Der Stadtschultheiß von Bochum

 

Dr. Höfken

 

Unter einem Schultheißen verstand man im Mittelalter den Verwalter eines Oberhofes, der von einer Reihe ihm untergeordneter Höfe die Abgaben einzog, „die schult heischte“, und an seinen Grundherrn ablieferte. Solche Schultheißen oder Schulten gab es entsprechend der Zahl der Oberhöfe in unserer Gegend ein größere Anzahl. Es sei nur auf die beiden Oberhöfe des Klosters Deutz in Hattingen und Leithe (Schulte-Herveling), an die Oberhöfe des Stiftes Essen in Kray (Eickenscheidt) und Gelsenkirchen (Nienhausen, Brockhof, Schulte im Hofe), an den Oberhof des hessischen Klosters Kaufungen in Herbede a. d. Ruhr, den Oberhof des St. Pantaleonstiftes von Köln in Eickel und an den der Abtei Werden vor den Toren unserer Stadt (Schulte-Krawinkel) hingewiesen. Allen diesen Oberhöfen mit ihren oft sehr zahlreichen Unterhöfen standen adelige Schultheißen aus den in der Nähe seßhaften Rittergeschlechtern vor, die den Oberhof zu Lehen übernommen hatten. Sie bezogen für den Schutz, den sie dem Hofe angedeihen ließen, Abgaben von den Unterhöfen.

 

Neben diesen geistlichen Großgundherrschaften besaßen die Adelsgeschlechter Oberhöfe. Auch der deutsche König hatte in unserer Gegend Streubesitz an großen und kleinen Höfen, den er durch den Schultheißen der „villa publica“, des R e i c h s h o f e s B o c h u m verwalten ließ. In einer Urkunde des Erzbischofs von Köln über Schenkungen von Höfen in der Nähe Bochums, datiert vom 17.6.1041, wird dieser Reichshof mit den Worten „juxta villam Cofbuockheim“ erstmalig erwähnt. Er hat aber schon bedeutend früher bestanden. In dem ältesten Verzeichnis (Urbar) der Liegenschaften des Klosters Werden aus dem Beginn des 10. Jahrhunderts wird als dessen Besitz ein Hof in „Aldanbuchem“ aufgeführt. Daraus muß man schließen, daß damals schon ein Neubochum als Siedlung mit dem Königshof als Mittelpunkt bestand. Offenbar ist dieser Hof von Karl dem Großen bei der planmäßigen Anlage von Etappenstationen am uralten Hellweg für die durchziehenden Truppen zum Reichshof bestimmt worden. Später wurde dann dieser Königshof an weltliche und geistliche Großen vergeben als Lohn für treue Dienste.

 

So teilte auch der Reichshof Bochum die Geschichte des sonstigen Reichsgutes unserer Heimat. Bei der Auflösung des Herzogtums Heinrichs des Löwen 1180 erhielt der Erzbischof von Köln das Herzogtum Westfalen, soweit es sich auf die Bistümer Köln und Paderborn erstreckte, mit allen Grafschaften, Bogteien, Oberhöfen usw. Mit dieser Gewinnung weltlicher Hoheitsrechte ging auch der Reichshof Bochum an den Erzbischof über. Als mit dem Erzbischof Adolf ein Bruder der von der Burg Altena stammenden Grafen Arnold und Friedrich von Altena 1193 den Kölner Bischofsstuhl bestieg, kam er dem Streben seines Geschlechtes auf Macht- und Gebietserweiterung in jeder Weise entgegen. Um diese Zeit muß der Bochumer Oberhof an den Grafen Arnold, der auf der Isenburg bei Hattingen seinen Wohnsitz genommen hatte, als Lehen gekommen sein. Dessen Sohn Friedrich wurde wegen seiner Auflehnung gegen den Kölner Erzbischof, die zu dessen Tode geführt hatte, geächtet (und 1226 hingerichtet). Er wurde der kölnischen Lehen verlustig, die nunmehr auf die andere Altenaer Grafenlinie auf Schloß Mark bei Hamm übergingen.

 

Dieser Besitz blieb jedoch nicht unangefochten. Es kam zu heftigen Kämpfen zwischen Friedrich, dem Sohne des Hingerichteten, und dem Grafen Adolf III. von der Mark, bis sie durch den Vertrag vom 1. 5. 1243 geschlichtet wurden. In diesem Vertrag wurde u. a. die Grafschaft, das Gericht und der Hof in „Cobuchem“ nebst dem Patronat der Bochumer Kirche zum gemeinschaftlichen Besitz der beiden feindlichen Vettern erklärt. Kluge Familienpolitik mußte dann die mitbesitzenden Isenberger beiseite zu schieben und den Alleinbesitz Bochums gütlich vom Kölner Erzbischof zu erringen und dann gegen Köln kämpfend zu behaupten. Diese Kämpfe um den Alleinbesitz des Hofes und Gerichts Bochum füllten das ganze 13. Jahrhundert aus. Durch die Schlacht bei Worringen (1288) wurde die Macht des Erzbischofs endgültig gebrochen und die Bahn frei für den Grafen Eberhard II. von der Mark (1277 – 1308). Eberhard ging nun dazu über, durch Anlage und Befestigung von Städten seine Macht zu stärken. Im Laufe der Zeit war um den Oberhof Bochum eine dörfliche Siedlung entstanden. Der rege Verkehr, der sich am Sonn- und Festtagen bei der Kirche abspielte, und die günstige Lage am Knotenpunkt wichtiger Straßen hatten Krämer und Landwerker zu dauernder Niederlassung veranlaßt. Der Oberhof (und dessen Unterhöfe) gaben neben anderen Höfen den Baugrund für die Wohnungen der Landwerker und Neusiedler ab. So entwickelte sich Bochum allmählich zum Weichbild, wie man damals Orte mit beschränkter Selbstverwaltung und eigenem Ortsgericht nannte, und später zur Stadt.

 

Nunmehr entstand die Frage, wie sich der Schultheiß des alten Reichshofes Bochum mit dieser Selbstverwaltung der Bürger abfand. In einer Urkunde, die Graf Engelbert von der Mark 1321 am Tage nach Pfingsten zu Blankenstein auf Bitten der lieben Bürger in Bochum ausstellte, regelte er die Beziehungen zwischen ihnen und seinem Schultheißen. Auf die einzelnen Bestimmungen dieser Urkunde werden wir noch näher eingehen.

 

Während es in anderen Städten, die ebenfalls wie Bochum ursprünglich einen Schultheißen des alten landesherrlichen Hofes an der Spitze der Verwaltung und des Gerichts hatten, z. B. Soest, Hattingen, Essen, gelang, den Einfluß des Schultheißen zurückzudämmen und schließlich seine Stelle in der Verwaltung und Rechtsprechung einzunehmen, blieb in Bochum der Schultheiß immer der Richter der Stadt und tätiges Glied der Verwaltung. Diese Stellung des Schultheißen ist eine ganz eigenartige. In den fünf Jahrhunderten seiner Tätigkeit wird in keinem Bericht der Regierung in Kleve auf ähnliche Rechtseinrichtungen der Grafschaft Bezug genommen. Ein klarer Einblick in das Wesen des Bochumer Schultheißenamtes läßt sich deshalb nur durch die Darlegung der geschichtlichen Entwicklung des Amtes gewinnen.

