130 Jahre Schlegel-Brauerei in Bochum.

 

Klaus-Joachim Schlegel

 

“Gott gebe Glück und Segen d‘rein!”

Mit diesem alten Brauerspruch wird Johann Joachim Schlegel am 1. Mai 1854 im alten Hasselkusschen Haus in Bochum an der Alleestraße wohl seinen Braubetrieb aufgenommen haben.

Johann Joachim Schlegel, geboren am 27. September 1821 zu Bergtheim – Bezirksamt Neustadt an der Aisch – in Franken (Steigerwald) entstammte einer evangelisch-lutherischen Familie von Landwirten und Brauern, die auf eigenem Hof das Braugewerbe schon über 200 Jahre ausübten. Nach seiner Schulzeit begann er 1838 eine Brauerlehre und wurde 1841 nach bestandener Prüfung von der Lehre frei und zum Gesellen gesprochen.

Nach den Gesellenjahren von 1841 – 1847 in Erlangen begannen seine Wanderjahre, die ihn über Erlangen, Augsburg und München via Bodensee nach Österreich führten. In Chiavenna schließlich, der südlichsten Station, blieb er vom 29. März 1847 bis zum 30. Mai 1848 als Brauer und kehrte sodann nach Erlangen zurück. Im September des gleichen Jahres wechselte er nach Fürth und war dort bis zum 30. September 1850 wiederum als Brauer tätig. Am 1. Oktober 1850 reiste er von Fürth nach Bochum – “Zu Condition nach Overdyk bei Cöln fahrend” – einem Ruf des Grafen von der Recke-Volmarstein folgend.

Adalbert Graf von der Recke-Volmarstein war Landrat des Kreises Bochum, ein Philantrop und Gutsherr auf “Haus Overdyk”. Seit 1839 betrieb er auf seinem Gut eine Brauerei.

Mitte des 19. Jahrhunderts vollzog sich beim Bier eine grundlegende Geschmacksänderung. Man wollte nicht mehr den herkömmlichen etwas säuerlich schmeckenden obergärigen Biertyp, der im westfälischen bzw. überhaupt im norddeutschen Raum gebraut wurde, sondern man verlangte jetzt die wohlschmeckenderen und kräftigeren untergärigen bayerischen Biere, die aber aus dem “bayerischen Ausland” eingeführt werden mußten.

Der Graf und Landrat sah, daß für die Einfuhr solcher Biere erhebliche Summen und auch Überpreise aufgewandt wurden. Mit Sorge erfüllte ihn, daß vor allem die ärmeren Bevölkerungskreise sich in Ausgaben stürzten, die weit über ihre Verhältnisse gingen. Um das begehrte Gebräu seiner Einwohnerschaft billiger anbieten zu können, holte er sich einen Fachmann aus dem bayerischen Raum, J. J. Schlegel, der nun den neuen “Stoff” nach Erlanger und Augsburger Art brauen sollte. Mitte Oktober 1850 nahm J. J. Schlegel seine Tätigkeit als Braumeister in der Brauerei des Grafen von der Recke-Volmarstein auf “Haus Overdyk” auf. Das von ihm hergestellte “neuartige” Bier mundete den Bochumern vortrefflich. Es war zudem haltbarer als das bisher bekannte.

Bis zum Ende des Jahres 1853 war der Braumeister J. J. Schlegel in der Gräfl. Overdykschen Brauerei tätig. Die Kellergewölbe der alten Brauerei sind heute zum Teil noch erhalten.

J. J. Schlegel, dessen bayerisches Bier in der Stadt Bochum gut aufgenommen war, kam schon bald zu dem Ent-schluß, sich hier selbständig zu machen.

 

Er suchte um die preußische Staatsangehörigkeit nach und wurde 1853 in den “Preußischen-Untertanen-Verband” aufgenommen.

 

Bereits im Sommer 1853 hatte er mit dem Maurermeister Wilhelm Hasselkuss über die Anpachtung des diesem gehörenden Wohnhauses mit kleiner Brauerei und Gaststätte an der Essener Chaussee, vor dem Bongardtor, für die Dauer von acht Jahren verhandelt und war am 3. Oktober 1853 zum Abschluß gekommen. Am gleichen Tag stellte J. J. Schlegel an den Magistrat der Stadt Bochum den Antrag auf Erteilung der erforderlichen Braukon-zession, die ihm am 5. November 1853 erteilt wurde.

 

Nach Beendigung seines Dienstverhältnisses bei dem Grafen von der Recke-Volmarstein reiste J. J. Schlegel in die Heimat zurück, um sich das für die Übernahme der bisher von Herrn Köchling gepachteten Brauerei im Hasselkuss‘schen Haus erforderliche Kapital zu beschaffen, das er vom Schwiegervater seines Bruders erhielt.

 

Am 1. Mai 1854 eröffnete der junge Braumeister, gerade 33 Jahre alt, in den Kellereien des Wirtshauses Hasselkuss die “Bayerische Bierbrauerei J. Schlegel”.

