Die Bauernschaftsschule Steinkuhle-Brenschede

 

Wilhelm Rüter

 

Vorwort

 

In der nachfolgenden Arbeit ist das Werden und Wachsen einer kleinen Bauernschaftsschule aus den allerersten Anfängen dargestellt.

Es wird besonders hervorgehoben, wie diese Schule unter Not und Sorge durch die harten Zeiten des siebenjährigen und der napoleonischen Kriege von der Opferbereitschaft der kleinen Kötter getragen worden ist.

Wichtiges Quellenmaterial wurde dem Verfasser zugänglich gemacht durch das freundliche Entgegenkommen der Familie Frielingbaus, den jetzigen Besitzern des Hauses Laer, indem wichtige Schul-Urkunden aus dem Hausarchiv für die Arbeit zur Verfügung gestellt wurden. Die damaligen Besitzer des Hauses Laer waren Mitgründer und Patronatsherren der Schule.

Weiteres Material entstammt dem Bochumer Stadtarchiv – Akte 2 4/137 von 1816 – 1837, Akte 2 4/138 von 1838 – 1837.

Allen Helfern und Beratern sei an dieser Stelle aufrichtiger Dank gesagt.

 

 

Anfänge und Stiftung der Steinkuhler Schule

 

Das Siedlungsgebiet der “Baut Steinkuhle” erstreckt sich aus der Talsohle des Schattbachtales aufsteigend nach Süden bis zur Markstraße und wird im Osten von der Gemeinde Laer und im Westen von der Baut Brenschede und der damaligen Bauernschaft Wiemelhausen begrenzt Mittelpunkt der Baut war in alten Zeiten der adlige Hof der von Steinkuhle. Wir gehen sicher nicht fehl, wenn wir annehmen, daß die Besiedlung des adligen Grund-besitzes von diesem Hofe ausging. Was an “Pachteingesessenen” in der Baut wohnte, war, mit wenigen Ausnahmen, dem Hofe zinspflichtig und hörig. So war es noch am Ende des 18. Jahrhunderts. Es waren kleine Kötter, die wohl im allgemeinen ihre Ackernahrung hatten, aber sonst noch einem Handwerke nachgehen mußten oder sich als “Köller” zu einigen blanken Talern verhalfen.

Die Herren von Steinkuhle wurden erstmalig 1308 erwähnt und behaupteten sich dort im Wechsel der Zeiten bis in die Mitte des 7. Jahrhunderts. Das Geschlecht der von Omphal übernahm 1650 das Gut Steinkuhle. Es wird für die Schulgeschichte von besonderer Wichtigkeit. Die letzte Besitzerin des Hauses von Steinkuhle und Namensträgern des Geschlechtes stiftete die erste Schule. Der Abgang der Besitzer erhält durch diese Stiftung eine gewisse Krönung, er wird Neubeginn auf einer geistigen Ebene. Wie wir aus der Stiftungsurkunde der nachfolgenden Besitzerin, der Freifrau v. der Leithen noch entnehmen werden, hatte die gute Barbara v. Omphal durch ihre Stiftung über ein verschuldetes Gut verfügt.

Wie es auch sei, durch ihre Stiftung hat sie ihrem Namen eine gewisse Dauer verliehen. Die Anfänge der Schule liegen sicher um einige Jahrzehnte früher. Es ist nicht überliefert wann die Eingesessenen der Baut Steinkuhle angefangen haben, ihren Kindern die Segnungen eines schulmäßigen Unterrichtes zuteil werden zu lassen. Da in der benachbarten Bauernschaft Laer bereits um 1664 nachweislich Schule gehalten wurde, ist anzunehmen, daß dieses Beispiel die Steinkuhler zur Nachahmung anregte. Die erste Urkunde aus den Akten des ehemaligen Großherzogtums Berg weist darauf hin, daß eine Schule bereits bestand.

 

 

“Friedrich König pp.

Unsern Gnädigen Gruß zuvor pp.

 

Die Eingesessenen im Steinkuhler Holz haben uns angezeiget, was massen ad instantiam der Evangl. Luther- und Römisch-Catholischen Schulmeistern der Stadt Bochum ihren Schulmeister Henrich Wahl durch einen Bescheid vom 26. Febr. a. c. anmaßlich inhibiret habet Schule zu halten.

Da wir nun den Inspectorem Ministerie von Steinen darüber in seinem Bericht vernommen, und derselbe damit nunmehro anliegendermaßen eingekomrnen ist aus dessen angeführten Gründen aber hervorgehet, daß die Haltung einer Schule des Orts zum Besten der Jugend gereiche und diensahm sey. So befehlen wir Euch allergnädigst, gedachten Wahl darunter nicht ferner hinderlich zu sein, sondern ihm vielmehr in dem ohngestörten Besitz des Schulhaltens zu belassen.

Gegeben Cleve in unserm Regierungsrath am 25. Juli 1768.”

 

 

Der vorstehende Bescheid ist dahingehend zu verstehen, daß dem Schulmeister H. Wahl von seinen Kollegen an der zuständigen Kirchspielschule in Bochum das Schulehalten streitig gemacht worden war. Durch diesen königlichen Bescheid galt die Steinkuhler Schule fortan als privilegiert und in späteren Zeiten war dieses Dokument für die Steinkuhler ein wichtiges Unterpfand gegenüber Angriffen der Bochumer Elementarschullehrer.

Wo Schule gehalten wurde, ist uns nicht überliefert. Sie hatte damals auch noch keine Fundationen. Man konnte sie auch nicht als Heckschule ansehen, wie sie vielerorst anzutreffen waren. Recht und schlecht wird sich der Schulhalter Wahl durch die Gemeinde gegessen haben, wie es oft üblich war. Es wird den Steinkuhlern nicht leicht geworden sein, diesen Schullehrer durchzufüttern. Wir entnehmen den nachfolgenden Stiftungsbriefen, daß ein “Ansuchen“ der Eingesessenen vorausgegangen war.

1780 stiftete die Freifrau v. Ossenbruch geb. v. Omphal den Pachteingesessenen “Grund und Haus” für den Unterricht der Kinder. Der Stiftungsbrief und die Bestätigung durch die Erbnachfolgerin Freifrau v. der Leithe, werden im Wortlaut wiedergegeben.

 

“Nachdem die im Steinkuhler Holze wohnende Evangelische, die Freyheit erhalten haben, außer der Bochumschen Stadtschule, vor ihre Kinder zu informieren, eine Schule zu erbauen – So habe Ich Endes unterschriebene Frey Frau von Ossenbruch gebohrene von Omphal, Frey Frau von dem Hochadligen Hause Steinkuhle nicht allein dahin resolviret, Ihnen eine neue Schule bauen zu lassen und auf einen bequemen Ort hinzusetzen, sondern habe auch solches natürlich thun lassen.

Nun müssen aber die Einwohner im Steinkuhler Holze die Schule in Dach und Fach aus ihren Mitteln selber setzen. Sonst ist ihnen von mir der Ort, worauf die Schule stehet, nebst Holz und Baukosten aus mit bey den zu diesen Gott wohlgefälligen Werk ohne etwas davon zu geben Erb- und Ewig verehret – mit der Condition, daß alle Zeit ein Rechtschaffener Evangelisch Rechtinformierter Schulmeister die Jugend darin informieren soll, wozu anzunehmen ich die Collation und Vocation zu ertheilen unter drei Subjecta, so mir das vereinigte Stein-kuhler Holz in Vorschlag bringen kann, einen auszunehmen und zum Schulmeister einzusetzen.

Was aber die Unterhaltung des Schulmeisters betrifft müssen die Eltern vorsorgen so ihn berufen welchen er ihre Kinder informieren soll, welches Versprechen, viel oder wenig, in den Berufsbrief des Schulmeisters niedergeschrieben werden kann.

Zur Wahrheitsurkunde habe diesen Fundationsbrief eigenhändig unterschrieben und mit meinem angebohrnen adlichen Petschaft besiegelt.

 

So geschehen auf dem adligen Haus Steinkuhl den 24. August 1780

 

(Siegel)

Sibilla Alma Barbara

verwittwete von Ossenbruch

geb. von Ompbal

 

Die Besitzerin von Haus Steinkuhl hatte aber ihre Besitzung mit allen Schulden an Haus Laer übertragen. Somit bedurfte diese Stiftung der Bestätigung durch den Besitzer von Haus Laer. Die derzeitige Besitzerin, verwitwete von der Leithe bestätigte die Stiftung wie folgt:

“Obgleich diese unter dem 24. Aug. 1780 geschehene Verschenkung und wirkliche Aufbauung eines Schulhauses, wegen bekannter Donation, ohne meinen, der verwittweten Freifrau von der Leithen zu Laer ausdrücklichen Einwilligung, eigentlich keine rechtliche Kraft hat erlangen können, so will ich dennoch zu Beförderung eines guten Werks, und hoffentlich besseren Erziehung einer rohen verwilderten Jugend, den im Steinkuhler Holz wohnenden Evangelischen auf ihr wiederholtes Ansuchen, die Schenkung, soweit es das Haus betrifft, hierdurch bestätigen; mit dem ausdrücklichen Vorbehalt indoch, daß mir und meinen Nachkommen die Auswahl und Bestimmung eines lutherischen Schullehrers im Steinkuhler Holz dazu, so wie der Inhalt besagt, belassen bleibt

Was aber nach geschehener Unterschrift der seeligen Freifrau v. Ossenbruch zu dieser milden Schenkung noch weiters hernach auf die Seite des Originals – von einer Kuhweide und Scheffel Landes, nach selbstigen Eingeständnis, blos einseitig ist beigeflickt worden – solches wird von mir als unstatthaft und unrichtig erkannt, also nicht zum Schulhause gegeben.

Weil ich indoch voraussehe, daß es einem solchen Schulmann anfangs schwer werden wird daselbst durchzukommen; so will ich zu seinem besseren Fortkommen auch noch ein Scheffel Landes von dem Viehaus Kampen zu jährlicher Nutzniessung des von mir berufenen Schulhalters im Steinkuhler Holze umsonst beigeben – mit dem Beding, daß die dortige Eingesessen diesem ihrem Kinderlehrer den gedachten Scheffel Landes, so weit es er seiner Wirtschaft dienlich findet, umsonst pflügen und besamen, als auch das, was ich zu seinem jährlichen erforderlichen höchstnothdürftigen Unterhalt noch weiters und außer diesem besonders schriftlich werde vorschlagen, pünktlich leisten, willig und richtig, indoch übrigens als eine freiwillige Beisteuer abgeben sollen.

