Landesaufnahme von 1670 – 1688 im Amte Bochum

 

Heinrich Friemann:

 

Das Stadtarchiv erwarb eine Kopie dieses alten Grundbuches und erhielt damit eine wertvolle Bereicherung. Die Landesaufnahme erfaßt alle Bauernhöfe und Kotten in dem großen Amt Bochum, das einer der Verwal-tungsbezirke der Grafschaft Mark war. Das Amt wurde geleitet von einem Drosten, der meistens einem der märkischen Adelsgeschlechter entstammte. Wegen seiner Größe war das Amt unterteilt in Ober-, Mittel- und Niederamt. Zum 0 b e r a m t gehörten die Bauernschaften Bövinghausen, Dellwig, Düren, Gerthe, Harpen, Kirchlinde, Kley, Langendreer, Lütgendortmund, Marten, Oespel, Rahm, Somborn, Stockum, Werne, Westrich. Zum M i t t e 1 a m t : Altenbochum, Baukau, Bickern, Crange, Eickel, Gold- und Hundhamme, Grumme, Herne, Hiltrop. Hofstede. Marmelshagen, Holsterhausen, Hordel, Laer, Querenburg, Riemke, Uemmingen, Weitmar, Wiemelhausen, und zum N i e d e r a m t : Aschenbruch, Brambauerschaft, Bulmke, Eiberg, Eppendorf, Freisenbruch, Gelsenkirchen, Günnigfeld, Heßler, Höntrop, Hüllen, die Kötter vor Steele (später Königsteele genannt), Leithe, Schalke, Stalleiken, Ueckendorf und Westenfeld.

Für diesen großen Bezirk gibt uns das Grundbuch Auskunft über Lage, Flurnamen, Größe und Qualität jeder landwirtschaftlich genutzten Fläche. Es nennt die Namen der Grundherren, die der aufsitzenden Bauern (Pächter, Hörige), deren Abgaben und der zu leistenden Dienste.

Früher besaßen Abschriften von dieser großen Landmatrikel der 1937 verstorbene Mühlenbesitzer Hermann Löchtermann (Niederamt) und der Landwirt Behmer in Hüllen (vom ganzen Amt). Diese wertvollen Aufzeichnungen aber durch den Krieg verloren gegangen. Heute sind nur noch vorhanden:

1. eine Aufnahme des Mittelamtes Bochum im Staatsarchiv Münster (Kleve-Mark, Hypothekenbücher Nr. 19).

2. eine Aufnahme des Ober- und Niederamtes Bochum im Stadtarchiv Wanne-Eickel (aus dem Schragmüllerschen Archiv des Freiherrn von Düngelen auf Haus Dahlhausen in Hordel stammend).

 

Beide Ausfertigungen sind in der Zeit zwischen 1684 und 1688 entstanden. Aus dem nicht mehr vorhandenen Löchtermannschen Exemplar hat Rektor Schwarze in Wattenscheid im Jahre 1878 Auszüge gefertigt, darunter auch von Protokollen von 1684 und 1687 über die Verhandlungen zwischen den Adligen des Amtes und den Bauern über die Aufbringung der Kosten der großen Landvermessung (abgedruckt bei E. Schulte: “Die Wattenscheider Privatarchive”, 1951, S. 145ff). Damals nannte man diese Vermessungsniederschrift die Bochumsche Amtsmatricul”.

Die im Stadtarchiv Wanne-Eickel befindliche zeitgenössische Abschrift dieser Matrikel trägt die Aufschrift: Niederamts lantmassen prothocoll. Auf dem hinteren Aktendeckel findet sich der Vermerk: pro memoria:

Henrich Hunschede Landmesser in Bochum hat mir referiert, wie das

 

1. der Dortmundsche Malter Landes gerechnet worden 256 Ruthen und jede Ruthe in 16 Fuß cölnisch gerechnet,

2. eine Feldmalter in Feldmassen werden gerechnet 320 Ruthen, die Ruthe 16 Fuß wie vorhin,

3. in großer Bochumsche Landmass wurde gerechnet 416 Ruthen, die Rutlhe wie vorhin.