 

Leider ist das urkundliche Quellenmaterial aus der Zeit der Entwicklung Bochums bis ins 16. Jahrhundert gering, weil in dem großen Stadtbrande von 1517 fast alle Urkunden des Stadtarchivs untergingen. Mit dem Uebergang der Grafschaft Kleve an das märkische Herrschergeschlecht (1398) rückte dieses in die Reihe der mächtigen deutschen Fürsten ein. Adolf III. (1398 – 1448) wurde 1417 vom deutschen Kaiser zum Herzog von Kleve ernannt. Seit dieser Zeit wurden alle wichtigen Regierungserlasse abschriftlich in den sog. Registerverbänden aufgezeichnet. So müßten wir aus diesem im Staatsarchiv Düsseldorf aufbewahrten Quellenwerk auch die weiteren Beziehungen des Landesherrn zu Bochum feststellen können. Da aber bis Ende des 15. Jahrhunderts die Herrschaft über die Grafschaft Mark zwischen den Herzögen von Kleve und ihren Brüdern mangels einer festen Erbfolgeordnung mehrfach wechselte und auch der Erzbischof von Köln immer noch Ansprüche auf Einlösung des Pfandes Bochum machte, ist es erklärlich, wenn auch die älteren Registerbände über den Bochumer Schultheißenhof keine Eintragungen aufweisen. Erst mit der Einführung einer straffen Verwaltung und mit der Dienstanweisung vom 18. 1. 1470 für die staatlichen Rentmeister beginnen auch die Aufzeichnungen über die einzelnen staatlichen Vermögensstücke und damit auch über den Bochumer Schultheißenhof.

 

Die ältesten I n h a b e r d e s S c h u l t h e i ß e n a m t e s sind nur mit ihrem Vornamen überliefert: 1324 Dithmar, 1381 – 1386 Diderik, 1407 – 1410 Rother de Schulte. Von 1441 ab wurde das Amt von Mitgliedern der Familie Paschendal (Paskendael) verwaltet. Auf Wennemar P., der von 1432 – 1459 Freigraf der Freigrafschaft Bochum war, folgte sein Sohn Wessel Paschendal (1456 – 1493), dann dessen Sohn Wennemar, der seinen betagten Vater schon seit 1482 vertrat.

 

Die Familie Paschendal, die sicherlich vom Niederrhein nach Bochum eingewandert ist, stand bei dem Landesherrn in hohem Ansehen. Er übertrug ihr nach und nach wichtige Aemter in Bochum. Wessel Paschendal war staatlicher Rentmeister, Schultheiß und in seinen letzten Lebensjahren, ab 9. 10. 1488, auch Droste des Amtes Bochum. Im Jahre 1492 lieh er seinem Herzog 100 Goldgulden und erhielt dafür die staatlichen Einnahmen aus dem Amte Bochum und den Hof in Castrop versetzt. Am 1. 7. 1493 trat er das Drostenamt an den Ritter Johann von Altenbochum auf Haus Wiesche bei Harpen ab. Unterm 23. 9. 1493 gab der Herzog dem Adelsbastard Gert von Bodelschwingh die Anwartschaft auf die Rentmeisterei Bochum im Falle des Todes des Paschendal. Wegen seiner vielen Verdienste verschrieb der Herzog dem Paschendal als eine Art Beamtenpension am 5. 7. 1493 jährlich auf Lebenszeit 3 Malter Roggen, 3 Malter Gerste und 3 Malter Hafer aus der Pacht, die Paschendal ihm aus dem Hofe Bochum jährlich leistete. Nach seinem Tode wurde durch Urkunde vom25. 5. 1494 (Urbanustag) der Hof Bochum Wessels Sohn Wennemar in Erbpacht übertragen. Als Pacht mußte er jährlich 6 Malter Roggen, 9 Malter Hafer, 100 Pfund Wachs und 50 Hühner liefern. Gleichzeitig wurde bestimmt, daß der Hof auf seine Tochter Grete nach seinem Tode übergehen sollte. Der Erbfolger dieser sollte gegen eine Gebühr von 20 Goldgulden, 10 Schillinge auf den Gulden gerechnet, den Hof erneut verliehen erhalten. „So sollte es gehalten werden von Erben zu Erben bis zu ewigen Tagen.“

 

Im gleichen Jahre (12.11.1494) wurde dem Schultheißen die Pacht, soweit sie in Körnern bestand, gegen Umtausch einer anderen Kornrente und gegen Hergabe eines Darlehns von 240 Gulden gepfändet. Er hatte also seitdem nur Wachs- und Hühnerlieferungen zu entrichten, die der Rentmeister einzog. Von dieser Menge wurden später (12.9.1545) 50 Pfund Wachs und eine weitere neue Abgabe von jährlich 3 Gulden dem damaligen Schultheißen gegen ein Darlehen verpfändet. Es blieben nur noch50 Pfund Wachs und 50 Hühner an die Rentei zu entrichten „aus den Gründen und den Hofstätten längs dem Markt in der Becken gelegen“. Es handelte sich hier um die Abgaben aus der Urkunde vom 8.9.1298. Diese wurden späte unmittelbar von den Hausbesitzern durch den Rentmeister eingezogen. Die Verpfändung der Körnerpacht blieb bis 1695 bestehen. Vom Jahre 1700 ab wurde die ganze Kornpacht nebst Abgabe von 50 Pfund Wachs und Zahlung von 6 Rtlr. Dienstgeld in eine Geldpacht von 50 Rtlr. Und 6 Stübern umgewandelt.

 

Als Wennemar Paskendal 1498 starb, behielt seine Tochter den Hof, konnte aber das Stadtrichteramt naturgemäß nicht ausüben. Darum wurde der damalige staatliche Rentmeister Matthäus von der Hembecke mit der „Interimsverwaltung“ beauftragt. Margarete Paskendal trat 1514 ihre vererbten Rechte an Hof und Schultheißenamt an den staatlichen Rentmeister Gerhard von Bodelschwingh ab, der „op faterdag nach Sonntag Invocavit“ vom Herzog als Schultheiß bestätigt wurde. Die Erblichkeit wurde neu verbrieft, und der Herzog versprach, seinen Nachfolgern, „den Haltern des Briefes mit seinem Willen“ Hof und Amt zu geben. Als Gerhard v. Bodelschwingh 1518 starb, erhielt seine Witwe den Hof. Auf ihre Bitte wurde vorübergehend der Bürger Johann Wulff zum Schultheißen ernannt. 1527 ging das Amt auf Gerhards Sohn Wennemar über, der bis Ende der sechziger Jahre die Schultheißenwürde bekleidete. Nach seinem Tode erhielten seine Söhne Johann und Arnold nacheinander Hof und Amt. Johann lieh 1582 dem Herzog 250 Gulden, wie vorhin erwähnt wurde, um eine Wiedereinlösung des Hofes zu vermeiden. Arnold war auch wie sein Vater Rentmeister der Rentei Essen. Nach seinem Tode erhielt sein Sohn Johann die Anwartschaft auf Hof und Amt. Da der Vater jedoch mit der Abführung von 1500 Tlr. Renteigelder im Rückstand geblieben war, verlangte der Herzog zunächst die Zahlung dieser Summe. Nun half die Schwester des Vaters aus, Elisabeth, die mit dem Kaufmann Dietrich Elbers in Hattingen verheiratet war. Die Eheleute Elbers streckten die 1500 Tlr. vor und erhielten den Hof auf 10 Jahre als Pfand, „in antichresi“. Da Elbers der Stadt nicht genehm war – der Magistrat behauptete, er sei keine „literate person“ – wurde vorübergehend von 1606 ab der staatliche Rentmeister Johann Belthaus zum einstweiligen Schultheißen bestellt. Schließlich wurde Dietrich Elbers doch noch Schultheiß und waltete seines Amtes vom 20. 6. 1616 bis zu seinem Tode (begr. 9. 10. 1624 in Hattingen).