 

Öffentliche Ankündigung im “Märkischen Sprecher” Nr. 35 vom 3. Mai 1854:

“Anzeige und Empfehlung. Die Eröffnung meiner Bierbrauerei und Wirthschaft in dem bisher von Herrn Köchling bewohnten Hause des Herrn Hasselkuss zeige ich Freunden und Bekannten hiermit ergebenst an. Bochum, den 1. Mai 1854. Schlegel, ehemaliger Braumeister der Overdykschen Brauerei.”

 

J. J. Schlegel fuhr noch selbst mit dem Ochsengespann nach Sevinghausen, an der Stadtgrenze nach Essen, um beim Bauern Kopp das benötigte (Gersten-) Malz für sein Bier zu holen.

 

1854 hatte Bochum etwa 6000 Einwohner. Die beginnende Industrialisierung durch den Kohlenbergbau sowie die eisen- und stahlverarbeitenden Werke begünstigten in jeder Weise das kleine und junge Brauunternehmen, obwohl zunächst nur die im Hause vorhandene Gaststätte mit dem eigenen Erzeugnis versorgt wurde. Bedingt durch die Schließung vieler kleiner Braustätten in der Stadt Bochum konnte der junge Brauereibesitzer doch recht bald die Belieferung weiterer Gaststätten mit seinem beliebten Bier übernehmen und so den Übergang von der Hausbrauerei zum gewerblichen Unternehmen vollziehen.

 

Bereits nach wenigen Jahren wurde die angepachtete Braustätte zu klein. So erwarb J. J. Schlegel das Grundstück Alleestraße 7- 9, seiner bisherigen Braustätte gegenüberliegend am heutigen Standort, um hier eine eigene Brauerei mit Mälzerei zu errichten.

 

Sein am 16. September 1857 an die Königliche Bezirksregierung in Arnsberg gerichtetes Braugesuch wird am 7. Januar 1858 genehmigt mit der Auflage, “daß durch Einrichtung der Feuerungsanlage, durch mechanische Vorrichtungen, wie durch Anwendung geeigneten Brennmaterials auf eine möglichst vollständige Verbrennung des Rauchs hinzuwirken ist, um damit Belästigungen und Beschädigungen der benachbarten Grundbesitzer durch Rauch, Ruß usw. zu verhüten...”.

 

Am 1. Mai 1859 begann J. J. Schlegel mit der Arbeit im eigenen Brauhaus. Das neue Brauhaus wurde 40 Fuß lang, 20% Fuß breit und 23% Fuß hoch errichtet. An die Vorderfront waren zwei massive Schornsteine gesetzt, wovon der eine zur Feuerung des Braukessels, der andere zur Feuerung der Malzdarre diente.

 

Das nach bayerischer Art nun in eigener Regie gebraute Bier fand bei der Bevölkerung auch weiterhin lebhaften Anklang. Die Brauerei wuchs unter mehreren zur maßgeblichen Brauerei Bochums auf

 

Als am 13. April 1880 der Gründer des Unternehmens, J. J. Schlegel, starb, hinterließ er seinen Söhnen Wilhelm und Hermann, die 1884 in die Brauerei eingetreten waren, ein stolzes Erbe.

 

Die Grabstätte des Brauereigründers – die Pflege ist in den städtischen Ehrendienst einbezogen – ist auf dem “Alten Friedhof”, dem jetzigen Kortumpark, gegenüber der Grabstätte der Familie Scharpenseel zu finden.

Seit 1. Oktober 1885 wurde die Firma als offene Handelsgesellschaft 5. Schlegel geführt. Beide Brüder leiteten gemeinsam den Betrieb bis zum Ablauf des Geschäftsjahres 1897/98, in dem zuletzt ein Ausstoß von 66560 hl erreicht worden war.

Durch notarielle Verhandlung am 26. Januar 1899 wurde das Unternehmen in eine Familien-Aktiengesellschaft umgewandelt und am 13. Februar 1899 in das Handelsregister des Königlichen Amtsgerichts Bochum eingetragen. Ein Bericht der Essener-Credit-Anstalt, der in Gemeinschaft mit dem Schaaffhausenschen Bankverein, Berlin/Köln, die Umwandlung der Privatbrauerei 5. Schlegel in eine Aktiengesellschaft anvertraut war, sagte aus: “Das Schlegelsche Bier ist wegen seiner Güte sehr beliebt; der Absatz erfolgte bisher nur in Bochum und Umgebung mittels Fuhrwerk, durch die Eisenbahn noch nicht, kann also erheblich gesteigert werden.”

Der erste Aufsichtsratsvorsitzende war der BO-Industrie- und Handelskammer-Präsident Kommerzienrat Gustav Frielinghaus, Generaldirektor der Zeche Dannenbaum von Haus Laer.

Die der neuen Gesellschaft gehörenden, im Zentrum der Stadt Bochum gelegenen Grundstücke hatten eine Gesamtgröße von 56,03 a. Auf diesem Areal befanden sich die Mälzerei mit dem Darrengebäude, das Sudhaus, das Kühlschiffhaus, das Eismaschinengebäude, der Wasserturm, das Kesselhaus, die Kellereien und die beiden Wohngebäude Alleestraße 7 und 9. Die vorhandenen Einrichtungen, die allen Anforderungen der damaligen Technik genügten, ließen eine Produktion von 90000 hl zu. Um die Jahrhundertwende betrug der Ausstoß 78540 hl.