Daß die Eingesessenen das gestiftete Schulhaus, ohne mein und eines Schullehrers Zuthun, auf eigene Kosten in Dach und Fach als völlig wohnbaren Stande setzen und erhalten müssen, spricht von selbst und stehet allerwegen fest.

Sollte aber nun dieser milden Stiftung von den Steinkuhlschen Eingesessenen nach meiner Vorschrift nicht zweckmäßig nachgelebt werden, daß der Kinderlehrer aus Mangel nöthiger Unterstützung nicht leben und sich daselbst erhalten können, so wie bisher zu meinem Leidwesen geschehen, folglich ein guter tüchtiger Schulmann nicht beständig da wohnen kann und also natürlich diese Stiftung der dasigen Jugend nur zum Verderben gereichen mußte, weil sie unter dem Vorwand einer eigenen Schule alsdann auch die Bochumsche versäumen würde; – so behalte ich mir und meinen Nachkommen auf den Fall hier ausdrücklich das Recht bevor, diese Schulstiftung von Stund an wiederum aufzuheben und gänzlich zu vernichten, und das Haus als ein unnöthiges Gebäude, worinnen so keiner, als nur ein wirklicher Schulhalter niemals wohnen soll noch darf, wieder abzubrechen.

Urkundlich meiner eigenen Handunterschrift und beigedruckten angeborenen Petschafts.

 

Geschehen auf dem Hause Laer 17. Jan. 1786

 

Freifrau v. d. Leithe”

Laer, den 6. Januar 1786

 

“Ich verwittwete Freifrau v. der Leithe gebohrene von Berswordt als Erbbesitzerin der hintersten Steinkuhle mache den Pachteingesessenen im Steinkuhler Holze hierdurch bekannt:

Daß ich auf Ansuchen und in Rücksicht eines so guten Werks, die von der hintersten Steinkuhle geschehenen Schenk und Stiftung eines Schulhauses bestätiget, auch auf weiteres Anhalten der Deputierten Vorsteher Köhler u. Reinert noch einen Scheffel Landes vom Viehus Kamp zu jährlichen Nutzniessung und besseren Auskunft eines von mir zu erwählenden Schulhalters noch beigegeben habe mit der Bedingung, daß wenn auch sämtliche Eingesessenen, zu deren alleinigen Nutzen und Vorteil das Schulhaus dastehet, einen geprüften, gewählet und berufenen Schulhalter diesen Scheffel Landes jährlich wollen umsonst pflügen und besaen, so wohl, als auch ferner diesen ihren Kinderlehrer zu seinem nothdürftigen Auskommen unter sich in jeder Haushaltung noch drey jährliche Umgänge wollen gütlich verwilligen, nemlich einen Umgang an Fleisch in der Haushaltung auf Weihnachten, – der zweite Umgang an Eyer in jeder Haushaltung auf Ostern, – und den dritten Umgang an Brod in jeder Haushaltung ein Brod nicht unter 18 Pfd. schwer, so daß der Schulhalter diese verwilligte Brotgabe nach seinem Gefallen und eigenen Gutfinden, wenn ers nöthig hat, nach und nach in jeder Haushaltung abholen darf.

Das diese gütliche Verwilligung und jährliche Abgabe zum Unterhalt eines Schulhalters im Steinkuhler Hohe als eine freiwillige Beysteuer angesehen werden muß, spricht von selbst; daß aber auch diese sehr mäßige Abgabe jährlich zum höchstnothdürftigen Fortkommen ihres Schulhalters durchaus erforderlich ist wird jede gutdün-kende Seele mir nicht in Abrede stellen können.

Aeltern, deren das zeitliche und ewige Wohl ihrer Kinder am Herzen liegt den es ein Ernst ist, gute Kinder haben zu wollen, – es wünschen Gott wohlgefällige Kinder und der Welt nützliche Menschen zu erziehen, – die werden gewiß diese, blos aus Liebe zu ihnen und ihrer Kindern von mir geschehene Vorschläge gern billigen, und sie als gute Väter und Hausmütter auch annehmen; – aber auch zugleich bei den frei verwilligten drey Umgängen so zu geben wissen, daß sie sich ihrer Gabe vor Gott und Menschen nicht brauchen zu schämen; und habe ich bei dem Reinert unter ihren Nachbarn das gute Zutrauen, daß sie nach ihrem starken Vermögen, diese ihre willige Ab-gabe auch stärker und wohlthätiger werden einrichten. Ein jeder sieht ein, daß bevor dieses unter Euch nicht gewiss verabredet und ausgemacht worden ist auch kein Schullehrer kann gewählt weniger noch zu Ende gehen wird.

Von der Liebe zu Eurem eigenen Vortheil, fordere ich demnach, daß Ihr alle, ehe ich die Vocation ausfertige, mir dieses unterschreiben müsset. Werdet Ihr nun meiner guten Absicht so viel an Euch jetzt liegt, Euch beförderlich und gefällig erzeigen, so verspreche Ich, mich dieser Sache ferner wirksam anzunehmen:

Im Gegentheil aber erkläre Ich auch dabei, wo Ihr jetzt nicht Euere Hand auf thun wollt Ich das Schulhaus als ein von Euch verspöttetes Haus, das seinen nützlichen Endzweck bey Euch einmal erreichen wird, wieder ab-brechen und die Schenkung vernichtet wird.

 

(Siegel)

 

Ich verwittwete von der Leithen gebohrene v. Berswordt”

Laer ut Supra

 

 

Wir Endes unterschriebene willigen alles vorstehende zur Festhaltung, besonders in Rücksicht der bestimmten drei jährlichen Umgänge in unsern Häusern hierdurch Kraft eigenhändiger Unterschrift ein, als:

 

Henrich Möller, Joh. Dietrich Reinert, Dietrich Pohle, Joh. Henrich Kracht Joh. Wilhelm Rohe, Joh. Didrich Erlenkamp, Joh. Henrich Jäger, Heinrich Pohle, Jörgen Espey, Jobst Waldmann, Nols Schwarz,

Joh. Rötger Böckmann (So lange ich Kinder in die Schule schicke, verbinde mich hierzu mit und nicht weiter), Heinrich Georg Lindemann, Conrad Bussmann, Johann Henrich Altenkamp, Henrich Fetz1er, Joh. Didrich Bergmann, Joh. Henrich Schmitt”

 

Es war dem Verfasser eine besondere Freude, diese 3 Urkunden in der Akte – Großherzogtum Berg Gruppe A 2 Nr. 329 – des Staatsarchivs Münster zu finden. Bisher war es nicht gelungen, diese Stücke, von denen man wohl wußte, daß sie einmal ausgefertigt worden waren, an das Licht der Öffentlichkeit zu bringen. Sie sind einzigartig nach Inhalt und Form und vermitteln manche Einblicke in die damaligen Denk- und Lebensgewohnheiten. Dar-über soll später noch einiges gesagt werden.

Die erste und zweite Urkunde sind jedem Leser ohne weiteres verständlich. Mit der dritten Urkunde hatte es eine besondere Bewandtnis. Durch Unterschrift hatten sich die Unterzeichneten verpflichtet für des Leibes Notdurft und Nahrung des Schullehrers zu sorgen.

Sie galten durch ihre Unterschrift als Mitstifter der Schule und wurden auch in späteren Zeiten als solche angesehen. Dazu sind diesem Stifterkreis auch Familien außerhalb der Baut Steinkuhle beigetreten und haben nach heutigen Begriffen einen Gesamtschulverband gebildet. Das nachfolgende Verzeichnis aus einer etwas späteren Zeit weist die Namen der Familien und deren Wohnbezirke aus.

Die Aufstellung ist 1810 von dem Schulcommissarius Petersen gemacht Worden, veranlaßt durch immerwährende “Grenzstreitigkeiten” mit den Bochumer Schulen. Wir gehen nicht fehl, wenn wir dem guten Willen der Schuleltern einiges Mißtrauen entgegenbringen. Sie haben nicht gehalten, was sie mit “Brief und Siegel” versprochen hatten. Wir wollen zu ihren Gunsten annehmen, daß die Zeiten für alle sehr schwer waren und ein gewisser Selbsterhaltungstrieb die Herzen verhärten ließ. Mit der Not dieser Schulgemeinde wird der Leser noch eingehender vertraut gemacht werden.

Wann und unter welchen Umständen der bereits erwähnte Schullehrer Wahl die Stätte seines Wirkens verließ, ist nicht überliefert. Wir wissen auch nicht ob er noch in den Genuß der neuen Fundation gekommen ist Un-vermittelt tritt uns als 2. Lehrer ein Lucas Tonnscheid entgegen. Der damalige Schulcommissarius berichtet von ihm um 1800: “Er wohnte früher als Kleidermacher im Bergischen und hat nachher die Schulstelle zwischen Bakermühle und Horath im Kirchspiel Hattingen angenommen.”

Am Ende des vorigen Jahrhunderts wurde von diesem Schulmanne noch mündlich überliefert, daß er auf seiner Wanderung nach Steinkuhl gekommen sei und dort in einem Wirtshaus in einem Gespräch mit den Eingesessenen sich als des Lesens und Schreibens kundig erwiesen habe. Daraufhin hätte man ihm das Angebot gemacht, die z. Z. vacante Stelle eines Schulmeisters hier anzutrete. Dies mögen spätere Geschlechter dem Tonnscheid angehängt haben.

So war es in Wirklichkeit nicht Tonnscheid wurde ordnungsgemäß geprüft und gewählt und darauf die Vocation erteil, wie aus nachstehendem ersichtlich ist. Der in der Vocation angeführte Lehrer Kirchhof war vorher nur 1 Jahr an der Steinkuhler Schule tätig.

“Entwurf zur Vocation eines Schulhalters im Steinkuhler Holz, so dem Johannes Lucas Tonnscheid, aus Langenberg gebürtig, erteilt werden soll.