 

Nun ging der Hof auf seinen Sohn über, da dieser noch minderjährig war und das Amt nicht ausüben konnte, mußte die Witwe die Bestellung eines Amtsverwalters beantragen. Es war alte Gewohnheit, daß die Bürgermeister der Stadt „in casu absentiae, morbi vel mortis“, also im Krankheits- und Todesfall des Schultheißen das Amt „ad interim“ mit einem „tüchtigen subject“ versahen. Vorübergehend verwalteten so Wilhelm von Wittgenstein (1624 – 1630) und der Amtsrichter Hermann Hugenpoth (1630) für den Sohn des Dietrich Elbers das Amt, bis er am 1. 6. 1630 die Bestallung bekam. Dietrich Elbers war bis 1675 Schultheiß; er starb am 26. 11. 1675.

 

Ihm folgten als Schultheißen zunächst sein ältester Sohn Johann Dietrich bis zu seinem Tode im April 1678, dann dessen Bruder Dr. Gerhard Wennemar Elbers bis 1680. Das Amt sollte jetzt auf den jüngsten, noch studierenden Bruder Heinrich übergehen. Für ihn führte sein Schwager, der Advokat Dr. Adolf Henrich Essellen, das Amt; Essellen war mit Anna Katharina Elbers vermählt. Heinrich Elbers wurde 1685 zum Schultheißen ernannt. Am 23.11.1700 wurde er zu Grabe getragen Die Witwe Katharina geb. Huyssen aus Essen (1655 bis 22.10.1727) hatte drei Töchter. Die älteste Tochter wurde am 8.2.1701 mit dem Hofe behandigt; sie war damals erst 15 Jahre alt (geb. 1685, gest. 3.2.1731). Zum Schultheißen wurde am 19.12.1701 ihr Vetter Dr. Johann Henrich Essellen (geb. 1672) bestellt. Am 27.12.1701 heiratete er die Helene Margarete Elbers, so daß Hof und Amt nun wieder in derselben Familie waren.

 

Von 1701 bis 1754 wurde das Amt von Mitgliedern der Familie Essellen verwaltet. Der erste Schultheiß Essellen starb schon am 19.4.1722. Er hinterließ einen erst 8 Jahre alten Sohn Heinrich Dietrich, weshalb ein „Interimschultheiß“ nötig war. Die Witwe Essellen schlug als solchen den mit ihrer Schwester Theodora Juliana seit dem 29.4.1722 verheirateten Advokaten Dr. Zacharias Löbbecke in Dortmund vor. Die Regierung in Kleve bezweifelte das Vorschlagsrecht. Es liege nur dann vor, wenn der Hof kein Erbbehandigungsgut sei und keine Leibpacht – Verpachtung auf Lebenszeit des Pächters – in Betracht komme. Da nun durch das Kammerreglement von 1692 alle Leibpächte aufgehoben seien, habe in letzterem Falle die Regierung in der Wahl eines vorübergehenden Verwalters freie Hand. Nun folgte ein jahrzehntelanger Prozeß um die rechtliche Natur des Schultheißenhofes zwischen der Witwe Essellen und der Regierung. Die Witwe Essellen berief sich darauf, daß auch eine vor dem Jahre 1666 begründete Leibpacht bestehen bleiben müsse. In den Streit mischte sich auch die Witwe Elbers mit der Behauptung ein, sie sei noch mit dem Hofe behandigt und berechtigt, einen Verwalter des Amtes zu ernennen. Während des Prozesses bestellte die Regierung am 19.9.1722 zum Schultheißen den Bruder des verstorbenen Schultheißen, den Advokaten Dr. Christoph Dietrich Essellen. Dieser starb jedoch schon am 6.10.1724, erst 56 Jahre alt. Nach langen Verhandlungen beschloß das Berliner Ministerium unterm 8.12.1724, dem Bürgermeister Bordelius, der seit 1718 Advokat in Bochum war, die einstweilige Verwaltung zu übertragen. Den Vorschlag der Witwe Essellen, den Stadtsekretär und Prokurator am Amtsgericht Johann Wierich Schmedden zum Verwalter zu bestellen, lehnte die Regierung ab; ein Sekretär der Stadt könne die Stimme des Schultheißen im Stadtrate nicht vertreten und dürfe sich auch keine Kritik der Geschäftsführung der Stadt anmaßen. Einen Vorschlag der klevischen Kammer, den „abgestandenen Rentmeister“ von Bochum und Essen, van Deutekom, zum Verwalter zu machen, wies das Ministerium gleichfalls zurück. Deutekom, seit 1685 Rentmeister und schon 1699 als Bewerber um die Vertretung des erkrankten Schultheißen abgewiesen, hatte der Regierung viel zu schaffen gemacht; er wurde dann Richter des 1690 geschaffenen Gerichtsbezirk Eickel.

 

Gegen Bordelius traten nun mehrere Bewerber auf, die sich erboten, größere Summen zur Rekrutenkasse zu zahlen, als Bordelius getan hatte. Da war zunächst der Bruder des verstorbenen Schultheißen, Steuerrat De. Moritz Dietrich Essellen, der 400 Tlr. bot, 200 mehr als Bordelius. Der Advokat Christoph Dietrich Grolmann bot 600 Tlr., wenn man ihn gleichzeitig in die Stelle eines Justiz- und Hofrates in Kleve einrücken lasse; diese Stelle hatte sein 1730 gestorbener Vater innegehabt. Ihn schlug auch die Witwe Essellen vor, nachdem sie sich mit ihrem Schwager verfeindet hatte. Der Bochumer Magistrat hatte in besonderen Eingaben gebeten, den Steuerrat Essellen zu bestellen. Essellen hatte sich wieder gegen den Bürgermeister Bordelius ausgesprochen; wenn dieser zu Schultheißen berufen werde, habe er im Magistrat zwei Stimmen ( die des Bürgermeisters und die des Schultheißen), könne also die dritte Stimme der übrigen Ratsmitglieder überstimmen und die ganze Stadtverwaltung nach seiner Willkür leiten.