 

Veranlaßt hatte diese eingehende Vermessung aller steuerpflichtigen Höfe und Kotten des ganzen Amtes der Große Kurfürst (Germing, Geschichte der amtlichen Finanzstatistik der Grafschaft Mark S. 47 ff. im Jahrbuche des Vereins für Orts- und Heimatkunde in der Grafschaft Mark, Witten, Jahrgang 1956). Ihr Zweck war eine gerechte Verteilung der Grundsteuern auf dem Lande, namentlich wollte der Kurfürst auch die schatzbaren Güter des Adels festgestellt wissen, da die Ritter immer wieder wünschten, vollständig steuerfrei zu bleiben.

Mit Gründung des klevischen Kommissariats als einer besonderen Provinzialsteuerbehörde im Jahre 1684 wurde auch die Überwachung der Steuerbeamten, die häufig in ihre eigene Tasche arbeiteten, streng durchgeführt. Ob-gleich die klevisch-märkischen Landstände (Adel und Städte), die ein altes Steuerbewilligungsrecht für sich in Anspruch nahmen, gegen dieses “rezesswidrige Kollegium” heftigen Einspruch erhoben, konnten sie doch nichts beim Kurfürsten erreichen. Die Steuerverwaltung wurde vielmehr immer mehr ausgebaut.

Dadurch, daß unser Stadtarchiv von den beiden oben angeführten e i n z i g e n E x e m p l a r e n d e r L a n d v e r m e s s u n g sich Abschriften hat anfertigen lassen, kann diese wichtigste Quelle unserer Heimat jetzt für die Heimat-, Familien- und Flurnamenforschung nutzbar gemacht werden.

In diesem Zusammenhang sei noch für alle Interessenten bäuerlicher Familiengeschichte eine Übersicht der Quellen zur Hofesgeschichte zusammengestellt.

 

1. Schatzbuch der Grafschaft Mark von 1488 (Staatsarchiv Münster, Cleve Mark, Landesarchiv 65a), abgedruckt in Meister: “Die Grafschaft Mark”, Festschrift, 1909 Bd. 2,

2. Das Meßkornregister des Kirchspiels Bochum von 1513, Bochumer Jahrbuch 1951 S. 36 ff.),

3. Kommunikantenliste des Kirchspiels Bochum von 1519, Darpe Geschichte der Stadt Bochum S. 98,

4. Die Türkensteuerliste des märkischen Amtes Bochum vom Jahre 1542, herausgegeben von R. Borgmann, Zeitschrift Westfalen 1936, Heft 1 S. 13 ff,

5. Schatzung des Kirchspiels Bochum von 1547, Darpe S. 212,

6. Schatzungsregister der Essener Stiftshöfe in der Grafschaft Mark vom Jahre 1552, herausgegeben von R. Borgmann (Wittener Jahrbuch 1937),

7. Das Türkensteuerregister von 1598 für das Amt Bochum, herausgegeben von J. Bauermann (Wittener Jahrbuch 1937 S. 108 ff.),

8. Schatzung des Kirchspiels Bochum von 1599 (Darpe S. 215),

9. Liste der Feuerstätten des Amtes Bochum von 1664 (Stadtarchiv Wanne-Eickel), herausgegeben von E. Schulte: “Die Bevölkerung des Amtes Bochum im Jahre 1664”, Wattenscheid, 1925.

10. Das hier besprochene Landesgrundbuch von 1684/88.

11. Höfe des Kirchspiels Bochum 1684 (Darpe s. 338 ff.),

12. Verzeichnis der contribuablen Güter der Grafschaft Mark von 1705 (Staatsarchiv Münster, Cleve-Märk. Landstände Nr. 117),

13. Die Hypothekenbücher des Ober-, Mittel- und Niederamtes Bochum aus dem 18. Jahrhundert (Staatsarchiv Münster, Kleve-Mark, Hypothekenbücher),

14. Personenstandsaufnahme des Amtes Bochum vom Jahre 1798, Stadtarchiv Bochum, Akten Nr. 1 21/3,

15. Flurbücher und Katasterkarten sämtlicher früheren Gemeinden Groß-Bochums aus den Jahren 1823 – 1825 im Katasteramt Bochum, Rathaus.

 

Impressum

1958 Bochum Ein Heimatbuch

 

7. Band

 

Herausgeber

Vereinigung für Heimatkunde e.V.

Druck und Verlag: Schürmann & Klagges