochum (G. Graubner 1953), das in Kooperation mit der Stadt Bochum und Kortum-Gesellschaft den Rang eines „europäischen Denkmals" erlangte. Für die Sanierung der Christuskirche (Hartel u. Quester 1879 / Dieter Oesterlen 1959) konnten -nachdem sie durch Initiative der Kortum-Gesellschaft unter Denkmalschutz gestellt wurde - sehr schnell einflußreiche Mitstreiter gefunden werden.

Durch intensive und großzügige Unterstützung der Stadt Bochum, die Sparkasse Bochum und die Nordrhein-Westfalen Stiftung erreichte die Kortum-Gesellschaft ein lang ersehntes Ziel: Im November dieses Jahres bezieht sie erstmals in ihrer Geschichte ein eigenes Haus, ein Baudenkmal im Bochumer Stadtpark. Mit dem Umbau eines kleinen expressionistischen und aufwendig gestalteten ehemaligen Toilettenhauses der 20er Jahre wird nach der Meinung des Landeskonservators Westfalen-Lippe „ein nach gängigen Vorstellungen von Machbarkeit kaum umzunutzendes Gebäude vor dem Untergang bewahrt". Nach Entwürfen des zweiten Vorsitzenden Dr. Hans H. Hanke sowie der Architekten Eva Zünkeler und Roland Genick, Münster, erhält das Baudenkmal eine moderne und pfiffige Innenarchitektur.

Der Preis

Der Deutsche Preis für Denkmalschutz wurde 1977 vom Deutschen Nationalkomitee für Denkmalschutz gestiftet und erstmals 1978 in Anwesenheit des Bundespräsidenten im Rahmen einer feierlichen Veranstaltung vergeben. Der Deutsche Preis für Denkmalschutz ist die höchste Auszeichnung auf diesem Gebiet in der Bundesrepublik Deutschland. Mit ihm zeichnet das Deutsche Nationalkomitee für Denkmalschutz Persönlichkeiten oder Personengruppen aus, die durch ihre Initiative in selbstloser Weise einen wichtigen Beitrag zur Erhaltung und Rettung von Gebäuden, Ensembles, Altstadtkernen, Dörfern und archäologischen Denkmälern geleistet haben. Darüber hinaus gilt er auch Vertretern von Presse, Hörfunk und Fernsehen, die beispielhaft auf die Probleme des Denkmalschutzes aufmerksam gemacht haben. Der Deutsche Preis für Denkmalschutz wird in der Regel jährlich verliehen und besteht in der Vergabe

- des Karl-Friedrich-Schinkel-Ringes

- der Silbernen Halbkugel

- des Journalistenpreises.

Die Leistungen der Preisträger werden in Urkunden gewürdigt. Der Karl-Friedrich-Schinkel-Ring und die Silberne Halbkugel sind in erster Linie für Persönlichkeiten bestimmt, die sich in besonderem Maße für die Erhaltung des baulichen Erbes eingesetzt haben. Der Journalistenpreis in Form von Reisestipendien ist vorwiegend Journalisten und Publizisten vorbehalten, denen damit Einblicke in die Arbeitsweise und Probleme der Denkmalpflege im europäischen Ausland vermittelt werden sollen. Der Ring, mit dem das Deutsche Nationalkomitee für Denkmalschutz die Preisträger ehrt, ist deshalb nach Karl Friedrich Schinkel benannt, weil er als größter deutscher Architekt des 19. Jahrhunderts zugleich auch als Begründer der staatlichen Denkmalpflege angesehen werden kann. Als einer der ersten erkannte er die Verpflichtung zur Erhaltung des baulichen Erbes als geschichtliche Quelle. Auf seine Initiative ist es zurückzuführen, daß nach seinem Tode am 1. Juli 1843 durch Kabinettsorder der Konservator für Baudenkmäler in Preußen eingesetzt wurde. Dem Vorbild Preußens folgten bald auch die anderen deutschen Staaten.

Der Karl-Friedrich-Schinkel-Ring ist von Professor Hermann Jünger, München, geschaffen. Er gibt in symbolischer Form die Aufgaben „Bewahren", „Restaurieren", „Schützen" des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege wieder. Professor Jünger hat für diese Darstellung einen auf eine Goldplatte montierten, in Teile auseinandergebrochenen Roh-Rubin gewählt. Die Steinteile werden mit einer goldenen Klammer wieder zusammengefügt, wobei die Bruchstelle deutlich sichtbar bleibt. Die Unterseite der Goldplatte trägt die Aufschrift „Deutscher Preis für Denkmalschutz" mit der jeweiligen Jahreszahl.