 

Nun wandte sich die Witwe Essellen mit einem Bittgesuch vom 21.11.1725 an den König. Zunächst schilderte sie die Verhältnisse im damaligen Bochumer Magistrat. Er bestand aus dem ersten Bürgermeister (Consul) J. G. Bordelius, dem zweiten Bürgermeister J. W. Mallinkrodt, dem ältesten Ratsherrn (senator senior) Dr. H. Krämer, und den Ratsherren Grolmann und Busse. Krämer, Katholik, habe bisher im Magistrat allein dirigiert. Er sei dem Steuerrat Essellen nur deshalb genehm, weil er wegen seiner „offenmahligen unvermeundlichen Abwesenheit“ zu profitieren gedenke. Der erste Bürgermeister Bordelius kenne als „ein außwertiger“ die Statuta und Verfassung der Stadt Bochum nicht. Mallinkrodt habe ebenso wenig wie die anderen Ratsglieder „die geringsten studia“. Mallinkrodt und Busse, ebenfalls „catholique“ wie Dr. Krämer, folgten diesem blindlings. Der König werde gewiß nicht zugeben, daß „anjetzo auf die Arth per indirectum der Magistrat jurisdiction und Gericht an sich ziehen könne“. Das sei bei dem von ihr vorgeschlagenen Grolman nicht zu befürchten; gegen seine „notorische Capacität“ und gegen seine Empfehlungen sei nicht das allergeringste einzuwenden.

 

Dieses Gesuch hatte nur vorübergehenden Erfolg. Grolman wurde im März einstweilig mit dem Amte beauftragt. Da der Magistrat sich gegen ihn erklärte, wurde Steuerrat Essellen am 23.4.1726 einstweilig ernannt, nachdem er 800 Tlr. an die Rekrutenkasse gezahlt hatte.

 

Mittlerweile hatte der junge Heinrich Dietrich Essellen seine juristischen Studien an den Universitäten in Halle und Tübingen vollendet. 1735 bat er um Ernennung zum Schultheißen. Das Ministerium gab ihm eine Proberelation zum juristischen Befähigungsnachweis auf. Als diese „trotz mehrerer notablen Fehler“ günstig beurteilt worden war, wurde die Regierung in Kleve angewiesen, ihn in sein Amt einzuführen. Im April 1736 erhielt er seine Bestallungsurkunde. Im Amte war er bis 1754. Verheiratet war er mit Sofie von Degging von Haus Dahl a. d. Bolme; er starb kinder- und bruderlos. In seinem Testament vom 31.3.1751 setzte er u. a. seinen Neffen Moritz Heinrich Grolman als Erben des Schultheißenhofes ein. Dessen Vater Dr. Christoph Dietrich Grolman, Regierungsdirektor in Kleve, hatte am 19.3.1727 Maria Elisabeth Sofie Essellen geheiratet (geb. 20.9.1705, gest. 16.12.1771). Der Neffe und Erbe ließ sich 1754 mit dem Hofe behandigen. Das Schultheißenamt ging aber auf seinen Antrag vorläufig auf seinen in Bochum wohnenden Onkel Adolf Grolman, Geh. Regierungsrat, beider Rechten Licentiat und Richter der Gerichte Castrop und Strünkede über; dieser wurde 1760 endgültig zum Schultheißen ernannt. Er wohnte neben dem Schultheißenhofe im Hause Große Beckstraße Nr. 24. Der Schultheißenhof selbst wurde verpachtet. Ihn bewohnten nacheinander Landrichter Joh. Adolf Bölling, der Advokat Hofrat Peter Johann Schragmüller, gest. 1776 der Bergassessor und Kreiseinnehmer Franz Adolf Moritz Grolman ab 1780.

 

Schulheiß Hermann Adolf Grolman starb am 30.12.1779. Den Hof hatte nach dem Tode des Moritz Dietrich Grolman sein Bruder Heinrich Dietrich Grolman am 3.2.1769 gegen die alte Behandigungsgebühr von 20 Gulden ( = 15 Rtlr.) von der Regierung empfangen. Zum Schultheißen wurde 1780 auf seinen Vorschlag der Landrichter und Justizrat Friedrich Henrich Dietrich von Essellen ernannt. Er wohnte auf dem Hellwegshof und war der Sohn des bereits mehrfach genannten Steuerrates Essellen Ihm gehörte auch der Rittersitz Grengeldanz; er war Richter der adeligen Jusrisdiktionsbezirke Strünkede, Alt-Castrop, Grimberg und Horst a. d. Ruhr. Nach seinem Tode (11.3.1805) verwaltete der Landgerichtsassessor Sethe das Amt, bis es in der Franzosenzeit durch Einführung der Großherzogl. Berg. (französischen) Gerichtsverfassung ab 1.2.1812 aufgehoben wurde. Der Hof selbst wurde durch Ablösung der staatlichen Erbpachtzinsen mit 1325 Rtlr. Eigentum des Obertribunalspräsidenten Grolman. 1825 verkaufte ihn Grolman für 3077 Tlr. an den Prediger und Rektor August Bolkhardt. Die zum Hofe gehörigen großen Ländereien erwarb der Posthalter Escher. 1851 ging das Hofesgelände an das Elisabethkrankenhaus über.

 

Diese Aufeinanderfolge der einzelnen Schultheißen zeigt uns, daß Hof und Amt immer zusammengehörten. Wie der Hof als Behandigungsgut erblich in den Familien übertragen wurde, so folgte ihm auch das unauflöslich mit ihm verbundene „ E r b s c h u l t h e i ß e n am t “. Im Laufe der Jahrhunderte versuchte die Regierung verschiedentlich, das Amt einzuziehen. Als im Jahre 1596 eine Kommission von den staatlichen Höfen in der Rentei Bochum ein Lagerbuch anfertigte, von dem sich eine Abschrift im Geheimen Staatsarchiv Berlin-Dahlem befindet, bezweifelte sie die Erblichkeit des Amtes. Wie wir oben bereits gesehen haben, versuchte im Jahre 1692 die Regierung, den bis dahin von ihr verpfändeten Hof einzulösen und das Amt zu beseitigen, es gelang dem Schultheißen aber in Verhandlungen die Anerkennung seines Behandigungsrechtes durch Regierungsresolution vom 12.3.1697. Bald darauf kam es wieder zu Streitigkeiten über das Amt infolge einer Erkrankung des Schultheißen Heinrich Elbers. Der Rentmeister Wennemar Deutecom versuchte bei der Regierung die Anwartschaft auf das Amt zu erlangen, er wollte zunächst dem kranken Schultheißen assistieren. Er gelang ihm auch, als Assistent beigeordnet zu werden. Gegen ihn setzte sich Elbers energisch zur Wehr. Er ließ sich Zeugnisse von dem Magistrat und vom Pastor Myläus geben, um zu beweisen, daß er keinen Assistenten nötig habe, und legte ihn einem „species facti“ der Regierung den Rechtszustand und die Vererblichkeit von Hof und Amt dar. Demgegenüber wies sein Gegner darauf hin, daß in dem Erbpachtvertrag von 1494 nur die Rede von dem Hof sei. Die juristisch gewandten Ausführungen Deutecoms machten Berlin, wo man die Verhältnisse vom grünen Tisch aus beurteilte, Eindruck, er wurde 1700 als Assistent betätigt. Erst die wiederholten Vorstellungen Elbers gaben der Berliner Regierung Veranlassung, nochmals durch die Kammer in Kleve die Rechtslage zu überprüfen, aber durch den Tod des Schultheißen Elbers blieb die Sache unentschieden. In dem bald darauf einsetzenden Streit zwischen der Witwe Elbers und dem Fiskus wurde wieder die Erblichkeit des Amtes mit weitläufigen juristischen Gründen zu beweisen gesucht, die klevische Kammer nannte in ihrem Beichte vom 7.12.1731 an den Ratminister von Borcke den Hof ein „feudum improprium vel feudum anomalum“. Mit den Worten ist gesagt, daß der Schultheiß ein lehnsähnliches, dingliches, vererbliches und zinspflichtiges Recht an dem Hofe besaß. Im 18. Jahrhundert brachte die Regierung in Kleve die Rechtsverhältnisse an dem Hofe unter den Begriff „Erbbehandigungsgut“, einer damals gebräuchlichen Bezeichnung für diejenigen Höfe zusammen, bei denen nach dem Tode des letzten Besitzers dem Erben der Hof gegen Erlegung des Gewinngeldes vom Hofesherrn auf Lebenszeit wieder verliehen werden mußte.