Zum Vergleich ein Einblick in die damaligen Bochumer Größenverhältnisse: Victoria-Brauerei AG, gegr. 1874, 102 000 hl; Scharpenseel-Brauerei AG, gegr. 1853, 75000 hl; Bergbrauerei AG, vorm. Homborg, gegr. 1873, 25000 hl... sowie der große Dortmunder Konkurrent Dortmunder Union-Brauerei AG, gegr. 1873, 185 000 hl. Zudem gab es damals in Bochum noch vier weitere Brauereien kleineren Umfangs: Arnold Fiege, Moritz Fiege, Julius Withake und August Rietkötter, von denen die Brauerei Arnold Fiege die größte war.

1863 waren es noch 77 Braubetriebe – überwiegend Hausbrauereien – mit einer Bierproduktion von insgesamt 20611 hl. Von der Vielzahl der Bochumer Brauereien überlebte nur noch die Privatbrauerei Moritz Fiege, die 1982 einen Ausstoß von über 200 000 hl erreichte.

In den folgenden Jahren hielt die Aufwärtsentwicklung des Unternehmens an. Am 1. April 1902 wurde eine neue Dampf- und Eismaschinenanlage in Betrieb genommen, weil die alten Einrichtungen nicht mehr ausreichend waren.

Anfang Januar 1903 war Hans Harrer (geb. 1860 in Nürnberg) von der Eichbaum-Brauerei in Mannheim in den Vorstand berufen worden. Schon ein halbes Jahr später, am 31. Juli 1903, starb Wilhelm Schlegel mit erst 47 Jahren.

Frau Schlegel, mit 41 Jahren schon Witwe, mußte mit ihren drei kleinen Kindern – das jüngste, der einzige Sohn Hans, war erst sieben Jahre alt – fortan ihre Brauereiinteressen von einem nicht immer glücklich agierenden Berater wahrnehmen lassen. Doch ihre starke Persönlichkeit half der Familie zu bestehen. Sie starb mit fast 90 Jahren. Die 1898 geschaffene Aktiengesellschaft hatte als erste Schutzmarke die ineinander verwobenen Initialen B . S . AG (Brauerei Schlegel AG). 1903 wurde als Firmenzeichen das Emblem mit den drei in Dreieckslage aneinanderstoßenden Küferhämmern, weiß auf blauem Grund – entsprechend den bayerischen Landesfarben Weiß-Blau (weniger war hierbei gedacht an die Bochumer Stadtfarben in umgekehrter Farbfolge) – eingeführt, ein wenig nachempfunden dem aus dem 14. Jahrhundert stammenden Symbol des gerade im Raum Bochum stark beheimateten Kohlebergbaus mit “Schlägel und Eisen”.

Vorübergehend hatte man als Firmenzeichen zwei Küferhämmer in gekreuzter Form gezeigt; doch die Hacker-Brauerei München, die schon seit vielen Jahren ein ähnliches Zeichen – zwei überkreuzte Beile – führte, opponierte mit Erfolg.

Die signifikanten Hämmer sind entnommen dem Schild/Helm des alten fränkischen Wappens der Familie Schlegel, in langjähriger Verwendung über den Stammbaum urkundlich nachweisbar bis ins Jahr 1640, über die Altväter zum Oberurgroßvater (d. h.: neun Generationen), Georg Michael Schlegel, in Rothenburg ob der Tauber. Das Wappen ist bereits 1541 erstmals zu finden im Rothenburger Wappen- und Geschlechterbuch.

Aus der Zeit nach der Jahrhundertwende rührte der bekannte Slogan: “Bochums Dreiklang, merk‘ ihn Dir: Kohle – Eisen – Schlegelbier”. Der Name Schlegel, phonetisch wie Schlägel, kam als “montangebunden” im Revier bei der schaffenden Bevölkerung gut an!

Die Entwicklung des Unternehmens war in diesen Jahren unverkennbar mit der seit dem 70er-Krieg im Raum Bochum vorherrschenden Kohlen- und Eisenindustrie verbunden. Rückschläge, wie sie zu Anfang des neuen Jahrhunderts in diesen Industrien zu verzeichnen waren, spürte die Brauerei sofort.

Hans Harrer hatte den Geländebedarf in Höhe von 18l0 a, der für eine Vergrößerung der Brauerei notwendig geworden war, aus dem verbliebenen Grundstücksbesitz der Familie Schlegel angekauft. Noch im Jahre 1906 wurde mit der Aufstockung von Gebäuden, der Vergrößerung der Lagerkeller und Stallungen, der Verbesserung der Maschinenanlagen und mit dem Bau eines neuen Kesselhauses begonnen, da das alte einem neuen Sudhaus

weichen mußte.

 

Im Jahre 1906 legte Hermann Schlegel, noch im Aufsichtsrat tätig, den Grundstein zu einer segensreichen sozialen Institution der Brauerei. Er überwies der soeben ins Leben gerufenen “Unterstützungskasse für Angestellte” 15 000 Mark, während das Unternehmen 3 661,39 Mark beisteuerte.

1909 erhielt die Brauerei durch Unterstützung des Kriegsministeriums die beiden ersten Kraftwagen mit je 5000 kg Tragfähigkeit.