Die massive Silberne Halbkugel von Professor Fritz Koenig, Landshut, zeigt auf der Schnittfläche einen Kranz von leicht abstrahierten Baukörpern: Sakral- und Profanbauten werden in einer geschlossenen Reihe sichtbar und versinnbildlichen das umfassende Aufgabengebiet des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege. Die Halbkugel selbst trägt ebenfalls die Aufschrift „Deutscher Preis für Denkmalschutz" mit der jeweiligen Jahreszahl.

Die Preisträger 1997

Zur Auszeichnung mit dem Deutschen Preis für Denkmalschutz 1997 lagen der Jury 66 Vorschläge vor, davon 20 Fernsehbeiträge, 17 Hörfunksendungen, 4 Pressebeiträge und 25 Vorschläge von Persönlichkeiten und Gruppen. 1997 konnten 10 Preisträger ermittelt werden.

Den Karl-Friedrich-Schinkel-Ring erhalten:
Professor Dr. Karl Ganser, IBA Emscher Park, Gelsenkirchen
Dipl.-Ing. Wolfgang Preiss, Dresden

Die Silberne Halbkugel erhalten:
Verein Schloß Batzdorf e.V. bei Meißen
Peter Breidenbach,
Ulrich Röhlen
Firma Claytec, Viersen
Kortum-Gesellschaft Bochum e.V.
Redaktion „blickpunkt", Zweites Deutsches Fernsehen

Die mit einem Reisestipendium von jeweils 5.000,- DM verbundenen Journalistenpreise gehen an:
Jörn Kalkbrenner, Ostdeutscher Rundfunk Brandenburg
Peter Leuschner, Münchener Tageszeitung „tz"
Horst Pomsel, Freier Journalist, Aachen
Dr. Malte Römer, Deutsche Welle

Die Jury

Vorsitz
Intendant Dr. Günther von Lojewski

Mitglieder
Ministerialrat Hans-Günter Kowalski, Bundesministerium des Innern
Dr. Juliane Kirschbaum, Geschäftsstelle des Deutschen Nationalkomitees für Denkmalschutz
Professor Dr. Manfred F. Fischer, Büro der Präsidentin
Referatsleiter Hartmut Dorgerloh, Denkmalausschuß der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder
Dr. Helmut Lange, Bundesvereinigung der Kommunalen Spitzenverbände
Professor Dr. Michael Petzet, Vorsitzender der Vereinigung der Landesdenkmalpfleger in der Bundesrepublik Deutschland
Professor Dr. Dieter Planck, Vorsitzender des Verbandes der Landesarchäologen in der Bundesrepublik Deutschland
Dipl.-Ing. Horst von Bassewitz, Bund Deutscher Architekten/BDA
Professor Dr. Ingeborg Flagge, Fachpresse
Michael Sauer, Sendeleiter Zweites Deutsches Fernsehen
Dieter Wieland, Freier Autor und Fernsehregisseur

Das Programm

Johannes Brahms
Quintett für Klarinette, 2 Violinen, Viola
und Violoncello h-Moll op. 115
1. Satz Allegro

Grußworte
Herbert Schmalstieg Oberbürgermeister der Stadt Hannover
Helga Schuchardt, Ministerin für Wissenschaft und Kultur des Landes Niedersachsen

Ansprache und Laudatio
Dr. Christina Weiss Präsidentin des Deutschen Nationalkomitees für Denkmalschutz

Verleihung des Deutschen Preises für Denkmalschutz
Für die Preisträger spricht Professor Dr. Karl Ganser

Johannes Brahms
Quintett für Klarinette, 2 Violinen, Viola
und Violoncello h-Moll op. 115
4. Satz Con Moto

Ausführende
Joachim Ulbrich, Annette Mainzer, Violinen
Stefanie Dumrese, Viola
Marion Zander, Violoncello
Ralf Pegelhoff, Klarinette

Text - mit wenigen Ergänzungen - aus der vom Nationalkomitee für Denkmalschutz herausgegebenen Broschüre o.O. o.J. zum Anlass der Preisverleihung