 

Als im Jahre 1748 der klevische Regierungspräsident von Koenen am 19. Juli ein „Projekt zur besseren Einrichtung und höchstnötigen Kombinierung der Klev- und Märkischen Untergerichte“ nach Berlin sandte, schlug er bei fast allen Stadtgerichten der Grafschaft Mark ihre Vereinigung mit den neu zu bildenden L a n d - g e r i c h t e n vor. Eine solche für das Schultheißengericht in Bochum vorzuschlagen, sah er aber sich außerstande, weil gewisse Familien seit uralten Zeiten mit diesem Amte erblich belehnt seien. Gegen diese Erbbehandigung wollte er nicht ankämpfen, und so blieb das Stadtschultheißengericht auch nach der Neuordnung des Gerichtswesens im Jahre 1753 bestehen.

 

Das Amt wurde stets von der Regierung dem als Hofesnachfolger bestimmten Bewerber besonders übertragen; vor der endgültigen Auswahl wurde Rücksicht auf die nächsten Verwandten genommen, falls der Hofesnachfolger das Amt nicht übernehmen wollte oder konnte. Seit dem 17. Jahrhundert legte der Staat mit der zunehmenden Bedeutung des Amtes Wert auf eine j u r i s t i s c h e V o r b i l d u n g d e s B e w e r b e r s . Die Erbberechtigten haben sich dann wohl von selbst zu den erforderlichen Universitätsstudien entschlossen. Seit der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts waren fast alle Schultheißen Doctoren der Rechte.

 

Bei der Ernennung bekam der Schultheiß eine Bestallung; diejenige über Dietrich Elbers vom 18.6.1630 und Johann Henrich Essellen vom 19.4.1701 finden sich noch in Abschrift in den Archivakten. Beide Bestallungen sind von der klevischen Regierung ausgestellt. Daneben wurde noch ein besonderer Behandigungsbrief für die Uebertragung des Hofes von der klevischen Domänenkammer ausgestellt.

 

Für die Uebertragung des Hofes wurde seit 1494 die in der bereits mehrfach erwähnten Urkunde genannte Summe von 20 Goldgulden gezahlt. Für die Uebertragung des Amtes wurden seit Friedrich Wilhelm I. die von diesem eingeführten C h a r g e n g e l d e r e r h o b e n , es wurden dabei bei der Konkurrenz der Bewerber recht hohe Summen an die Rekrutenkasse abgeführt, wie wir oben gesehen haben.

 

Die Vereidigung des Schultheißen fand in älterer Zeit, wie uns das Bürgerbuch für die Jahre 1569 und 1630 berichtet, vor Bürgermeister und Rat in Bochum statt, im 18. Jahrhundert wurde der neue Schultheiß vor der Regierungskommission vereidigt.

 

Außerdem mußte jeder Schultheiß den Bürgereid leisten, falls er bis zu seiner Ernennung noch nicht Bochumer Bürger war.

D i e B e f u g n i s s e d e s S c h u l t h e i ß e n w a r e n v e r s c h i e d e n e r A r t . In erster Linie war er der Stadtrichter, daneben aber auch in de Stadtverwaltung insbesondere am Erlaß von Verordnungen beteiligt.

 

Seine richterlichen Befugnisse waren in der Urkunde vom 8. Juli 1321 festgelegt worden. Die Urkunde ist lateinisch abgefaßt und in einzelnen Bestimmungen nicht ganz einfach zu erklären. Hier müssen wir die Urkunde, durch die Wattenscheid um das Jahr 1415 (die Urkunde ist nur im Entwurf vorhanden auch nicht datiert) vom Dorfe zur Freiheit erhoben und sozusagen mit Bochumer Recht gewidmet wurde, heranziehen. Diese Urkunde enthält in wesentlichen Bestimmungen eine genaue Uebersetzung der gleichen Sätze der Bochumer Verleihungsurkunde, wie folgende Uebersicht zeigt:

 

Bochum

Quilibet opidanorum tenetur stare juri coram scultelo nostro qualibet die ter, et totiens unus alium potest de quinque solidis cum obolo incuscare, similiter de qualibet querimonia sive culpa casualiter accidente preter querimoniam seu culpam se ad mortem hominis extendentem

 

Wattenscheid

Eyn juwelich der borger ist schuldig dem anderen to rechte stan vor dem borgermeister alle dage dryge und also vake mach eyn borger den anderen schuldigen van eyme hellinge und vyf schillinge, geliker mys van eyner ueweliken clage ofte schult, den gevelliken schunt, behalven clage ind schult, den drepet an den doet des menschen

 

Hiernach sollte ein Bürger seinen Mitbürger in Prozeßsachen vor den Schultheißen laden können, ausgenommen waren Ansprüche, die mit dem schuldhaft herbeigeführten Tod eines Menschen zusammenhingen. Die Klage jeglicher Art durfte an einem Tage dreimal erhoben werden, erschien dann der Beklagte auch nach der dritten Vorladung nicht, so erging Urteil gegen ihn. Der Klagegegenstand durfte 5 Schilling nicht übersteigen. Mit dieser Bestimmung war der Bürger der bis dahin bestehenden umständlichen und zeitraubenden Klage vor dem Richter des Amtes überhoben. Bis jetzt hatte er erst mit drei vorausgegangenen je vierzehntägigen Ladungsfristen den säumigen Schuldner zur Verurteilung bringen können. Vor dem Schultheißen als Stadtrichter konnte er in einem Tage das Urteil erwirken, es wurde also in Bochum das sogenannte „tägliche Gericht“ eingeführt, das schnellen Schutz gewährte.