Trotz aller Fortschritte waren die Sorgen mannigfacher Art. Durch den schlechten Geschäftsgang des Jahres 1908/09 war ein erheblicher Rückgang des Ausstoßes zu verzeichnen. Wie vielfältig die Sorgen des Vorstandes Harrer waren, mögen seine Worte beweisen: “Auch die übertriebene Antialkoholbewegung wird fast in sportsmäßiger Weise von vielen Leuten, auch von Behörden und Verwaltung, ungerechtfertigt unterstützt. Das Braugewerbe gibt sich die größte Mühe, ein gesundes und wohlbekömmliches Volksgetränk mit möglichst niedrigem Alkoholgehalt herzustellen.”

Der schleppende Geschäftsgang der mittlerweile zum Großgewerbebetrieb gewachsenen Brauerei, Aussperrungen der Arbeiterschaften und vor allen Dingen auch die Verkleinerungen der zum Ausschank benutzten Gläser bedingten eine erhebliche Minderung des Geschäftserfolges.

Im Geschäftsjahr 1909/10 entschloß man sich, Bier auch in Flaschen abzufüllen. Nach kurzer Anlaufzeit konnte mit dem neuen Handelsartikel ein befriedigender Erfolg erzielt werden.

Die immer mehr um sich greifende Antialkoholbewegung und die Tatsache, daß in der Kundschaft der Brauerei viele alkoholfreie Getränke verkauft wurden, veranlaßten das Unternehmen, ein bierähnliches Getränk unter dem Namen “Trinkmit” herzustellen und in den Handel zu bringen. Die Anfangserfolge waren zufriedenstellend.

Im Geschäftsjahr 1912/13 wurde erstmalig ein Ausstoß von über 100 000 hl erreicht. Die Schlegel-Brauerei AG war Großbrauerei geworden!

Die Entwicklung des Unternehmens bis zum Beginn des 1. Weltkrieges verlief weiterhin günstig. Das neue Flaschenbiergebäude wurde im Laufe des Jahres 1914 fertiggestellt und mit seinen Maschinen in den Betrieb eingereiht.

Am 14. September verstarb Hermann Schlegel, der letzte der beiden Söhne des Gründers. Ihm folgte in den Aufsichtsrat, als Vertreter der Familie Schlegel, von 1927 – 1963 ein Schwiegersohn der Witwe Schlegel, Fabrikant Walther Klinke.

Der Ausbruch des 1. Weltkrieges änderte die Lage völlig. Für Malz wurden Preise verlangt, die kaum zu bezahlen waren, während Hopfen in guter Qualität billig zu kaufen war. Nur durch Lieferungen an die Heeresverwaltung und die Herstellung von alkoholfreien Getränken konnten die Schwierigkeiten gemildert werden.

 

Die Hauptversammlung der Schlegel-Brauerei AG und der Bochumer Bierbrauerei Moritz Scharpenseel AG — Anfang Januar 1853 von Moritz Scharpenseel am Hellweg gegründet, 1873 verlegt zur Trankgasse (an dieser Stelle steht heute der Bochumer Hauptbahnhof) – genehmigten am 9. Juli 1918, rückwirkend vom 1. Januar 1918, einstimmig die Verschmelzung der beiden Unternehmen zur “Schlegel-Scharpenseel-Brauerei AG”, die am 5. September 1918, mit einem Aktienkapital von 3,6 Mio. Mark, in das Handelsregister eingetragen wurde. Die ursprünglich geplante neue Firmenbezeichnung “Bochumer Bürgerbräu-Aktiengesellschaft” wurde verworfen.

Da Scharpenseel eine alteingesessene römisch-katholische Familie war, sprach man davon, daß nunmehr das “schwarze” (katholische) Bier zum “blauen” (evangelischen) Bier gefunden habe. Es war noch die Zeit, als die Konfessionszugehörigkeit im Bewußtsein der Bürger gegenwärtig war und den “täglichen Umgang” mitbestimmte.

 

Durch die breitere Kapitalbasis der beiden zusammengeschlossenen Unternehmen war die Möglichkeit geschaffen, die kommende schwere Zeit erfolgreich überstehen zu können.

 

In der dem Kriegsende folgenden Hauptversammlung konnte der Vorstand nur ein düsteres Bild zeichnen. Notwendige Arbeiten der Werkserneuerung mußten verschoben werden, da die Beschaffung der Rohmaterialien das verfügbare Kapital erforderte.

 

Zum 1. Oktober 1920 wurde die Recklinghäuser Brauerei AG, vormals Pott u. Goebel, erworben, und im Jahre 1921 wurden die Anlagen der ehemaligen Bochumer Bierbrauerei Moritz Scharpenseel verkauft.

 

Mit Abschluß des Geschäftsjahres lautete die Prognose des Vorstands Hans Harrer: “Es ist unmöglich vorauszusagen, wie sich unser Braugewerbe in Zukunft weiterentwickeln wird. Wir stehen wirtschaftlich wie politisch vor einer schwarzen, undurchsichtigen Wand, und kein Mensch mag voraussehen, was sich morgen ereignen kann.”