Da der unterm 3 Febr. vorig. Jahrs besagter ausgefertigter Vocation, zum Schullehrer der Steinkuhlschen Jugend von mir erwählte und berufene Schulhalter Kirchhof anderwärts an die Schule nach Harpen berufen worden ist und die Steinkuhlschen Eingesessenen zu dieser dadurch vacant gewordenen Schulhalterstelle mir einen, namens Johannes Lucas Tonnscheid aus Langenberg in Vorschlag gebracht, auch derselbe wegen seines bisherigen guten Verhaltens und Leumunds die gehörige Atteste beigebracht, – sofort auf meinen Antrag sich hat prüfen lassen, und von dem Herrn Subdelegato Westhoff in Herne soweit tüchtig befunden worden ist so finde ich zu Gewährung und Beförderung der Sache weiter keinen Anstand.

Ich verwittwete Freifrau v. der Leithen geb, v. Berswordt, Frau zu Laer und der hintersten Steinkuhle: gleichwie mir und meinem Hause das Recht nach Ausweis der unter dem 6. Januar 1786 bestätigten Stift- und Schenkung eines neuen Schulhauses auf ewige Tage vorbehalten bleibet:/ wähle und berufe also vorgedachten ehrsamen Tonnscheid aus Langenberg, lutherischer Religion, zum Schullehrer im Steinkuhler Holze, – Kraft dieses und dergestalt – ,daß gemeldeter Tonnscheid, – nachdem er verbindlich sein will, auf den Fall eines künftig anderweitigen Berufs, diese Schulstelle von Martini bis Maitag nicht zu verlassen, vielmehr für deren Forthaltung bis dahin selbst zu sorgen – ,als erwählten und berufenen Schulhalter, und zwar für einen den dasigen schulfähigen Kindern Winters und Sommers pflichtig zu erteilenden treuen Unterricht, sowohl im Buchstabirn, Lesen, Schreiben und Rechnen, als auch hauptsächlich im Christentum und sittlichen Verhalten, als worauf doch besonders die Glückseligkeit des Menschen beruhet.

Alljährlich zu seinem Lebensunterhalt und Belohnung seiner Mühe und sauren Schularbeit zu geniessen haben soll:

Erstlich in dem gestifteten Schulhaus auf dem Heisterkamp eine freie Wohnung für sich und seine Familie, zu dem Ende die Eingesessenen nach Ausweis der Rechnungen, dies Haus auf ihre Kosten, wenns noch nicht geschehen in einem völlig brauch- und wohnbaren Stande setzen und erhalten müssen, dabei

Zweitens, einen von mir noch weiter zur ehrlich freien willkürlichen Nutznießung, vom anliegenden Viehauskamp beigegebenen Scheffel Landes, – und zwar, daß die Eingesessenen des Steinkuhler Holzes, denselben ihm nach Verlangen umsonst pflügen und besäen, wie auch

Drittens, drei jährliche Umgänge im Holz – so im Fleisch, Eier und Brot bestehen sollen:

So wie alles dies von a bis insclusive c, bereits unterm 6. Jan. 1786 von den Steinkuhlschen Eingesessenen gütlich bewilligt, und durch ihre Namensunterschrift zur Einhaltung ist zugesagt und bestätiget und mir zum Verwahr zugestellt, also zuvor ausdrücklich und deutlich bestimmt vereinbaret und ausgemacht worden ist

Übrigens ermahne ich noch die braven Steinkuhlschen Eingesessenen, diesen ihren Kinderlehrer und Jugendfreund außer dem bestimmten/: worin sich jeder rechtschaffen, nach meinem guten Hoffen nicht geizig und nachlässig finden wird:/ noch möglichst unter die Arme zu greifen, und zu seinem Anfange und häuslichem Fortkommen wohltätig und gerne auszuhelfen, – und den Kindern Folgsamkeit und Achtung gegen ihn einzuprägen.

 

Dann habe ich zu dem Schulhalter selbst das Zutrauen, daß er auf den Unterricht, – dabei er sich einer fasslich, leichten und reinen Lehrart bedienen muß; als gute Erziehung der ihm von christlichen Eltern anvertraute Jugend allen Fleiß und Treue verwende, und ihre zarte Herzen zu einer reinen Religion und bleibenden Tugend ausbilde, – ihnen allerwege mit einem guten lehrreichen Exempel vorgehen und sich mit seiner Hausfamilie christlich und rechtschaffen betragen werde. In der gewissen Hoffnung, daß dem nachgelebet werde, wünsche ich dem Tonnscheid zur Antretung seines Schulamtes Gottes reichen Segen und Beystand von Herzen.

 

So geschehen aufm Hause Laer

am 3. Febr. 1767

 

Verwittwete v. der Leithen

geb. von Berswordt.”

 

 

Dieser Vocations-Entwurf ist dem Archiv des Hauses Laer entnommen. Die Reinschrift wird dem Tonnscheid übergeben worden sein. Wir sehen an diesem Vorgange der Berufung durch die Patronats-Herrin v. der Leithen, daß nicht nur die Kirche eine Vocation erteilen konnte, sondern, wie in diesem Falle, auch ein Patronatsherr oder der Vorstand einer Bauernschaftsschule. Es ist nach dem Wortlaut der Vocation, die sozusagen “im höchsten Auffrage” erteilt wurde, ferner nicht anzunehmen, daß noch die Confirmatio, d. h. landesherrliche Festigung bzw. Genehmigung zur Anstellung eingeholt worden ist.

 

Aus dem Jahre 1789 liegt noch eine Beschwerde

von ihm folgenden Inhalts vor:

 

“Sämtliche Steinkuhlenerholz Eingesessenen haben mir laut abschriftlicher Anlage zu meinem armseligen geringen Unterhalt als Schulhalter, unter anderem auch einen Brodumgang jährlich aus jeder Haushaltung wenigstens 18 Pfd. zugegeben, ausgeworfen und versprochen. Jetzt aber wollen der A1tenkamp und Schnetzler diesem ihren Versprechen, in Betref des mir gebührenden Besoldungsbrodes, nicht mehr nachkommen, und ist der Schnetzler pro 1788 u. 1789, also von 2 Jahren, – 35 Pfd. Brod, als ersterer Kampmann pro 1788 18 Pfd. Brod mir schuldig.

In Güte wollen sie solches nicht geben, und da ich ohnehin bei so geringem erbärmlichen Schulgehalt mit Frau und 3 Kinder kaum das Leben durchbringen kann; so bin ich notgedrungen um obrigkeitliche Hilfe ge-horsamst nachsuchen, und zu bitten, daß vorbenannte zu schleuniger Abführung als Erfüllung ihrer Schuldigkeit auf ihre Kosten hochgeneigt angehalten werden mögen.

 

Im Steinkuhler Schulhaus den 19. Okt. 1789

Tonnscheid”

 

 

Um 1800 müssen die Schulverhältnisse in Steinkuhl einen Tiefstand erreicht haben, der uns in dem bereits erwähnten Aktenstück eingehend dargelegt wird. Der damalige Erbnachfolger auf Haus Laer, Herr Leutnant v. d. Leithe, hatte sich in seiner Sorge um die Schule an die gemeinnützige – G e s e l l s c h a f t d e r L e h r e r u n d K i n d e r f r e u n d e – gewandt und dieser die Schule zur besseren Verwendung notariell übertragen. Dieser Akt wird uns verständlich, wenn wir diese Gesellschaft etwas näher betrachten. (Es sei voraus bemerkt daß die Entstehungsgeschichte dieser Gesellschaft vom Verfasser in einer größeren Arbeit aufgrund umfangreichen Aktenmaterials besonders gewürdigt worden ist.)

Der Philantrop Freiherr von der Recke hatte diese Gesellschaft mit namhaften Männern des Adels, der Geistlichkeit und sonstigen Förderern des Schulwesens am Ausgange des 18. Jahrhunderts für die Grafschaft Mark mit dem Sitz in Bochum gegründet Auf die Initiative dieser Gesellschaft geht die Gründung eines Lehrerseminars in Bochum-Hamme zurück; ferner hatte sie sich zur Aufgabe gemacht freie Landschulstellen mit ordentlichen Lehrern zu besetzen. Der Regierung unterbreitete sie Vorschläge zur besseren Organisation des Schulwesens und des Prüfungsverfahrens. Sie nannte sich auch eine patriotische Gesellschaft, weil sie von der Verbesserung des Schulwesens eine bessere Gemeinschaft der Staatsbürger erhoffte.

An diese Gesellschaft wandte sich nun der Patronatsherr der Schule zu Steinkuhl in der Hoffnung, sie dem Niedergange zu entreißen. Es sei vorweggenommen, daß auch dieser hoffnungsvolle Versuch an den bald einsetzenden napoleonischen Wirren gescheitert ist Die chronologisch wiedergegebenen Schriftstücke sind Zeitdokumente von kulturhistorischem Wert, und die Übertragung war ein Beispiel großherziger Bemühungen um die Verbesserung des Landschulwesens. Eine echte Begeisterung für eine große Aufgabe spricht aus dem Brief des Freiherrn v. der Recke und auch aus der Übertragungsakte aus der Hand des Sekretairs Friedrich Ebel, der zugleich Mitglied der patriotischen Schullehrergesellschaft war.

 

“Allerdurchlauchtigster Großmächtiger König!

Allergnädigster König und Herr!

 

Overdyk, d. 24. Febr. 1802

 

 

Der Freiherr von d. Reck berichtet Namens der Gesellschaft der Freunde der Lehrer und Kinder über die Anlegung einer besseren Schule zum Besten der Steinkühler, Brenscheder u. Wiemelhauser, Kirchspiel Bo-chum.

Ew. Königlichen Majestät übereichte hieneben allerunterthänigst in Originale sub die Übertragungs-Akte der Schule zu Steinkuhle für die neben rubicirte Gesellschaft worin zugleich der Plan zur Besseren Einrichtung und Locirung der Schule enthalten. Da nun alles Gute steten Widerspruch von Seiten des Eigensinns und der Dummheit zu gewärtigen hat, und Verstand, mit Ansehen verbunden, von Nöthen seyn wird, diese gute Sache durchzusetzen; so bitte ich Ew. Königliche Majestät allerunterthänigst Allerhöchst dero Geheimen Rath von Bernuth zu diesem Zweck ein Commissarium zu ertheilen, da ich denn nicht zweifle, daß das gute Werk gelingen werde.

Die Beilagen sind zwar sämtlich hier befundlich; zur Erleichterung der Post aber zurück behalten worden, und können dem von Ew. Königl. Majestät zu ernennenden Commissarium jeder Zeit vorgelegt werden.