 

Während in diesen Z i v i l s a c h e n der Schultheiß allein richtete, sollte er in S t r a f s a c h e n nur mit dem Bürgerrat zu Gerichte sitzen. Es heißt in der Urkunde (Uebersetzung): „Schläge und Körperverletzungen, bei denen Blut fließt und die innerhalb der Stadtgrenzen geschehen, sowie üble Nachrede und Verleumdungen, die Ehre und Lebenswandel betreffen, soll der Schultheiß mit dem Rate der Bürger aburteilen. Wer schuldig befunden wird einer der genannten Straftaten, soll mit 15 Schillingen und 3 Hellern (obolus) büßen. Wer aber andere Mißhandlungen ohne Blutvergießen oder Ziehen an den Haaren begeht, soll mit 5 Schillingen und 1 Heller (gemeint ist also mit 1 Heller bis 5 Schillingen) büßen. Wer aber sich zankt oder leichtere Scheltworte gegen den anderen spricht, de soll büßen 4 Denaren (1 Denar = 1/12 Schilling). Wer sich weigert, diese Buße zu tun, der soll auf dem Hofe in die Ketten gelegt und darin gehalten werden, bis e die Buße getan hat. Wer aber die Buße nicht zahlen kann wegen Armut, er wäre Mann oder Weib, der soll als Buße Steine tragen.“

 

Mit diesen Bestimmungen ist die ganz Tätigkeit des Schultheißen als Stadtrichter im 14. Jahrhundert umrissen worden. Er hatte also das Niedergericht mit beschränkter Zuständigkeit und ohne zunächst bestimmt festgelegten Gerichtstag, also mit täglich möglicher Rechtsprechung zu verwalten. Später wurden dann wöchentliche Gerichtssitzungen anberaumt.

 

Das Schultheißengericht reichte so weit wie das Weichbild der Stadt, war also vom umliegenden Lande durch Grenzpfähle, die sog. Friedepfähle oder Friedesteine, abgegrenzt. In diesem Raume stand dem Schultheißen allein das Recht der Verhaftung, Pfändung und Beitreibung zu. Er konnte unter Zuziehung der Magistratsmitglieder in diesem Bezirk auch die Verfolgung der sog. Kapitalverbrechen aufnehmen, hatte den „ersten Angriff“ und konnte den Verbrecher in Haft nehmen, mußte ihn aber nach der ersten Untersuchung an den Amtsrichter abliefern, wenn der Fall seine Zuständigkeit überschritt. Bestand Zweifel über seine Zuständigkeit, so mußte er oft in langwierigen Streitigkeiten seine Stellung durchfechten. So kam es im Jahre 1699 zu einem Zuständigkeitsstreit zwischen ihm und dem Amtsrichter wegen eines J u d e n . Als dieser vor dem Schultheißengericht verklagt wurde, mischte sich der Amtsrichter ein und behauptete, sämtliche Juden, die nach damaliger Auffassung dem Landesherrn direkt unterstanden und von diesem Schutz- und Aufenthaltsbriefe erhielten, gehörten vor den landesherrlichen Richter. Auf die Beschwerde des Schultheißen entschied das Ministerium in Berlin, das Gewohnheitsrecht sollte in Bochum entscheiden. Nach diesem mußte aber die Gerichtsbarkeit dem Schultheißen zuerkannt werden.

 

Ueber die vor dem Schultheißen zur Aburteilung gelangten S t r a f s a c h e n sind Akten nicht mehr vorhanden. Das alte Bürgerbuch enthält einige Urteilssprüche z. B.: „Anno 1708 d. 18. Dezember Sententia: In peinlicher Inquisitionssache Stadt Bochum Fisci, Anklägerin entgegen Hans Jürgen von Beveren, Angeklagte und Inhaftierte, wird auf dem Inquisitionsverfolg vom Schultheißen, Bürgermeister und Rath hiermit zu Recht erkannt, daß Angeklagter wegen iterirter (mehrfacher) verschiedener sowohl in dieser Stadt als benachbarter Oertern begangener Diebstähle öffentlich an den Pranger zu stellen, mittels 6 Ruthen auszustreichen und nach aufgeschworener Urphede hiesiger Stadt Botmäßigkeit auf ewig zu verweisen sey.“ Das Bürgerbuch berichtet häufig über die Uebeltäter, die der Stadt U r f e h d e schwören mußten, daß sie sich an „unseren gnädigen Herrn und Herzog, den Hof von Bochum und die Stadt noch derselben Obrigkeit und Untertanen“ wegen der erlittenen Strafe nicht rächen wollten. Als Strafe wurde gegen Bürger der Stadt im allgemeinen eine Geldstrafe erkannt. Gegen Fremde ging man mit Festnahme vor und ließ sie so lange sitzen, bis sich Freunde für die Zahlung der Geldstrafe verbürgt hatten. Fremde wurden fast stets mit ewiger Verweisung aus der Stadt belegt. Alle diese wichtigeren Fälle notierte der Gerichtsschreiber des Stadtgerichts in dem alten Bürgerbuch. B. Kleff hat im 1. Bandes des Bochumer Heimatbuches S. 37 ff. solche Fälle aus der Strafpraxis des Stadtgerichts mitgeteilt. Nachbargezänk und Wirtshausstreitigkeiten, Schlägereien auf den Jahrmärkten, Gartendiebstähle fanden so ihre schnelle Sühne; man brachte die Schuldigen auf die Ratskammer, setzte sie in eine „Hilde“ (Fußsessel) mit einer Kette bis zum Verhandlungstag, wenn die Häftlinge es nicht vorzogen, gegen Bürgenstellung ihre Loslassung bis zum Termin zu erwirkten. Diebe wurden an dem Pranger auf dem Marktplatz ausgestellt, dort von den beiden Stadtdienern mit Ruten gestrichen und aus den Friedephälen der Stadt verwiesen. Beleidigungsprozesse, wurden häufig durch Vergleich erledigt, indem der schuldige Teil seine Worte widerrief und erklärte, „daß er von dem Beleidigten nicht anderes, denn von einem frommen Mann wisse“, worauf der Schultheiß beiden Parteien „Hand und Mund zu halten auferlegte“.

 

In Z i v i l s a c h e n richtete der Schultheiß allein, wie in der Verleihungsurkunde vom 8. Juni 1321 festgesetzt. Im Laufe der Zeit fiel aber die Beschränkung auf Klagegegenstände bis 5 Schillinge Wert fort, so daß alle Zivilsachen unbeschränkt seiner Zuständigkeit unterlagen. Der amtliche Bericht über das Justizwesen in Bochum aus dem Jahre 1714 erwähnt, daß der Schultheiß „ in Civilibus allein“ entscheide und das ordentliche Gericht alle vierzehn Tage auf dem Rathause nach Läuten der zweiten Stadtglocke abgehalten werde. Diese Stellung des Schultheißen suchte der Magistrat im Jahre 1744 zu erschüttern. In einem Bericht an die Regierung vom 8. Mai 1744 wies er darauf hin, daß das Privilegium aus dem Jahre 1321, „welches allbereits soviele Secula hinter sich habe, längst veraltet und obskuriert“ sei, und keine Rechte aus ihm hergeleitet werden könnten. In Zivilsachen sei leider seit einiger Zeit der Brauch eingerissen, daß der Schultheiß allen zu Gericht sitze; dieses habe gar leicht geschehen können, weil in den vorigen Zeiten keine „sonderliche Litterati, sondern mehrenteils solche Magistratspersonen vorhanden gewesen, welche sich um das rathäusliche Wesen wenig oder garnicht bekümmert hätten“. Nunmehr müsse aber der Magistrat in Anspruch nehmen, daß in den „Ziviljuditialprozessen er zu adhibieren, sodann mit dem Schultheißen die gewöhnlichen jura und Gebühren zu teilen seien“.