Trotz dieser düsteren Voraussicht erwarb die Brauerei im Dezember 1921 in Giersleben (heute DDR-Bezirk Halle a. d. Saale) die Malzfabrik Hopfenberg Louis Kohlstock. Im Laufe des Jahres 1922 wurden in erheblichem Maße die Einrichtungen der technischen Abteilungen des Hauptbetriebes Bochum und der Brauerei in Recklinghausen verbessert.

Im Geschäftsjahr 1921/22 wurde dann gemeinsam mit der Victoria Brauerei AG, Bochum, gelegen Castroper Straße 7, je zur Hälfte die in Bochum alteingesessene Bierbrauerei Arnold Fiege, Casproper Straße 5, gleich nebenan, mit 25300 hl übernommen, deren Anlagen aber verkauft wurden – nicht zu verwechseln mit der (ehedem Bochumer Löwen-) Brauerei Moritz Fiege, gegr. 1878, heute im Privatbesitz der Familie Ernst Knühl-Fiege. Bei Heinrich Moritz Fiege (1765—1829) trennen sich die Stämme Arnold und Moritz Fiege.

Im Geschäftsjahr 1922/23 wurden noch die Ruhrtal-Brauerei Brinkmann in Herbede und die Hohenstein-Brauerei GmbH in Werden/Ruhr angegliedert.

Nach Überwindung der Inflationszeit konsolidierte sich wieder das Absatzgefüge der Brauerei. Die sich 1926 abzeichnende Erholung der deutschen Wirtschaft brachte für das Unternehmen wieder Eine günstige Erfolgslage.

Im Geschäftsjahr 1926/27 wurde der Absatz durch Angliederung der Brauerei Dönhoff KG in Crengeldanz bei Witten und die Verschmelzung mit dem Bürgerlichen Brauhaus AG, Herne, gegr. 1897, erheblich erweitert. Einer der beiden Gründer letzterer Brauerei war Fritz Brinkhoff, dessen Vater 1er erste Braumeister der Dortmunder Union-Brauerei AG war, zu dessen Ehren das im September 1977 aus der Taufe gehobene Premium-Bier der DUB “Brinkhoff s No. 1” benannt wurde.

Zum 1. Januar 1928 erfolgte die Eingliederung der Victoria-Brauerei AG, die viele Jahre alle Bochumer Brauereien im alten Stadtgebiet an Größe und Leistungsfähigkeit übertrat in die Schlegel-Scharpenseel Brauerei AG, die mitsamt den übernommenen Brauereien einen Jahresausstoß von 325.000 hl auswies. Die Produktionsanlagen der Victoria-Brauerei AG wurden stillgelegt, nur die Eisfabrikation mit -vertrieb wurde fortgeführt.

 

1918 war mit der Victoria-Brauerei AG die ihr schräg gegenüberliegende Bochumer Bergbrauerei AG, vormals Homborg, Castroper Straße 2, fusioniert worden.

Anschließend wurde ein großzügiger Werksausbau vorgenommen, dessen Krönung der Neubau des fünfstöckigen Verwaltungsgebäudes am Rathausplatz war, der im Dezember 1930 fertiggestellt wurde. Denn 1929 mußte das alte Verwaltungsgebäude wegen Neufestlegung der Baufluchtlinie abgerissen werden.

Das Wahrzeichen der Brauerei, das achtstöckige Silo-Hochhaus mit ca. 58 m Höhe, war bereits 1926 erstellt worden. Hierdurch wurde die Kapazität des Malzlagers erheblich erweitert.

(Wegen der zentralen Lage war im letzten Krieg auf der Turmplattform eine Vierlingsflak in Stellung. Erst 1959 wurde hoch oben im Turm das vielen bekannte “Senatorstübchen” eingerichtet, das zu besonderen Anlässen max. 40 Personen Platz bot.) Das Sudhaus – Herz einer Brauerei – wurde auf sechs Kupferpfannen vergrößert.

 

Der eigene Tiefbrunnen neben dem Sudhaus wurde auf eine Bohrtiefe von etwa 40 m ausgebaut. Die Förderleistung betrug 20000 Liter/Std. Die Wassersicherstellungsurkunde, ausgestellt am 6. August 1926 von der Bezirksregierung in Arnsberg, sanktionierte eine arbeitstägliche Förderung von bis zu 400 cbm “unterirdischen Wassers”.

Ein neues Kesselhaus mit einem Schornstein von 80 m Höhe nahm 1929 seinen Betrieb auf.

Im Geschäftsjahr 1930/31 wurde als letzte Brauerei das Bürgerliche Brauhaus AG, vorm. Gebrüder Werth, Duisburg, gegr. 1876, aufgekauft. Mit diesem Betrieb wurden auch die Anteile der Schlör-Gesellschaft übernommen, deren Absatzgebiet der Raum nördlich der Mainlinie war. Der Raum südlich des Mains blieb einer anderen von Schlör gegründeten Gesellschaft vorbehalten, deren Übernahme im Geschäftsjahr 1934/35 erfolgte. Die vorbezeichneten vielen Zusammenlegungen hatten zwangsläufig zur Folge, daß die Gesamtbeteiligung der Familien Wilhelm und Hermann Schlegel an der Schlegel-Scharpenseel-Brauerei AG maßgeblich zurückgegangen und infolgedessen eine Einflußnahme auf die Firmenpolitik nur noch beschränkt möglich war. Bei den mehrfachen Kapitalerhöhungen fehlte das notwendige Geld, die angebotenen Zusatzaktien zu übernehmen, da ein Großteil des Vermögens – in Kriegsanleihen angelegt – später wertlos geworden war. Zudem waren, bedingt durch Heiraten und Erbteilungen, weitere Aktien an den Börsen in Berlin und Düsseldorf in fremde Hände gelangt.