 

Der ich in tiefster Ehrfurcht ersterbe als

Ew. König. Majestät

 

allerunterthänigster treu gehorsamster

v. d. Reck”

 

 

“Von Gottes Gnaden Friedrich Wilhelm König von Preußen pp.

Wir lassen Euch des Freiherrn von der Reck Vorstellung v. 24. m: pr.: das Schulwesen in der Steinkuhler und anderer Bauernschaften Amts Bochum betreffend anbey copeylich dessen Anlage aber originaliter mit dem Auftrage communiciren, die in letzterer allegirte Beylagen A.B.0. von dem v. d. Reck zu erfordern und

einen nach den localen Umständen ausführbaren Plan mit möglichster Rücksicht auf den Entwurf vom 14. Febr. dergestalt anzufertigen, daß nicht nur zur Erbauung des beabsichteten neuen Schulhauses die erfor-derliche Kosten aufgebracht; sondern auch für einen brauchbaren Lehrer jährlich wenigstens 100 Rthlr. berl. Cour. ausgemittelt werden, zu entwerfen, demnächst solchen Plan denen in der Nachbarschaft wohnenden Besitzern, zu deren Nutzen diese Schule gereichen soll, desgleichen deren Grundherrschaften, auch Predigern und Schullehrern, zu welchen sie bisher gewidmet gewesen, vorzulegen, sie sämmtlich darüber sowohl überhaupt als auch besonders die Hofesbesitzer über den von jedem zu Erhaltung des Schullehrers jährlich zu leistenden Beytrag zu vernehmen, und von dem Erfolg zu seiner Zeit zu berichten.

 

Emmerich, d. 25. März 1803

 

Clev. Märk. Landesregierung”

 

An den Geheimen Regierungsrath

v. Bernuth

in Bochum

 

 

 

 

Schulbeschreibung:

 

“Plan zu deren zweckmäßigen Verbesserung und förmlicher Übertrag derselben an die patriotische Schulgesellschaft hiesiger Grafschaft Mark.

Die Steinkuhlsche Eingesessene haben unter dem Schutz der Hochlöblichen Landesregierung bereits im vorigen Jahrhundert das Recht erlangt wegen der weiten Entfernung von der Mutterschule, (in Bochum, d. Verf.) einen besonderen Schullehrer für ihre Kinder halten zu dürfen.

 

Anlage sub Lit A.

Die damalige Bewohnerin der hintersten Steinkuhle, verwittwete Frau von Ossenbruch, ließ auf ihre Kosten ein Schulhäuschen – eine kleine Schäferhütte – zimmern; neben Böckmann in dem Heisterholz aufrichten; und schenkte die Grundstelle, soweit sie das Häuschen befaßte, zugleich den Eingesessenen.

 

Anlage sub Lit B.

Die Frau von Ossenbruch hatte aber früher ihre sämtliche Güther und Grundbesitzungen, mit den darauf haftenden Schulden an das Haus Laer verschenkt; in welcher Rücksicht diese letztere Schenkung und soge-nannte Fundation unstreitig wohl ungültig ward. Inzwischen ließ es die verwittwete Frau von der Leithen zu Laer als verdiente Beförderin und Freundin nützlicher Schulanstalten für ihre Person, indoch unter näheren zweckmäßigeren Bestimmungen, dabey nicht allein, sondern gab und fügte auch noch hinzu ein nahe beyliegendes 97 1/4 Ruthen haltendes Stück Land von dem Viehauskamp abgemessen, zu jährlich freyer Nutzniessung als besserem Fortkommen eines Schullehrers.

 

Original-Anlage sub Lit. C.

Die Hauptabsicht dieser Schulfreundin ging eigentlich dahin, – Diese geringe, für einen tüchtigen Schullehrer garnicht annehmliche Schule mit der Dorflaerschen Schule zu verbinden, das isoliert gelegene, ganz zweck-widrig hier hingestellte kleine, seiner Bestimmung garnicht entsprechend eingerichtete Schulhäuschen in der Folge abbrechen, und ein anderes bequemeres und besser eingerichtetes Schulhaus auftauen zu lassen auf einem Platz, welcher den Steinkuhler-Holz Eingesessenen sowohl, als dem Dorf Laer und den übrigen angränzenden, in den andern Schulen abgelegenen Buschbewohnern gleich vorteilhaft gelegen war.

Dies löbliche und in jedem Betracht heilsame Vorhaben ist leider nicht ausgeführt worden! Ich will zu meinem Trost hoffen und herzlich wünschen – kann es gegenwärtig, obgleich in einem andern hier vorzulegenden Plan, ebenso gemeinnützlich, noch ausgeführt werden.

Die verwittwete Frau von der Leithen hat bekanntlich die Gutsbesitzungen an ihre beiden Herrn Söhne abgetreten, und so sind die Steinkuhlschen Güther, in vorgegangener väterlichen Güthertheilung dem jüngeren Herrn Lieutenant v. d. Leithen erblich zugefallen. Bekanntlich hat dieser neue Erbbesitzer mit allerhöchster, Königlichen Genehmigung diese ihm erheblich zugefallenen Güther, meist stückweise – in doch ausschließlich der Schule und derer damit verknüpften Gerechtsame, verkauft, und die Schule mit denen ihr zustehenden Gerechtsame zu meiner freyen Disposition mir, seinem allhier gerichtlich bestellten Mandatorio, auf Bitten ganz übergeben, das von seiner Frau Mutter dazu gelegte Landstück zu 97 1/4 Ruthen groß dabey gelassen, und mir außerdem noch es zugegeben, daß ich bey der neuen Vermessung als Auseinandertheilung des verkauften Heistergrunds, der Schule ums Häuschen herum noch über 10 Ruthen Grundes abgab und zulegte. Jetzt ist die Schule in meiner Hand, und darüber freue ich mich göttlich! Denn da ich die Ehre habe, ein Mitglied der hiesigen patriotischen Schulgesellschaft zu seyn; so sehe ich itzo mit lauten Jubel die schöne Gelegenheit, noch bey meinem Hierseyn zur Beförderung des allgemeinen Wohls – so weit es meine Lage und Kräfte erlauben - noch etwas zum bleibenden Denkmal mit beytragen zu können.

Diese Schule, in jetziger Beschaffenheit, isolierten armseligen Lage, mit den äußerst schlecht eingerichteten baufälligen Häuschen, darf schlechterdings nicht so bleiben; und kann durchaus keinen Bestand haben. Es würde im Gegentheil weit wohlgethaner seyn, sie ganz und, je ehr je besser, zu vernichten: denn ein fähiger tüchtiger Schullehrer; ja was sage ich! ein Mann von nur mittelmäßigen gesunden Sinnen wird nie diese, in jedem Betracht armselige – diese wahre Hungerstelle annehmen. Sie trägt mit Allem u. Allem kaum 25 – 30 Thlr. ein. Die auf Vorstellung und Betrieb von etwa 18 Steinkuhlschen Eingesessenen verwilligten 3 kärglichen Jahrumgänge an Brod, Fleisch u. Eyer, was wollen die betragen? Ein Krüppelgeschöpf, ein Müssiggänger, verdorbener Handwerker, ein Herumläufer und Schwachsinniger würde sich allenfalls noch dazu verstehen. Aber weh den guten Kindern – der dasigen kleinen Menschheit alsdann!

Möchte das große Schicksal mir doch meinen Plan, diese, in dasiger isolierten, noch dustern Gegend nothwendige, für die Jugend höchstnützliche Schule zu gründen, und zu einer dauernd guten Schule erheben, gelingen machen. Als Kenner des Locals habe ich folgenden Plan als leicht durchfürbar gedacht und gemacht so wie ich ihn hier unmaßgeblich beschreiben und zur Prüfung vorlegen will.

Das jetzt isolierte untaugliche Schulhäuschen wird abgebrochen und zu einem neuen besser eingerichteten und geräumigem Schulhause mit verwandt Das neue Schulhaus wird auf einen andern, bequemeren, den nahen benachbarten Wiemelhäusern und Brenschedern, auch sonstigen hier nahanliegenden Laerschen Heyde – und denen von Schulen weit abgelegenden Stiepelschen Buscheinwohnern, weit gelegeneren und schicklicheren Ort wieder aufgebaut

Diese Schulbaustelle – zur Verbreitung einer allgemeinen nützlichen Lehranstalt – finde ich im Kompakt des Steinkuller Holzes, wo ich für meinen Herrn Mandanten gegenwärtig noch einige Malter entblößten guten Holzgrund zum Verkauf übrig habe. Dieser Kompakt liegt just in der Mitte von ungefähr 80 Häusern, sowohl den Steinkuhlschen, als Wiemelhausern, Brenschedern und übrigen benachbarten Bewohnern höchst bequem. Die verlassene alte Häuschenstelle, nebst den erfolgten übrigen Grundbeygebungen, ungefähr 120 oder mehr Cöllnische Ruthen, nehme ich wieder zurück zum Verkauf für meinen Herrn Mandanten und lasse dagegen im Kompakt der Schule eine gleiche Anzahl Ruthen Grundes abmessen.

Die vereinigte Mittheilhaber dieser Schule, als die Brenscheder u. Wiemelhäuser, kaufen alsdann eine gleiche Anzahl Grundes, – zu 240 Ruthen nämlich, zur gemeinschaftlichen Schulen im Kompakt von mir an; das ich zwar zum öffentlichen Verkauf aussetze aber doch so billig, als nach den mir obliegenden Pflichten möglich ist belassen werde. Der Schullehrer hätte dann, außer der freyen Wohnung, einschließlich der Hausstelle 4 Scheffel Landes, der Scheffel zu 80 Ruthen gerechnet und wenigstens 100 Kinder zum Unterricht. Mehr hiebey zu thun bin ich ganz nicht bemachtet – und selbst nach meiner Lage nicht im Stande.

Die Kosten zur Aufbauung eines bequemen Schulhauses zu bestreiten, dazu würde ich die Erhebung oder Einsammlung einer freywilligen Beysteuer von den Schultheilnehmern durch die angeordneten Schulvorsteher wählen – und diese Beysteuer, bey einer vorausgesetzten zu Stande gebrachten Vereinigung der Schulinteressenten glaube ich, wird nicht gering, beynah zureichend seyn, diese Kosten zu bestreiten. Alles was ich dahin noch mitwirken kann, will ich nach Kräften thun: aber weiter kann ich auf keinen Fall mich hier verbinden.