 

Diese Ansprüche des Magistrats auf den Beisitz in Zivilsachen wurden aber von der Regierung abgelehnt. Ueber bürgerliche Streitigkeiten vor dem Schultheißengericht geben einige Aktenstücke des Reichskammergerichts in Wetzla aus den Jahren 1580 bis 1620 beachtliche Aufschlüsse. Damals war es Pflicht der Partei, die sich mit der Revision an das höchste Reichsgericht wandte, eine Abschrift aller bis dahin entstandenen Akten der früheren Instanzen ihrem Revisionsbegehren beizufügen. Deshalb liegen uns auch in den Fällen, wo sich Bochumer Bürger an das Reichskammergericht wandte, noch die Akten des Schultheißengerichts in Abschrift vor. Wir können aus ihnen entnehmen, daß um die angeführte Zeit „vor Schultheiß, Bürgermeistern und Rat“ das Urteil gefällt wurde. Es muß also doch wohl zeitweise der Magistrat auch in Zivilsachen an der Urteilsfällung teilgenommen haben.

 

Sehr groß war die Tätigkeit des Schultheißen seit der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts auf dem Gebiete der f r e i w i l l i g e n G e r i c h t s b a r k e i t . Zahlreiche Urkunden sind noch vorhanden, in denen er bekundet, daß vor ihm sich die Käufe von Grundstücken, der Kauf von Renten vollzogen. In diesen Urkunden kommt auch noch seine älteste Stellung als des Richters des Hofes Bochum insoweit zum Ausdruck, als nur vor ihm die Erbpächter der staatlichen Grundstücke im ältesten Reichshofbezirk ihren Besitz veräußern durften. So heißt es in der Urkunde vom 10. April 1381, daß „vor dem Hoffgericht und vor dem sculten Diderich“ die Verpfändung eines Hauses, gelegen „by der beyke“ erfolgt sei und „sculte und ratlude van Bochem“ diese Urkunde mit dem (ältesten erhaltenen) Stadtsiegel besiegelt hätten. Ebenso wurden in den Jahren 1443, 1467, vor diesem Hofesgericht Verfügungen über Grundbesitz getätigt.

 

Auf dem V e r w a l t u n g s g e b i e t e hatte der Schultheiß die ihm in der Urkunde vom 8. Juni 1321 verbrieften Rechte im Laufe der Jahrhunderte behalten. Er nahm an den Ratssitzungen teil, wobei ihm, den Bürgermeistern und der Gesamtheit der Ratsleute je eine Stimme zukam. Auch bei der Wahl der Ratsmitglieder wirkte er mit und hatte die Neugewählten in ihr Amt einzuführen. Diese 6 Ratsmänner wurden von den beiden Bürgermeistern und dem Schultheißen gewählt, wobei der letztere 2 Stimmen hatte.

 

Schultheiß, Bürgermeister und Rat hatten das Recht, Maß und Gewicht zu prüfen, Bestimmungen über diese zu treffen und Zuwiderhandelnde in Strafe zu nehmen. Auf Grund dieser Bestimmung wurden Bäcker und Wirte fortlaufend überwacht.

 

Polizeiverordnungen konnten nur mit Zustimmung des Schultheißen von dem Stadtrat erlassen werden. Im Laufe der Jahrhunderte entstanden so die „Statuten der Stadt“, die zuletzt 46 Artikel umfaßten und von Kortum im Jahre 1790 in seiner Abhandlung: „Nachricht vom ehemaligen und jetzigen Zustand der Stadt Bochum“ veröffentlicht worden sind. Alljährlich wurden sie bei der Bürgermeisterwahl feierlich verlesen.

 

Als unter Friedrich Wilhelm I. das städtische Verfassungswesen in der Grafschaft Mark und somit auch in Bochum neu geordnet und die jährliche Neuwahl des Magistrats beseitigt wurde, blieben die alten Rechte des Schultheißen bestehen. Im Jahre 1743 kam es zu Streitigkeiten zwischen dem Schultheißen und dem Magistrat über dessen Teilnahme an den Ratssitzungen. Der Magistrat wollte den Schultheißen Essellen nicht mehr zu den nach Beratungen hinzuziehen, worauf sich Essellen nach Berlin wandte. Das Ministerium ordnete am 31.1.1744 an, daß der Schultheiß in den Magistrat aufzunehmen sei, ob er den Vorsitz führen dürfe, müsse noch genauer untersucht werden. Der Magistrat hatte dazu bemerkt, daß der erste Bürgermeister jederzeit die Convocation und Provosition, also Einberufung und Vortrag zu tun habe, wenn die gewöhnlichen Sessiones bei Rathaus gehalten werden. Der Schultheiß habe bloß die Justiz, niemals das rathäusliche Polizei- und Dekonomiewesen.

 

An E i n k ü n f t e n standen dem Schultheißen neben dem Drittel der Geldstrafen in Strafsachen das Standgeld der Krämer vom Wochenmarkt zu, das nach dem Privilegium von 1321 mit einem Obolus am Sonntag nach dem Martinimarkt zu zahlen war. Nach Fortfall der ständigen Verkaufsstellen auf dem Markt bezog er das Standgeld vom Martinimarkt. Außerdem kam dem Schultheißen ein Drittel des Bürgergeldes zu, das jeder entrichten mußte, wenn er als vollberechtigter Bürger in die Bürgerschaft aufgenommen werden wollte. Nach der Neuordnung des Städtewesens unter Friedrich Wilhelm I. wurde für den Stadtschultheiß wie für die Bürgermeister ein „Gehalt“ von 8 Tlr. vorgesehen; hiermit wurde wohl das Neujahrsgeschenk von 6 Tlr., das die Stadt jährlich zu überreichen pflegte, in den neuen Stadthaushalt übernommen. In einem amtlichen Bericht aus 1748 wurden die Gesamteinkünfte (jura und accidentien) auf 148 Tlr. angegeben.

 

Im Anfang des 16. Jahrhunderts holte sich der Schultheiß Rat beim Gericht der Reichsstadt Dortmund. Später, nach Ausbildung eines Instanzenzuges, ging die Berufung gegen ein Urteil des Schultheißengerichts an das angesehene Gericht der Hauptstadt der Grafschaft Mark, Hamm. Eine Berufung gegen ein Urteil des Stadtgerichts Hamm ging an das Hofgericht in Kleve. Gegen dessen Entscheidung konnte in wichtigen Sachen das Reichskammergericht in Speier, seit 1693 in Wetzlar angerufen werden, bis es 1709 durch Schaffung eines höchsten preußischen Gerichtshofes in Berlin ausgeschaltet wurde. Im Jahre 1719 wurde der Instanzenzug geändert durch Abschaffung der sogenannten Mittelfahrten, es ging jetzt die Berufung vom Schultheißengericht sofort an das Gericht der Regierung in Kleve, von diesem die Revision, an das Oberappellationsgericht (Obertribunal) in Berlin.