Ebenso verhielt es sich mit der Beteiligung der Familie Scharpenseel.

Herr Harrer trat am 30. September 1931, fast 7ljährig, in den Ruhestand.

Als Harrer die Leitung des Unternehmens übernahm, betrug der Jahresausstoß ca. 67000 hl. Seinen Nachfolgern im Vorstand, den Herren Michels und Hövelhaus, übergab er 1931 bei seinem Ausscheiden eine Jahresproduktion von ca. 236 000 hl (Braujahr 1930/31). In der Folge der Weltwirtschaftskrise (1929 – 1933) rutschte der Ausstoß im Braujahr 1932/33 sogar noch drastisch auf 166 000 hl ab (6 Mio. Arbeitslose). Doch nach der “Machtübernahme” gesundete die Brauerei zusehends.

Die sozialen Einrichtungen waren für die damalige Zeit mustergültig, ein Grund dafür, daß die Mitarbeiter eine enge Bindung zu “ihrem” Betrieb hatten: Turnhalle (Bochum), ärztliche Betreuung (Bochum/Recklinghausen), Werksküche (Bochum! Recklinghausen), Schwimmbad (Recklinghausen), Bücherei (Bochum/Recklinghausen), eine großzügig gestaltete Dachterrasse als Ruhezone für die Belegschaft (Bochum) sowie ein Werkserholungs-heim auf dem Kohlberg bei Neuenrade im Hochsauerland waren dann auch – neben einem 1933 eingerichteten Sportschießstand (Recklinghausen) – Anlaß, daß der Schlegel-Scharpenseel-Brauerei am 1. Mai 1937 unter den ersten dreißig Betrieben im Deutschen Reich der Titel “Nationalsozialistischer Musterbetrieb” verliehen wurde –mit der “Goldenen Fahne” der Deutschen Arbeitsfront (DAF) mit goldenem Rad und goldenen Fransen. Außerdem erhielt das Unternehmen die Leistungsabzeichen “Für vorbildliche Sorge um die Volksgesundheit” sowie “Für vorbildliche Förderung von Kraft durch Freude”. Die Aktion “Schönheit der Arbeit” wurde mit Nachdruck unterstützt.

Die günstige Weiterentwicklung der drei Braustätten, Hauptbetrieb Bochum sowie die Abteilungen Recklinghausen und Herne, wurde durch den Beginn des II. Weltkrieges jäh unterbrochen. Die Brauerei in Herne wurde 1940 verkauft und die Produktion nach Bochum verlagert. Zwar hatte das Jahr 1939 noch eine Umsatzsteigerung von 15 % erbracht, während bis 1942 der Ausstoß gehalten werden konnte. Dann setzte aber aufgrund der Kriegsbewirtschaftungsmaßnahmen der Rückgang ein, bis durch die Bombenzerstörungen, ins-besondere am 4. November 1944, die Produktion gänzlich zum Erliegen kam. Bei Kriegsende 1945 war das Unternehmen ein Trümmerhaufen. Der Ausstoß war auf dem Tiefpunkt: 23000 hl – Braujahr 1945/46.

In den nachfolgenden Notjahren hatte die Brauerei hart zu kämpfen. Mit Hilfe der verbliebenen und langsam aus dem Kriege heimkehrenden Mitarbeiter entstand das Werk in einer Zeitspanne von wenigen Jahren wieder neu. Zunächst hatte man sich mit bierähnlichen Getränken beholfen, bis dann am 1. Juli 1948, nach Aufhebung des Brauverbotes, zunächst wieder ein Bier mit einer Stammwürze von 1,5 – 1,7 % hergestellt wurde – unter Ver-wendung von Gerste – und gegen Brotmarken in den Verkehr gebracht werden durfte.

 

Die Verhältnisse normalisierten sich bald. Am 23. August 1949 waren die ehemals bekannten Schlegel-Markenbiere wieder in “Friedensqualität” im Handel und in den Gaststätten erhältlich.

 

Im Jahr des 100jährigen Jubiläums 1954 – der Wiederaufbau war nahezu vollendet – stand die Schlegel-Scharpenseel-Brauerei AG in der Rangliste unter den zehn größten Brauereien der Bundesrepublik Deutschland, mit Generalvertretungen in Paris, Brüssel und Zürich sowie Exportbeziehungen nach Afrika, Mittel- und Südamerika; vor dem II. Weltkrieg war sie auch auf den großen deutschen Schiffahrtslinien Hapag, Hamburg-Süd und Norddeutscher Lloyd vertreten. Auch bei der deutschen Walfangflotte gab es Schlegel Bier.

