Das Haus der
Kortum-Gesellschaft

Bergstraße 68a - am Eingang des Stadtparks.
Treffpunkt für Vorträge, Arbeitsgruppen und Zerstreuung seit 1997.

Das belebte Stille Örtchen

 

Einst diente es den Besuchern des Bochumer Stadtparks als öffentliche Bedürfnisanstalt, nun ist es eine Anstalt für kulturelle Bedürfnisse. In dem ehemaligen Toilettenhäuschen hat die Kortum-Gesellschaft Bochum nach der aufwändigen Renovierung ihr neues Domizil und einen Veranstaltungsort eingerichtet.

 

Natürlich haben einige Leute die Nase gerümpft, als die Kortum-Gesellschaft ihr Vorhaben der Öffentlichkeit vorstellte. Dabei war die Idee nicht abwegig, denn die Umgebung des stillen Örtchens hat einiges zu bieten. So ist der große Park in der Nähe der Bochumer Innenstadt der älteste kommunale Park des Ruhrgebietes. Bereits 1871 beschlossen die Stadtoberen, der Stadt Bochum einen öffentlichen Park zu spendieren. Sehr zur Freude der Bürger, die in den Anlagen auch heute noch Ruhe und Entspannung im Grünen finden. Damit die Menschen ihren Bedürfnissen nachgehen konnten, ließ die Stadt in den 1920er Jahre eine öffentliche Toilette installieren. 1990 wurde der Stadtpark Bochum wegen seiner hohen Qulität und seines guten Erhaltungszustandens in die Denkmalliste aufgenommen - mitsamt dieses wohlgestalteten Eingangsensembles aus Parkwächterhaus und Toilettenhaus. Aber nicht nur die Lage war ein Argument für den Erwerb des Häuschens, auch das Haus selbst. Es hat einen handhabbaren Umfang und der Architekt - wahrscheinlich Stadtbaumeister Theodor Sohm - hatte sich große Mühe gegeben, ein auch architektonisch anspruchsvolles Haus zu bauen: Mit dem sternförmigen Dachkamin, den hellen waagerechten und roten senkrechten Fugen sowie mit über Eck angelegten Fensterreihen ist das kleine Gebäude von etwa 1924 ein denkmalwertes Beispiel für die expressionistische Backsteinarchitektur. Und da der Schutz von Denkmälern ein wesentliches Ziel der Kortum-Gesellschaft Bochum ist, war die Entscheidung 1995 schnell gefallen: Das Haus wurde für 99 Jahre aus dem Besitz der Stadt in Erbpacht übernommen. Nach Umbauten ging es 1997 als Residenz des Vereins in Betrieb.

 

Mit Beginn der Umbauarbeiten gab es im Stadtpark keine ruhige Minute mehr. Denn wo einst die Rinnsale der Wasserspülung leise in den Becken murmelten, hämmerten, bohrten, schliffen und sägten Auszubildende des Vereins VIA über ein Jahr lang. Viel verändert haben die Helfer während dieser Zeit, allerdings nicht die Architektur, da das Häuschen in dieser Hinsicht möglichst originalgetreu bleiben sollte. So haben die Mitarbeiter die ursprünglichen Außenleuchten, die Damen und Herren vor Scham und Schrecken bewahrten, von Rost und Schrift befreit und als architektonische Zierde wieder in die Ecken des Häuschens gehängt. Der Eingangsbereich des Gebäudes ist durch ein große Glasfront zur Schaufensterzone geworden, die ursprünglichen kleinen Zellen sind einem großen Veranstaltungsraum gewichen. Bis zu 40 Gäste finden Platz in den neuen Räumen der Kortum-Gesellschaft. Der Dachboden dient der Bibliothek. Doch die original blauen Kacheln aus den 1920er Jahre und weißer Putz prägen immer noch das Ambiente der Räume in den Bochumer Farben. Ein neue Holzfußboden, eine schöne Holztreppe und eine zum Dach geöffnete Decke vermitteln Wohnlichkeit. Ein kleiner Teil des neuen Vereinshauses hat einen voll funktionsfähigen Teil der ursprünglichen Einrichtung behalten. Modernisert übernimmt dieser Bereich nun die alte Funktion als WC.

 

Auch in Zukunft wünschen sich die 200 Mitglieder des Vereins regen Andrang, um ihr Engagement für Heimatkunde, Stadtgeschichte und Denkmalschutz in Bochum und Region zu vermitteln. Als Bibliothek mit 1.500 Bänden und Veranstaltungsort lädt die ehemalige Bedürfnisanstalt die Besucher nun zu einer deutlich längeren Verweildauer als früher ein. 

 

Mit dem Umbau eines kleinen expressionistischen und aufwendig gestalteten ehemaligen Toilettenhauses der 1920er Jahre wurde nach der Meinung des Landeskonservators Westfalen-Lippe „ein nach gängigen Vorstellungen von Machbarkeit kaum umzunutzendes Gebäude vor dem Untergang bewahrt". Nach Entwürfen des zweiten Vorsitzenden Hans H. Hanke sowie der Architekten Eva Zünkeler und Roland Genick, Münster, erhielt das Baudenkmal eine moderne und pfiffige Innenarchitektur.

 

Der Umbau des Hauses wurde durch die Stiftung für Kultur und Wissenschaft der Sparkasse Bochum sowie die Nordrhein-Westfalen-Stiftung für Naturschutz, Heimat- und Kulturpflege finanziert. Die Firma Hasenkamp Sanitär Heizung Klima hat den Verein durch ihre Leistungen gesponsert. Unser Mitglied Roland Zapf schweißte und montierte die Gitter hinter und neben dem Haus. Archiv und Bibliothek im Hause basieren auf der umfangreichen Stiftung des wertvollen heimatkundlichen Nachlasses Georg Braumanns sowie der großen Bibliothek, die Peter Rauwerda dem Verein überlassen hat. Viele andere Mitglieder folgtem diesen Beispielen, so dass wir heute eine Präsenzbibliothek beachtlichen Umfangs und Inhalts unseren Arbeitsgruppen zur Verfügung stellen können.

Durch Hans H. Hanke redigierte und ergänzte Fassung des Beitrages von Torsten Meise: Denkmalschutz an stillem Ort. In: Die NRW-Stiftung 2/1997, s. www.nrw-stiftung.de, Projekte; s.a. Hanna Hilger: Stilles Örtchen macht von sich reden. In: Zeitschrift Monumente Januar 2005. www.monumente-online.de; s.a. http://reporterpool.de/textarchiv/denkmalschutz-an-stillem-ort-1997/