Eine hiesige patriotische, zu den rühmlichen Zweck der Verbesserung und Emporhebung der das allgem. Wohl befördernden Landschulen sich fest verbundene Schulgesellschaft, wird hoffentlich hier mehr leisten können; wird für das übrige zu Erhaltung eines tüchtigen geistesfrohen Schullehrers nöthige mit besserer Einsicht Weis- und Klugheit sorgen, sich bemühen, daß mit hoher Obrigkeitlicher Beyhilfe und Unterstützung eine Vereinigung der vorgedachten Eingesessene zu dauerhafter Begründung dieser so vorteilhaften als nützlichen Schul- und Lehranstalt zu Stande gebracht werden wird.

Dieser hiesigen, durch des Freyherrn von der Reck zu Overdyk edlen Bestrebens gebildeten und zum rühmlichsten Zweck verbundenen patriotischen Schulgesellschaft an deren Spitze der ums Schulwesen hoch-verdiente Freyherr von der Reck als würdiger Vorsteher noch thätig lebet, übertrug ich zu dem Ende diese Schule, deren Verbesserung und Erhaltung hiedurch förmlich, mit Ausübung alles der in den Original Anlagen sub Lit. B et C bey – und vorbehaltenen Rechten, Ansprüchen und Benachtheilen ohne Ausnahme, mit der inständigsten Bitte zugleich, eine planmäßige und durchaus nöthige Versetzung und Verbesserung dieser Schule, noch besseren Einsicht Beurtheilung, Prüfung und weiseren Gutfinden möglichst zu beschleunigen, damit ich erforderlichen Falls noch mitwirken kann.

Sämtliche Schulnachrichten, die ich besitze, füge ich hierbey und bemerke noch schließlich: – daß ich dem zur Steinkuhlschen Schule sich unlängst gemeldeten Metzger, welcher vorläufig die Kinder unterrichtet keine Vocation gegeben habe, auch mit Überzeugung und gutem Gewissen nicht geben konnte, weil er nicht geprüft; sich auf mein Andringen durchaus nicht gesetzlich prüfen lassen wollte und sonst in gewissen Monatszeiten gleichsam unbesinnlich – kurz, sein ganzes Betragen mir sehr missfällig geworden ist.

Die Anlage sub Lit D. von den zeitlichen Schulvorstehern Bockmann und Bergmann unterschrieben, wird das Nähere zeigen.

 

So geschehen zu Bochum, am 14. Febr. 1803

 

Friedrich Ebel”

 

 

Die Bemühungen der Märkischen Gesellschaft der Freunde der Lehrer und Kinder, die Schule zu Steinkuhl auf einen besseren Stand zu bringen, hatten keinen Erfolg. Es ist anzunehmen, daß durch die einsetzenden politischen Wirren die Behörden und führenden Persönlichkeiten in ihrer Initiative gehemmt wurden. Behörd-licher Seite war man wohl von der Notwendigkeit überzeugt, daß eine Veränderung der Schulverhältnisse in Steinkuhl unumgänglich sei. Man hielt es vorerst für notwendig, dem dort inzwischen amtierenden Christoph Metzger auf die Finger zu schauen und das “Handwerk” zu legen.

Der Prediger Natorp in Bochum als Schulcommissarius erhielt zunächst den Auftrag, die Schulverhältnisse in Steinkuhl einer Visitation zu unterziehen. Er berichtet darüber unter dem 12. Mai 1806 an seine vorgesetzte Behörde:

“Mit Freuden erfülle ich meine Schuldigkeit Ew. Königl. Majestät über die Schulverhältnisse zweier Bauernschaften meiner Gemeinde meine allerunterthänigste und den Umständen nach dringende Anzeige und Bitte zu eröffnen.

In der adligen Baut Steinkuhl befindet sich eine Schule, die von den ehemaligen Besitzern des alten Hauses Steinkuhle kärglich für benannten District der aus 26 Haushaltungen, meist kleinen und unbemittelten Köttern besteht, fundiert ist, nur von ihnen als Patron besetzt wurde. Seit mehreren Jahren, wo das adlige Gut Steinkuhl an einen entfernten Gutsbesitzer verkauft ist, haben die Eingesessenen eigenmächtig einen Menschen namens Christoph Metzger ohne öffentliche Autorität und vorhergehender Prüfung angestellt. Alles, was von ihm ver-lautet, zeigt, daß wenn er nicht schwachsinnig ist, seine Talente doch in hohem Grade borniert seyn müssen. Zwar habe ich jährlich in den Schultabellen deswegen Anzeige gethan, es ist aber nichts darauf erfolgt.

Die überhand nehmende Verwilderung der Jugend jener Gegend, deren Anzahl ziemlich beträchlich ist, die zu große Entfernung derselben von der Stadt, die _ - 1 Stunde beträgt, verpflichtet mich, Ew. Königl. Majestät um Untersuchung der Anstellung – und Brauchbarkeit des gedachten Metzger und der zweckmäßigsten Einrichtung dieser Schule allerunterthänigst zu bitten; wobei zu regulieren seyn dürfte ob und wie wegen dieser Schule eine Entschädigung des deutschen Stadtschullehrers stattfinde.

Die benachbarte adlige Baut Brenschede besteht aus 22 Haushaltungen gleicher Beschaffenheit, und fast gleicher Entfernung von der Stadt. Hier war bisher keine öffentliche Schule. Die Eingesessenen hielten sich zur Steinkuhler und zur Bochumschen Stadt-Schule. Die Entfernung, Armuth und herrschende Trägheit wegen wurde der Jugend-Unterricht bisher größtentheils versäumt.

Bey der gemachten Eröffnung, daß Bezirksschulen gestiftet werden sollen, könnte ich zwar einer zweckmäßigen Einrichtung für jene Gegend ohne weitere Vorkehrungen entgegen sehen. Hier aber begünstigen vorteilhafte Umstände ein Schuletablissement und veranlassen mich. Ew. Königl. Majestät darüber sofort allerunterthänigst Anzeige zu thun.

Von einem ziemlich beträchtlichen Kotten dieses Districts hat der älteste Sohn von Jugend auf gebrechlich einen Stelzfuß. Zu körperlicher Arbeit unvermögend, widmete er sich mit einigen Anlagen schon früh dem Jugend-Unterricht, nutzte dadurch einigen Bauern als Hauslehrer und arbeitet nun schon seit einigen Jahren mit öffentlicher Erlaubnis an einer Nebenschule zu Stiepel. Dieser junge Mann ist entschlossen, das kleine elterliche Guth, ob er gleich erwachsene Brüder hat, für sich zu behalten, wenn er mit öffentlicher Autorität als Schullehrer der Brenscheder Bauernschaft aufgenommen wird. Er will in diesem Falle in seinem Hause eine Schule auf seine Kosten bauen. und benachbarte Stiepelsche eingepfarrte wollen ihn dabey unterstützen, auch ihre Kinder ihm zuschicken.

Da diese Umstände dieser einen Schulanstalt begünstigen, sich leicht ändern können. und die Armuth der Eingesessenen keine Fundation und Unterhaltung der Schule aus eigenen Mitteln gestatten, – so bitte ich Ew. Königl. Majestät allerunterthänigst diese Angelegenheit, – das vorgeschlagene Subject und die Local-Verfassung prüfen zu lassen, und zum Besten des Jugendunterrichts jener Gegend bald Verfügung dergestalt zu treffen, daß der hiesige deutsche Stadtschullehrer durch diese neue und nothwendige Einrichtung in seinen Emolumenten nicht beeinträchtigt werde.

 

Bochum, d. 12. May 1806

Natorp, Prediger”

 

Es wird dem Leser aufgefallen sein, daß das Urteil über den besagten Metzger an Deutlichkeit nichts vermissen läßt. Was mag den Prediger Natorp bewogen haben, das “Subject Möller” aus der Brenscheder Heide zum Schullehrer vorzuschlagen? Er war sicher des Lesens und Schreibens kundig und verfügte auch schon über einige Erfahrungen als Wanderlehrer; dazu war das Problem des Schulgebäudes insofern gelöst, als er seinen elterlichen Kotten dazu herrichten wollte. Alles in allem mögen das damals gewichtige Vorzüge gewesen sein, den Möller empfehlend seitens der Schulaufsicht 1806 vorzuschlagen.

Der Inspector Ministerii Consistorial-Rath Baedeker in Dahl erhielt zunächst einmal den Auftrag, “die Sache in loco zu untersuchen”. Das Ergebnis ist uns nicht übermittelt, die Untersuchung muß aber ergebnislos gewesen sein. Inzwischen ist die Königl. Preußische Regierung abgelöst und infolge der französischen Besetzung eine Oberpräfectur des Ruhr-Departements in Dortmund eingerichtet worden. Der nunmehr eingesetzte Schulcornmissarius Petersen berichtet über die Schulverhältnisse in Steinkuhl wie folgt:

 

Weitmar, d. 4. Okt. 1809

 

“An Sr. Hochwohlgebohren den Herrn Oberpräfecten Freiherrn von Romberg!

 

Der Schulcommissarius Petersen berichtet über die zu Steinkuhle geschehene Wahl des neuen Schullehrers Wagner und bittet um Confirmation dieser Wahl.

Der Vorsteher der Bauernschafts-Schule zu Steinkuhle Böckmann kam gestern zu mir und zeigte mir an: – daß der letzte Schullehrer daselbst, der dem Schulamte garnicht gewachsen gewesen sey, nach dem Wunsche aller Eingesessenen des dortigen Schulbezirks, von da weggezogen sey. Er habe hierauf am vorigen Sonntag nachmittag die Eingesessenen und Stimmberechtigten des Schulbezirks Steinkuhle an ihrem gewöhnlichen Versammlungsorte, auf Jägers Kotten, zusammenkommen lassen.

Da sie mit keiner andern Weise zu verfahren bekanntgemacht worden wären, so hätte man sofort drey Wahlsubjecte ernannt, – als nämlich einen gewissen Adam Lampmann, kath. Konfession, einen Wagner und einen gewissen Christoph Heller. Nach der bis dahin bey ihnen hergebrachten Weise, wären die Stimmen gesammelt und Wagner (der ihn gerade begleitete) sey durch eine bey weitem größere Mehrzahl zum Schulmanne erwählt worden; Er, Böckmann trug darauf an: – daß ich zu dieser geschehenen Wahl die Con-firmation bey der Hochlöblichen Oberpräfectur nachsuchen möchte.