Der Brauerei war in den 50er Jahren die Generalvertretung der Brauerei Guiness Son & Ltd., Dublin/Irland, für die Bundesrepublik Deutschland übertragen worden. Guiness Stout wurde in der Brauerei in Recklinghausen auf Flaschen gefüllt.

 

Alfred Hövelhaus, aus einer Brauereifamilie stammend, und auch Hans Schlegel, der Enkel des Firmengründers, hatten durch ihr vertriebliches Geschick zu beachtlicher Umsatzausweitung beigetragen. Hans Schlegel war nach 5jähriger Kriegsgefangenschaft bei Wladiwostok (Qstsibirien) von 920 – 196l für das Gastronomiegeschäft mitverantwortlich.

 

Der Ausbau der Braustätten in Bochum und Recklinghausen wurde zielstrebig fortgeführt und der wachsenden Produktion angepaßt, die 1957 erstmals die 500 000-hl-Grenze überschritt und bis 1966 auf 587 000 hl – höchster jemals erreichter Ausstoß – anstieg, zuzüglich der alkoholfreien Getränke der Schlör-Gesellschaft mit 54000 hl, insgesamt also 641 000 hl bei 763 Beschäftigten.

1956 war in Bochum 7 m unter dem Westring ein Tunnel zu den neu erstellten Betriebsgebäuden auf der anderen Straßenseite gebaut worden, Mitte der 60er Jahre wurde die Recklinghäuser Brauerei auf eine Kapazität von 250 000 hl ausgebaut, 1967 kam ein neues Sudhaus mit sogar 450 000 hl hinzu – nun auch eine Braustätte auf modernstem technischen Stand mit einem Absatzradius nach Norden bis zur dänischen Grenze. Das Bochumer Absatzgebiet umfaßte überwiegend den südlichen Raum, bis etwa Frankfurt/Wiesbaden.

 

Vollzog sich der Auf- und Ausbau der Schlegel-Brauerei von der Gründung bis zum Beginn des II. Weltkrieges durch einen Lebenszeitraum von drei Generationen, so wurde der Wiederaufbau des fast völlig zerstörten Werkes in wenigen Jahren vollendet und gleichzeitig mit modernen technischen Einrichtungen versehen.

 

Nach dem Ausscheiden von Alfred Hövelhaus nach beinahe 50jähriger Tätigkeit leitete Dr. Adolf Scharpenseel, ein Enkel des Gründers der früheren Scharpenseel-Brauerei, bis zu seinem frühen Tode mit 58 Jahren 1968 das Unternehmen.

Im Zuge der wirtschaftlichen Konzentration des deutschen Braugewerbes wurde die Schlegel-Scharpenseel-Brauerei AG zum 1. Januar 1971 mit der Dortmunder Union-Brauerei AG verschmolzen.

Die Westfalenbank AG, Bochum, sowie die Maschinenfabrik Eickhoft Bochum, die jeweils über eine Schachtelbeteiligung von 25 % an der Brauerei verfügten, sahen die Rendite des Unternehmens für nicht ausreichend an und hatten sich nach vorheriger Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln auf 9,6 Mio DM von ihren Anteilen getrennt; ebenso der dritte Hauptaktionär, die Privatbrauerei Jacob Stauder, Essen, mit 12 %. Die in früheren Jahren von den Familien Schlegel und Scharpenseel nicht beanspruchten Bezugsrechte aus Kapitalheraufsetzungen wurden teilweise von der Familie Stauder aus Essen, doch insbesondere von der Familie Eickhoff wahrgenommen. Verwandschaftliche Bindungen gaben hier den Ausschlag. Die Mutter von Dr. Adolf Scharpenseel, Mathilde Scharpenseel, war eine geborene Eickhoff.

Das traditionelle Warenzeichen, die drei Hämmerchen, wurde von einem neuen Markenbild mit dem stilisierten Wappen der Familie Schlegel als Gütesiegel im Kopf des Zeichens verdrängt, um aufkeimenden negativen Assoziationen beim Konsumenen entgegenzuwirken. Eine Verbraucherbefragung während der fortschreitenden Bergbaukrise hatte ergeben, daß die den Bergbau-Schlägeln ähnelnden Küferhämmer (-Schlegel) im Firmenzei-chen den Schlegel-Markenbieren abträglich waren. Mit Wirkung von Januar 1981 wurde die weitere Verwendung des Schlegel-Wappens seitens der Familie widerrufen. Die Schlegel-Brauerei GmbH existiert nur noch im Handelsregister.

Zum 1. Juli 1972 erfolgte die Fusion der DUB-Gruppe mit der Schultheiss-Brauerei-Gruppe zur Dortmund Union-Schultheiss Brauerei AG, Berlin und Dortmund. Beide Betriebe hatten die gleichen Hauptaktionäre (Bayern Hypo/Dresdner Bank).

Am 1. April 1975 wurde vom Konzernvorstand die Geschäftsleitung der Schlegel-Scharpenseel-Brauerei AG einem leitenden Mitarbeiter aus dem Hause Schultheiss übertragen, um fortan den Betrieb nach der Schultheiss-Maxime zu führen. Der bisherige Schlegel-Vorstand wurde bis auf den Braumeister abgelöst.