Da nun die Schule zu Steinkuhle nach den Schulvisitations-Berichten eine privilegirte Schule ist, – auch diese nach dem Willen des Stifters, mit Rücksicht auf die Confession der mehrsten Eingesessenen, durch einen Schulmann der lutherischen Confession verwaltet werden muß; da ferner Lampmann kath. Confession und Christoph Heller meines Wissens beyde nicht wahlfähig sind: so bitte ich hiermit um die Confirmation des gewählten Wagners, welcher 1781 in Buedingen in der Grafschaft Isenburg als posthumus gebohren ist. Von seinem zwölften Jahre an war er drey Jahre orphanus auf dem Hallischen Waisenhaus; studierte 1 _ Jahr Theologie in Halle, informierte dann fünf Jahre als Hauslehrer zu Mellback in der Wetterau; Er war nachher Bauerschafts-Schullehrer zu Heringhausen, Kirchspiel Halver; zweyrnal auf den Hohen-Planten daselbst; dann zu Ellersen und Rosmart, Bauernschaften im Lüdenscheider Kirchspiel; und endlich zuletzt in Ebbinghausen bey Breckerfelde.

Da er seit elf Jahren Ehemann, auch Vater von einem zehnjährigen Sohne und einem dreyjährigen Mädchen ist; und auf seiner bisherigen Stelle in Ebbinghausen kaum sein trocknes Brod für sich, seine Frau und Kinder hatte; da ferner ihm der Prediger Hülsmann, jetziger Schulcommissarius in Lüdenscheid über den bisherigen Fleiß und Methode im Unterricht und über seinen Lebenswandel ein gutes Zeugnis ausgestellt hat; er auch sonst von dem Herrn Consistorial-Rath Superintendenten Baedecker, jetzigen Schulcommissarius in Dahle am 14. Nov. 1801 examiniert ist wie aus den Anlagen zu ersehen: so halte ich allerdings dafür und bitte dringend, daß Zw. Hod7twohlgeboren keine Bedenken tragen wollen, diese geschehene Wahl zu confirmiren; und es den Eingesessenen des Schulbezirks Steinkuhle nicht empfinden zu lassen; daß sie den Abgang des vorigen Schullehrers beym Schulcommissariat nicht angezeigt, oder auch die jetzige Schullehrer-Wahl nur nach ihrer alten Gewohnheit abgehalten haben.

Eine baldige Resolution wird dem lange genug schlecht gewesenen Schulwesen in Steinkuhle ein Ende machen.

 

A. C. F. Petersen”

 

Unter dem 11. Okt. 1809 erhielt der Schulcommissarius Petersen in Weitmar die gewünschte Confirmation für den Schullehrer Wagner.

Wir entnehmen dem Wahlprotokoll Petersens, daß sich neben Wagner auch ein gewisser Lampmann aus Riemke zur Wahl gestellt hatte. Dieser hatte das Schullehrerseminar auf Haus Overdyk besucht und schien wohl der Qualifiziertere, konnte aber wegen seiner kath. Konfession nicht gewählt werden, obwohl die Schule simultanen Charakter hatte und der Schulvorstand Reinert und Böckmann kath. waren. Von dem Christoph Heller ist zu be-richten, daß er in Laer wohnte, ein eingewanderter Mansfelder Bergmann war und frühzeitig invalid geworden, sich dem Schulamte, vermöge seiner Schreib- und Lesefähigkeit, gewidmet hatte. Er starb lt. Kirchenbuch am 24. Febr. 1820 im Alter von 44 Jahren und wurde auf dem Friedhofe zu Ümmingen begraben. Er hatte sich demnach im Alter von 33 Jahren zur Wahl gestellt.

Die Mehrzahl der Stimmen war auf Carl Wagner gefallen, der bereits 48 Jahre alt, seit 1788 in der Grafschaft Mark als Schulhalter tätig war und zuletzt eine Hungerstelle im Amte Breckerfeld inne hatte. Sein Leidensweg ist in dem vorstehenden Bericht andeutungsweise wiedergegeben. Die Lebensdaten dieses Schulmannes sind typisch für die damaligen Verhältnisse und besonderer Beachtung wert. Seine Lebenslinie hat ohne Zweifel irgend wann einmal einen Knick erfahren, daß er aus dem Bildungsweg eines Theologen in die “niederen Gefilde” des damaligen Schulmeisterdaseins geraten war. Er war bei seinem Übergang von Ebbinghausen bei Brekerfeld nach Steinkuhl vom “Regen in die Traufe” gekommen. Zu seinem Leidwesen war ihm bei der Anstellung in Steinkuhl keine Vocation ausgestellt worden. Es war einfach versäumt worden in der turbulenten Zelt, so daß er später keinen Rechtsschutz bezüglich seiner Einkünfte genoß. Er konnte sich nur auf mündliche Übereinkünfte beziehen. Die Empfehlungen im Stiftungsbrief der Freiherrn v. der Leithe vom 6. Jan. 1788 an ihre Pachteingesessenen zur Unterhaltung ihres Schulmeisters konnten nicht eingeklagt werden. Die Eingesessenen waren sich dieser Unverbindlichkeit wohl bewußt und haben sich mit wenigen Ausnahmen der Verpflichtung zu entziehen gewußt.

Ferner lagen bezüglich des Schulstübers keine schriftlichen Abmachungen vor, und er stand somit außerhalb jeder Rechtsverbindlichkeit. Die Eingesessenen zahlten den Schulstüber nur dann, wenn das Kind zur Schule ging, und das geschah nur an 8 - 12 Wochen im Jahr. Auch über die genauen Grenzen des Schulbezirks lagen keine genauen Abmachungen vor, so daß bald ein “Seelenfang” der benachbarten Kollegen einsetzte wodurch die Revenüen empfindlich geschmälert wurden. Die folgenden Schriftstücke beziehen sich zuerst einmal auf eine genaue Grenzbestimmung des Schulbezirks. Der Schulcommissarius Petersen wandte sich dieserhalb an den Oberpräfecten in Dortmund, um durch ihn eine Entscheidung des Maire zu Bochum zu erreichen.

 

“Ew. Hochwohlgebohren haben vor einiger Zeit geruhet, dem Schullehrer Kämper in Bochum zu berechtigen, daß Schulgeld für alle schulfähigen Kinder seines Schulbezirkes nöthigenfalls executive beytreiben zu lassen. Dem zufolge ist es nöthig gefunden: daß der Executor viele Eingesessene des Schulbezirks Bochum hat exequiren müssen.

Wenn derselbe aber soweit kam, daß er Eingesessene des Schulbezirks Steinkuhl als z. B. dem Buschmann und Schmidt auf dem Alten-Rampe nebst noch mehreren Andern executiren zu müssen glaubte, so ging er darin offenbar zu weit, da gerade Buschmann und Schmidt mit zu den ältesten und ersten Interessenten der Schule Steinkuhle gehören, auch deren Vorgesessene zum Theil die Schule haben fundiren und bauen helfen, auch nur eine halbe viertel Stunde von der Schule, dagegen über eine Stunde von Bochum wohnen.

Ew. Hochwohlgebohren wollen deswegen geruhen, die Execution der Eingesessenen der Schule zu Steinkuhle, Alten-Kamp und Brenschede, in Bochum so lange aufheben zu lassen, bis die Grenzen von dem Schulbezirk Steinkuhle näher berichtigt und festgesetzt sind; als welche Berichtigung nicht blos nach dem Anbau einzelner Häuser um jener Schule herum, als auch wegen der bevorstehenden Installirung des neuerwählten und schon confirmirten Schullehrers Wagner zu Steinkuhle schon um desto dringender nothwendig geworden ist.

Wenn Ew. Hochwohlgebohren geruhen, mich zu diesem Geschäft zu commitiren, so werde ich gern das Protokoll davon einschicken und von den Grundsätzen berichten, nach welchen ich bey der Begränzung des Steinkuhler Schulbezirks verfahren bin.

 

A. C. F. Petersen.”

 

Der Maire der Municipalität Bochum Jacobi ist vom hohen Oberpräfecten unter dem 10. Nov. 1809 aufgefordert worden, eingehend, nach erfolgter Lokalbesichtigung, sich zu der Sache zu äußern. Seine Berichterstattung er-folgte unter dem 22. Jan. 1810 nach eingehender Prüfung der Schulbezirksverhältnisse wie folgt:

 

“Die Kötter der aneinander grenzenden Hovesaaten Steinkuhle u. Brenschede sind bis 1 _ Stunden von der Stadt wohnhaft und ist es zur Winterszeit auch wenn Regenwetter einfällt, für die kleinen Schulkinder zu gefährlich, auch viel zu weit, um solche zu der Bochumschen Kirchspiel-Schule zu schicken.

Dies hat die vorige Eigenthümerin des Guthes hinterste Steinkuhle, der verwittweten von Ossenbruch geb. von Omphal zur Gründung eines Schulhauses veranlaßt, und da sie kinderlos starb, mithin die verwittwete Frau von der Leithen geb. von Berswordt zu ihrer Erbin einsetzte, so hat auch letztere die Schule zu verbessern gesuchet, wie solches mir von dem Freyherrn v. der Reck auf Verlangen der Köttern zu Steinkuhle u. Brenschede ausgehändigten Nachrichten subero 1. u. 2. anliegend ergeben.

Sodann gehet aus der Abschrift einer Vereinbarung zwischen vorstehender Frau Wittwe von der Leithen und vorbenannten Köttern subero 3 herfür, was letztere dem Schulmeister jährlich bewilliget haben, hingegen aus dem organischen Rescript der vormaligen Regierung zu Cleve v. 25. July 1768 an das hiesige Landgericht subero 4; – folglich vorgen. Nebenschule längstens die Bestätigung der Landesregierung ohne Vorbehalt einer weiteren besonderen Abgabe an die hiesigen Schullehrer erhalten, worunter die Hausväter, auch der Bussmann und Schmidt am Alten-Rampe mit einbegriffen sind; wider welche daher auch keine Execution wegen Schulgeldes stattfinden kann, da ihnen ihre Kinder zur Nebenschule im Steinkuhler-Holze zu schicken freygegeben worden, auch die Abgabe an den Schulmeister lästig genug ist.

So dürfte jener Verfügung vom 25. July 1768 gemäß in jetzigem Falle an das Landgericht das Erforderliche zu veranlassen seyn um mit allem executarischen Verfahren wider den gen. Bussmann u. Schmidt am Alten-Rampe, auch alle diejenigen, so sich mit selbigen in gleichen Umständen befinden, anzustehen.

Bey dieser Gelegenheit habe sich das Schulgebäude besichtigt und ist die Schulstube für sämtliche Kinder zu klein, überhaupt ein Anbau am Hause nöthig, wenn der Schulmeister darinnen zugleich wohnen solle. Letzterer heißet Wagner und habe ich bey der Unterredung mit demselben auch bestens bemerkt, daß es ihm an der nöthigen Geschicklichkeit eines Unterlehrers, um die kleinen Schulkinder zu unterrichten, nicht fehlt.

Gleichwohl sind die Hausväter fast durchgängig Pachtkötter u. Brinksitzer, auch einige von selbigen, so in den letzten Jahren sich freygekaufet, mit Schulden belastet, – einige von selbigen aber geringe Bergleute und außerstande, die Baukosten aus ihrem eigenen Vermögen zu bestreiten. Weshalb auf deren dringendes Gesuch unterthänigst anheimstelle und bitte, um selbigen eine Haus-Collecte im Ruhr-Departement und zugleich gnädig zu gestatten, daß solche durch ein protestantisches u. Catholisches Mitglied selbst einsammeln mögen, weil von allen drey Religionen Kinder zu dieser Schule gesandt werden.

Schließlich bitte die Versicherung der tiefsten Ehrfurcht zu genehmigen.

 

Jacobi”

 

Aus dem vorstehenden Bericht entnehmen wir, daß der Schulbezirk nicht in der Lage war, aus eigener Kraft die Verhältnisse zu bessern. Der Maire Jacobi schlägt darum vor, den Eingesessenen aller Confessionen eine Kollekte zu gestatten.

liegt die Schule zu Laer und die zu Ümmingen Präfecten unter dem 29. 1. 1810 den Auftrag, Vorschläge über einen erweiterten Schulbezirk zu machen. Pflichtgemäß berichtete er unter dem 21. März 1810 an den Hochwohlgebohrenen Freyherrn v. Romberg:

 

“Um mit Vorsicht u. Umsicht dies Gutachten ausfertigen zu können, bin ich mehreremale in der dortigen Gegend gewesen, und habe mich darüber mit dem dortigen Schulvorsteher Böckmann, dem Bauerschaftsvor-steher Waldmann, dem Eingesessenen Köllermann pp. besprochen, auch mannichmal mit dem jetzigen Schullehrer Wagner Rücksprache genommen. Insbesondere habe ich auch dem Auftrage gemäß darauf gesehen, – ob und wiefern die Wiemelhauser, Laerheide und Stiepelschen Busch Eingesessenen zur Schule in Steinkuhl gezogen werden können.

Die erste Beylage enthält das Resultat meiner Bemühungen. Die in dieser Übersicht aufgeführten Eingesessenen wohnen in einem und demselben Mairie-Bezirk Bochum. Die Eingesessenen von Steinkuhle, Brenschede und Alten-Kamp haben wohl schon durch ihre Unterschriften ein Recht, von ihren Beyträgen zur Bochumschen Schule freygesprochen zu werden. Auch werden die übrigen Aufgeführten kein Bedenken tragen, sich zur Steinkuhler Schule zu halten, wenn sie von nun an von den Schulbeyträgen nach Bochum und Laer dispensiert werden.

Von Wiemelhausen werden sich die Nichtgenannten, weil sie nicht viel weiter nach Bochum zu gehen haben, und weil sie mehrentheils Catholisch sind, lieber nach Bochum halten.

Von den Eingesessenen der I.,aerschen-Heide habe ich keine aufgeführt, weil alle, wenn nicht näher, doch eben so nahe zu ihrer eigenen Laerschen Schule zu gehen haben. Hierbey bemerke ich: daß zu seiner Zeit recht gut der ganze Laersche Schuldistrikt, der so klein und keiner Erweiterung fähig ist, zu Steinkuhl geschlagen und der Laersche Schulfond, der seine beiden jetzigen in mancher Hinsicht scandalösen Schullehrer (Meister u. Hitschler) nicht ernähren kann, zur Verbesserung des Steinkuhler Schulfonds verwandt werden kann, indem Laer nur eine Viertelstunde von Ümmingen und nur ein Viertelstündchen von Steinkuhle liegt. Dann könnte dieser zusammengesetzte Schuldistrikt zu jeder Zeit auf einen tüchtigen Schulmann Anspruch machen.

Von dem Stiepler Bruch habe ich keine Eingesessenen aufgeführt, weil diese nicht nur in einer anderen Municipalität, sondern auch in einem andern Canton, ja sogar in einem andern Arrondissement wohnen, und zu dem Schulinspectionsbez.irk des Commissarius Zimmermann in Hattingen gehören. Auch wären solche unter den Entferntesten, die zur Steinkuhler Schule gehen müßten. Es wäre wohl gut: daß der pp. Zimmermann auf die Organisation des Schulwesens, welche in Stiepel so gut wie garnicht da ist, von oben herab aufmerksam gemacht würde.

 

Vor der Hand ist es wohl nöthig: daß ein eigener Schulvorstand für die Steinkuhler Schule angesetzt werde. Ich schlage dazu vor:

1. in Steinkuhl den Böckmann, 2. in Brenschede den Freyherrn Hauptmann von Berneck oder den Siepmann, 3. in Altenkamp u. Wiemelhausen den Ostermann, 4. in Baut Goy den Leite. Die aus Querenburg gehörten wohl gut zu dem Unterbezirk des Vorstehers von Brenschede. Wenn dieser Schulvorstand nun von Ew. Hochwohlgebohren ernannt werden: so wäre es gut: daß jedem derselben eine Übersicht von dem ganzen von Ihnen genehmigten Steinkuhler Distrikt überreicht, und der Schulvorstand aufgefordert würde, dem Schullehrer außer dem Brodte und sonstigen Naturallieferungen, statt des gewöhnlichen Schulgeldes, wenig-stens 40 - 50 Reichsthaler als Geldgehalt (welches im Durchschnitt jedem Eingesessenen nur einen halben Reichsthaler beträgt) und eine Kuhweide auszumitteln. Wiemelhausen gäbe wohl die Sommerweide und die Baut Goy Heu zum Winterfutter. Da besonders Brenschede, Goy, Wiemelhausen und Querenburg nach dem Stiftungsdocument keinen Antheil an dem zuerst errichteten Steinkuhler Schulfond gemein haben.

Wenn auf den einzuziehenden Laerschen Schuldistrikt und auf die bey Steinkuhle so nahe liegende Baut Goy nicht Rücksicht genommen werden sollte: dann könnte auch an die Verlegung des Steinkuhler Schulhauses nach dem Vorschlag des edlen Herrn von Berneck Rücksicht genommen werden.

A. 0. F. Petersen, Schul-Commissarius”

 

Die Einrichtung eines neuen Schulbezirks scheint auch damals auf große Schwierigkeiten gestoßen zu sein, zumal die Höhe der Einkünfte des Lehrers davon abhing. Petersen sah aber schon die Entwicklung voraus, wenn er die Lage der Schule als unzweckmäßig ansah und nach dem Vorschlag des Freiherrn von Berneck die Schule mehr in den Mittelpunkt, nach Brenschede, verlagert sehen wollte, wenn seine übrigen Vorschläge als aussichtslos angesehen wurden.

Die Ansichten des Freiherrn von Berneck als Grundherr von Brenschede werden hier im Wortlaut wiedergegeben:

“In Betreff des in hiesigen Bezirks zu errichtenden Schulwesens, nehme ich mir die Freyheit zu bemerken daß, wenn wie es heißet der Stiepler Broch, die Baut Brenschede, Wiemelhausen und die Baut Steinkuhl dann Querenburg zusammengeworfen werden wolle, alsdann dies jetzige Schulhaus in jeder Hinsieht unzweckmäßig seyn dürfte. Denn eines Theil liegt selbiges ganz an den äußersten Grenzen gegen Osten zu, somit auch für uns, die Stiepeler Bruch besonders in Wintertagen und sonstiger schlimmen Witterung unzugänglich, und anderntheils ist die sogenannte jetzige Schule zu Steinkuhle ein wahres Loch, welches kaum 40 Kinder aufnehmen kann.

Ich nehme mir also die Freyheit zu bemerken, daß da, wo die Steinkuhler Schule liegt, die Schule zu Laer und die zu Ümmingen beyde nur in einer Entfernung von einer Viertelstunde von einander liegen. Meine Baut Brenschede aber der wahre Mittelpunkt von allen obengenannten Distrikten sey, und es weit zweckmäßiger seyn würde, allhier ein Schulhaus in der Mitte meiner Baut zu errichten, das der Zahl der darin aufzunehmenden Kinder angemessen sein würde, und wozu ich den allgemeinen besten Willen gewiß, was in meinen Kräften stehet, beytragen werde.

Besonders kostspielig würde diese entreprise nicht seyn, wenn nur seyne Exelenz der Herr Oberpräfect hierzu einen Fond von 200 Thalern verwilligen würde, und einen Erlaubnisschein, bey den hiesigen Bauern das Holz zu Collectiren, da aus der alten Schule wohl jährlich 10 - 12 Thlr. Pacht zu erhalten seyn dürfte.

Genehmigen Sie übrigens die Versicherung der hohen Veneration mit welcher ich stets verharre

 

Euer Hochwürden gehorsamster Diener

Ernst v. Berneck”

 

Brenschede, d. 20. März 1810

 

Die Antwort der hohen Präfectur ließ lange auf sich warten, so daß die Eingesessenen sich nach Möglichkeit den Verpflichtungen entzogen. Alle Bemühungen mit zahlreichen Rückfragen und entsprechenden Berichten führen zu keinem Ziel. Die Zeiten der französischen Besetzung schienen nicht dazu geeignet, eine Klarheit herbeizuführen. Um das Maß der Schwierigkeiten zu erhöhen, beantragten kath. Familien den Austritt aus dem Schu1verband aus Gründen der Konfession. In den Schulen wurden im allgemeinen Kinder aller Konfessionen unterrichtet. Darum ist es bemerkenswert, daß 1812 erstmalig ein Schreiben an den Präfecten in den Akten vorliegt, daß diese Angelegenheit zum Gegenstand hat.