 

Die Überkapazitäten im Konzern und der stagnierende Biermarkt hatten den Vorstand der Dortmunder Union-Schultheiss Brauerei AG veranlaßt, zur Straffung und Stärkung des Gesamtunternehmens tiefgreifende Maßnahmen durchzuführen, so auch durch die Schließung einiger renommierter und alteingesessener Brauereien.

 

So wurde der technische Betrieb der Schlegel-Brauerei in Recklinghausen im April 1975 eingestellt. Zum 30. 6. 1975 erfolgte auch die Schließung der Schultheiss-Brauerei, Abteilung Bochum, der ehemaligen Müser-Brauerei AG, Bochum-Langendreer, - Slogan: “Bierkennern schmeckt‘s seit 1806” – die 1960 von Schultheiss Berlin, gegr. 1842, übernommen worden war und ab August 1961 als Schultheiss-Brauerei weitergeführt wurde. Die Müser-Brauerei AG – bis zur Eingemeindung Langendreers 1929 noch im Landkreis Bochum – war um die Jahrhundertwende um einiges größer als die Bochumer Stadtbrauereien (1905 ca. 150 000 hl). Ihr kam unbestritten die exponierte Lage, hart an der Grenze nach Dortmund, zugute; ein Vorteil, der dem Müser-Bier quasi den Ruf eines Dortmunder Bieres zutrug, somit begünstigt von der Braukompetenz und dem Herkunfts-Goodwill der Bierstadt Dortmund. Seitens der Brauerei war man viele Jahre bemüht, den kommunalen Anschluß an Dortmund zu erreichen. Die zeitweilig gebräuchliche Adresse “Langendreer bei Dortmund” wurde auf Betreiben der Dortmunder Wettbewerber schon bald durch Gerichtsbeschluß untersagt.

Die Produktion der oben genannten beiden Brauereien wurde auf den Hauptbetrieb der Schlegel-Brauerei in Bochum übertragen und die Verwaltungen hier zusammengefaßt.

Am 11. Dezember 1979 wurde vom Aufsichtsrat der Dortmunder Union-Schultheiss-Brauerei AG der Beschluß gefaßt, nun auch noch den Bochumer Betrieb in der Stadtmitte stillzulegen, wogegen sich der Betriebsrat, insbesondere in Gemeinschaft mit den vielen Schlegel-Mitarbeitern, deren Väter und Großväter hier schon tätig waren, vehement, jedoch leider ohne Erfolg, zur Wehr setzte. Durch vier Generationen hindurch finden sich in der Schlegel-Belegschaft die gleichen Namen.

Die Einstellung der Produktion erfolgte im Juli 1980. Im September des gleichen Jahres wurde die Verlagerung des technischen Betriebes zur Dortmunder Union-Brauerei AG abgeschlossen. Die Hektoliter der Schlegel-Brauerei, zuletzt genannt Schultheiss-Brauerei AG “Braustätte Bochum”, mit den Markenbieren Schlegel/Schultheiss/vest Pils, tragen nun zu einer besseren Auslastung der Kapazitäten der Dortmunder Union-Brauerei AG bei, wobei Schlegel-Biere keine Bedeutung mehr haben.

Dem Urenkel des Gründers der Brauerei, zugleich letzter männlicher Namensträger, Klaus-Joachim Schlegel, war in seiner verantwortlichen Zuständigkeit für die Verwaltung und das Personalwesen als sog. Betriebsdezernent in Bochum in der viertenGeneration die undankbare Aufgabe zugefallen, die Auflösung des Unternehmens mitzubetreiben.

Dezember 1983 wurde das gesamte Brauereigelände bis auf das Verwaltungsgebäude an der Alleestraße (mit Gaststätte) und den Siloturm von der Landesentwicklungsgesellschaft (LEG) NRW mit Mitteln aus dem Grundstücksfonds Ruhr zur späteren Weiterveräußerung angekauft. Im Mai 1984 – auf den Monat exakt 130 Jahre nach Gründung der Brauerei 1854 – wurde damit begonnen, die Brauereigebäude abzureißen. Am 9. März 1985 wurden Schornstein und Kesselhaus gesprengt. Wohnungsbaugesellschaften haben den Auftrag erhalten, auf dem Grundstück Alleestraße/Westring/Diekampstraße eine großflächige Wohnbebauung vorzunehmen. Zur Zeit hat auf dem Gelände der stillgelegten Brauerei nur noch eine Vertriebsabteilung der Schultheiss-Brauerei als “Verkaufsbereich West” ihren Sitz.

Die Schlegel-Brauerei ist mit Bochum vom kleinen Ackerstädtchen zur modernen Industriegroßstadt großgeworden und hat fast 130 Jahre mit dazu beigetragen, dem Namen Bochum weithin einen guten Klang zu geben.

EinStück Bochumer Geschichte ging zu Ende.

 

Impressum

1985 Bochumer Heimatbuch

 

Band 8

 

Herausgegeben von der Vereinigung für Heimatkunde Bochum e.V.

 

Verlag:

Schürmann & Klagges

 

Titelbildgestaltung:

„Schorsch-Design®" Georg Wohlrab, Heusnerstraße 17, Bochum

 

Gesamtherstellung:

Druckhaus Schürmann & Klagges,

 

Bochum ISBN-Nr. 3-920612-06-X