“Es werden von mir wiederholt Beyträge zur Schule der Baut Steinkuhle gefordert, und ich bin deshalb von dem Polizeydiener bereits mit der Execution bedroht worden. Schon einmal habe ich mich wegen dieses Gegenstandes beschwerend an diese Hochlöbliche Stelle gewandt. Ich bin daher jetzt gezwungen, diesen Weg noch einmal einzuschlagen. Meine Gründe, weshalb ich der Steinkuhler Schule nicht pflichtig bin, sind folgende:

1. Unterschied der Religion. Ich schicke meine Kinder zur Schule, um sie in den Religionsgrundsätzen unterrichten zu lassen. Da ich nun kath. bin, der Lehrer zu Steinkuhle aber lutherisch ist, so würde ich meinen Zweck verfehlen, wenn ich ihm meine Kinder zum Unterricht schickte.

Die Toleranz, welche sich in allen Gesetzen des Großherzogthums so unzweideutig ausspricht will es durchaus nicht, daß ein Mitglied einer andern Religion dem Beamten einer andern pflichtig sein solle. Diese Grundsätze sprechen sich deutlich in einer neulich erlassenen hohen ministeriellen Verfügung aus, wo die protestantischen Eingesessenen, welche bisher einem kath. Pfarrer Messhaber zu geben verpflichtet waren, von dieser Verbindlichkeit freigesprochen werden, um wieviel mehr muß diese Freisprechung auf mich Anwendung finden.

2. Kann ich der Lage nach unmöglich zur Steinkuhler Schule gehören. Ich wohne zu Wiemelhausen, also nahe bey Bochum. Zu dieser Schule habe ich noch immer gehalten, und meine Kinder werden dahin, sobald sie 7 Jahre alt sind, gesendet. Der Weg nach Bochum ist gut, jener nach Steinkuhle aber bey nasser Witterung wegen der ausgetretenen Bäche nicht zu passieren. Kurz, – ich habe nie in dem Bezirk der Steinkuhler Schule gewohnt, und wenn der Schulcommissarius Petersen vieleicht eine neue Bezirkseintheilung vorgenommen hat so kann dieses mir als Katholiken nicht prejudiciren, und ich bin in Gefolge des oben angeführten dem protestantischen Schullehrer nicht pflichtig.

Ich bitte also unterthänigst, dem Maire zu Bochum die Weisung zu ertheilen, mich mit Execution zu verschonen.

 

Wiemelhausen in der Maire Bochum

d. 20. Febr. 1812

 

Johann Henrich Bredenbrüker

gen. Altenkamp”

 

 

Der Schulcommissarius Petersen aus Weitmar wurde vom Präfecten aufgefordert, der Beschwerde nachzugehen. Er entledigt sieh der Angelegenheit mit einer gewissen Empörung.

 

“An Sr. Hochwohlgebohren Herrn Präfecten

des Ruhrdepartements

Freyherrn v. Romberg

 

Ich habe nach genauer Untersuchung gefunden:

2. daß der Bredenbruecker gen. Altenkamp dreiviertel Stunde Weges von Bochum entfernt wohnt; aber nur eine Viertelstunde von Steinkuhl.

3. das jede Viertelstunde des Weges nach Bochum wenigstens eben so viel Schmutz darbietet, als die Viertelstunde von Bredenbruecker nach Steinkuhl.

4. daß die schlimmste Stelle auf dem Wege des Bredenbruecker nach Steinkuhl bey einem kleinen Bach, welche Stelle aber von vielen Dingesessenen des Steinkuhler Schulbezirks passiert werden muß, sehr leicht gebessen werden kann. Ew. Hochwohlgebohren wollen nur geruhen, dem Herrn Maire Jacobi in Bochum aufgeben zu lassen, hier das Nöthige zu besorgen.

5. Es ist zwar wahr: — daß der Bredenbruecker gen. Altenkamp zu Wiemelhausen wohnt und daß viele Eingesessene von Wiemelhausen nahe bei Bochum wohnen, das kann aber hier nichts weiter sagen als: viel näher als diejenigen, die viel entfernter von Bochum wohnen. Wiemelhausen ist eine Bauernschaft, die in einem langen Strich von einer halben Stunde sich ausdehnt Von dem Schulte Krahwinkel bis Bredenbruecker gen. Altenkamp ist wohl über eine halbe Stunde, wiewohl beyde in einer Commune wohnen.

6. Wenn, wie es doch höchstwahrscheinlich ist, das Schulhaus des Steinkuhler Schulbezirks auf eine andere Stelle kommt so kommt dasselbe ganz in die Nähe des Bredenbruecker, etwa einen guten Steinwurf weit; oder doch so, daß auch die geringste Klage des Bredenbruecker ungegründet bleibt.

7. Der Bredenbruecker gen. Altenkamp ist ein Aufkömmling, der sich auf Altenkamps Kotten verheyratet hat; woraus es sich ergibt wie wenig darauf zu halten ist, wenn er sagt, er (der als Schüler an einer anderen Stelle wohnte) habe sich bisher für seine Person immer zur Bochumschen Schule gehalten. Seine Vorgesessenen auf Altenkamps Kotten haben sich selbst durch Unterschrift zu der Steinkuhler Schule verpflichtet

Es ist auffallend, daß sich gerade jetzt im Bochumschen Kirchspiel so viele katholische Eingesessene vorfunden, die so leicht Intoleranz wittern wollen, woran sonst garnicht gedacht wurde. Ich glaube nicht weit von der Wahrheit zu sein, oder wohl geradezu die Wahrheit zu treffen, wenn ich behaupte, daß von denjenigen am leichtesten Intoleranz gewittert wird, denen es nicht mehr gestattet ist intolerant zu sein.”

 

Petersen bittet nun den Präfecten, den Bredenbruecker entsprechend seiner Ansicht zu bescheiden, damit nicht noch mehr Klagen einlaufen und – “in einem solchen Grade wie Bredenbruecker gen. Altenkamnp Ew. Hoch-wohlgebohren mit frecher Stirn Lügen cum Reservatione mentali vorzutragen. 2. mir an Diäten 2 Rthr. Courant auszahlen zu lassen, welche der Herr Maire Jacobi von dem Bredenbruecker gen. Altenkamp einziehen mag.

 

Der Bericht blieb nicht ohne Wirkung auf den Präfecten v. Romberg. Er läßt dem Bredenbruecker durch den Maire von Bochum folgende Anwort zugehen:

“ - Sie wollen demselben bekannt machen, daß seine Confession kein Grund sei, warum er von der Schule in Steinkuhle entbunden werden brauche, da der Unterricht in der gedachten Schule danach eingerichtet sei, daß seinen Kindern kein fremder Glaube beigebracht werde, und daß sie seine eigene bei ihrem Pfarrer lernen müßten. - daß er aber ohnehin auch schon zur Steinkuhler Schule pflichtig sei, weil durch seine, unter dem 6. Jan. 1786 mit der verwittweten Freyfrau v. der Leithen getroffenen Vereinbarung des Altenkarnps Kötter sich zur Schule nach Steinkuhl mit Namensunterschrift verpflichtet habe.

Endlich beauftrage ich Sie noch, von dem Bredenbruecker 6 Tr. einzuziehen und dieselben als Betrag der Diäten bei der Localuntersuchung dem Herrn Schulcominissarius Petersen auszuzahlen.

 

Die Angelegenheit war damit für einige Jahrzehnte aus der Welt geschaffen. Um 1839 wurde dieses Thema der Trennung nach Konfessionen erneut zur Debatte gestellt und in der Form gelöst, daß nach dem 10. Lebensjahre die kath. Schüler wegen der Vorbereitung auf die erste heilige Communion die kath. Schule in Bochum besuchen durften.

Alle bisherigen Eingaben und Berichte trafen nicht die Ursache all der Schwierigkeiten. In einem Bericht vom 11. 5. 1817 des Landrats von Untzer wird die Ursache aus einer klaren Übersicht treffend dargestellt. Mit diesem Bericht, der zwar etwas später erfolgt ist soll dieses Kapitel seinen Abschluß finden.

 

Bochum, den 11. Mai 1817

 

An die Hochlöbliche Regierung

Arnsberg.

 

Ich wünschte, daß der H. Schulcommissarius Petersen mit mir Rücksprache genommen, ehe er Einer Hochlöblichen Regierung über die Erweiterung der Schule zu Steinkuhl Vortrag gemacht, dann würde derselbe die damit verbundene Schwierigkeit, nämlich von der Seite betrachtet, wie das ganze Verhältnis der Schulen und Schullehrer jetzt noch liegt, selbst eingesehen haben. Solange die Schullehrer das Schulgeld als solches ziehen,/: gleichviel ob es von ihnen selber oder von andern erhoben wird/: so lange noch keine Repartition eingeführt ist, so lange wird auch jeder Schullehrer schreien, sobald ihm nur ein einziges, zu seinem Schulbezirk gehöriges Haus> entzogen wird.

Das große Übel ist, daß er dies auch mit allem Recht kann; denn das, worauf er berufen, wird ihm nicht gehalten. Er leidet wirklich ein Beeinträchtigung, und – wer soll ihn schadlos halten?

Mag die Schule zu Steinkuhle auch noch so lange privilegiert sein, so lange als die der Stadt Bochum selbst, ist sie es nicht, denn niemand wird es in Abrede stellen, daß die Städte früher als das platte Land privilegierte Schulen hatten.” –

Die Vergrößerung des Steinkühler Schulbezirkes durch Einbeziehen von Höfen aus den umliegenden Bauernschaften wurde als eine Schmälerung der dortigen Schullehrer angesehen. Die Not des einen wurde gegen die des andern ins Feld geführt. Der damalige Landrat von Untzer teilt weiter resignierend mit, daß ihm leider keine Machtmittel zur Verfügung stehen, das Schulgeld durch Execution beintreiben: “Mangel der Schullehrer ist also an der Tagesordnung/: Es tuth mir weh, dieses sagen zu müssen, – allein es ist wörtlich wahr/: Was also bei der jetzigen Schulverfassung dem einen durch Vergrößerung seines Schulbezirks gegeben wird, entzieht man – und dazu noch widerrechtlich dem andern. Weder für den einzelnen noch für das Ganze ist hier Gewinn.”

 

Impressum

1958 Bochum Ein Heimatbuch

 

7. Band

 

Herausgeber

Vereinigung für Heimatkunde e.V.

Druck und Verlag: Schürmann & Klagges