 

Früher entschieden die Gerichte in schwierigen Sachen häufig selbst nicht den Prozeß, sondern sandten die Akten an eine Juristenfakultät einer Universität (meistens Marburg oder Helmstedt für die Gerichte unserer Gegend) und diese brachte dann durch ihre Rechtsgutachten den Prozeß zur Entscheidung. Die preußische Regierung räumte mit diesem sog. Institut der Aktenversendung auf und suchte durch gute Vorbildung der Richter den Wert der Urteile zu heben.

 

In Verbindung mit dem Uebergang vom mündlichen zum schriftlichen Verfahren infolge der Einwirkungen des römischen Rechtes wurde die Zuziehung eines G e r i c h t s s c h r e i b e r s vorgeschrieben. Er wurde vom Schultheißen ernannt. Auch zu den Beurkundungen de freiwilligen Gerichtsbarkeit wurde er herangezogen; seit 1560 wird er ständig als der Schreiber der Urkunden in diesen mitaufgeführt, während bis zu dieser Zeit der Gerichtsfrone neben anderen Urkundszeugen namentlich genannt wurde.

 

Wir haben oben die Reihe der Schultheißen angeführt und wollen deshalb auch die Namen der Gerichtsschreiber zusammenstellen. Wir kennen ihre Namen erst seit Mitte des 16. Jahrhunderts. Der erstgenannte ist Wessel Roiffhake (1553 – 68). Seit 9.3.1569 war Johann Springorum Gerichtsschreiber und gleichzeitig Stadtschreiber. Beide Aemter setzten damals ein bedeutend höhere Bildung voraus, als man gewöhnlich mit der Bezeichnung Schreiber verbindet. Der Stadtschreiber war eine berufliche vorgebildete Persönlichkeit, die sowohl das gerade zur Herrschaft gelangende römische Recht genügend kennen, als auch mit den Gepflogenheiten der Urkundenausfertigung und den Rechtsangelegenheiten der Stadt vertraut sein mußten. Da das Stadtschreibergehalt nicht zum Leben ausreichte, wurde das Amt häufig nur im Nebenamte von Geistlichen oder Lehrern ausgeübt oder wie hier in Bochum mit dem Gerichtsschreiberamt, das bedeutend mehr abwarf, verbunden.

 

Meistens war der Gerichtsschreiber noch kaiserlicher Notar und noch Rechtsanwalt am Amtsgericht. Bei dem konservativen Sinn unserer Vorfahren war es üblich. Beamtenstellungen vom Vater auf den Sohn zu vererben, es ist somit nicht auffallend, wenn wir Mitglieder derselben Familie in mehreren Generationen als Stadtschreiber (Stadtsekretäre) finden. Der Schultheißengerichtsschreiber und S t a d t s c h r e i b e r S p r i n g o r u m wird in vielen erhaltenen Pergamenturkunden aufgeführt, von 1577 ab unterzeichnet er auch die vom ihm entworfenen Schriftstücke, die nebenbei noch das Siegel des Schultheißen beziehungsweise das Stadtsiegel angehängt oder aufgedrückt tragen. Zu den besonderen Geschäften als Stadtsekretarius, wie er sich seit 1586 bezeichnete, gehörte die F ü h r u n g d e s B ü r g e r b u c h e s , das alle wichtigen Verträge der Stadt wiedergeben sollte und die Aufnahmen aller Bürger in die Bürgerschaft enthält. Durchblättert man die vergilbten Seiten dieses dickleibigen Buches, so trifft man überall auf die charakteristische Handschrift Springorums. Gerade er hat das Buch mit größter Sorgfalt geführt und auch, was uns für diese Abhandlung besonders angeht, die Verpflichtungen von Vormündern, Erbauseinandersetzungen, Bestrafungen der Rechtsbrecher, die aus der Stadt gewiesen wurden und Urfehde schwören mußten, getreulich verzeichnet, so daß wir gerade für seine Zeit genau über Stadtangelegenheiten unterrichtet sind. Im Jahre 1607 erscheint seine Handschrift zum letzten Male im Bürgerbuch. Sein Nachfolger im Gerichtsschreiberdienst war der Notar Johann von Sodingen, der am 14. 3. 1615 den Gerichtsschreibereid leistete, nachdem er bis dahin vertretungsweise tätig gewesen war. Er ließ sich erst 1626 in die Bürgerschaft aufnehmen und bekleidete bald Ehrenämter, mehrfach war er Ratsherr und Bürgermeister. Im Stadtschreiberdienst folgte Sibertus Springorum seinem Vater.

 

Im Jahre 1631 bestellte ihn der Schultheiß zum Gerichtsschreiber seines Gerichts. Nach dem Tode Springorums wurden im Jahre 1636 die beiden Aemter vorübergehend getrennt. Zum Stadtschreiber wurde Johann Wirich Schmedden, der in dem genannten Jahre auch in die Bürgerschaft aufgenommen wurde, und zum Gerichtsschreiber Röttger Sölling bestellt. Letzterer blieb nur zwei Jahre im Amte und zog dann nach Dinslaken, wo er als Notar und Gerichtsschreiber noch 1666 tätig war. Es muß dann seine Stelle auf Schmedden übergegangen sein. Ihm folgte sein Sohn Detmar, der 1652 eine Urkunde als Notar und Gerichtsschreiber ausfertigte und 1655 zum Stadtsekretär ernannt wurde. Nachdem er im Jahre 1690 wegen seines hohen Alters sein Amt niedergelegt hatte, verwaltete einstweilen der Stadtrat Dr. jur. J. Ernst Bordelius, sein Schwager, das Amt. Dann ging es auf seinen Sohn Johann Wirich Schmedden über. Dieser hatte inzwischen seine Studien beendet (am 21. 8. 1688 war er an der juristischen Fakultät der Universität Straßburg immatrikuliert worden). Schmedding wird in der amtlichen „Erkundigung über die Gerichtsverhältnisse“ in Bochum aus dem Jahre 1714 als Aktuarius beim Stadtgericht und als Prokurator (Anwalt) beim Landgericht aufgeführt. Das Stadtschreiberamt war so in drei Generationen in derselben Familie geblieben, wie auch in Essen um dieselbe Zeit das gleiche Amt in drei Generationen von den Krupps verwaltet wurde. Nach dem Tode Schmeddings (er hinterließ nur zwei Töchter) wurden die oben genannten Aemter getrennt verliehen. 1713 war nach den Stadtrechnungen Moritz Henr. Mettegang Stadtsekretär. 1763 war Bordelius Stadtgerichtsschreiber und Wiemer Stadtsekretär (und Posthalter), Landgerichtsschreiber war damals Heinrich Kals (gest. 1800).

 

Nach der bereits mehrfach erwähnten Neuordnung der Magistratsverfassung unter Friedrich Wilhelm I. sollte das Amt des neu geschaffenen Stadtkämmerers mit dem des Stadtsekretärs möglichst zusammengelegt werden. So war es bei Johann Christoph Ecker, der von 1776 ab Sekretär und Stadtkämmerer, gleichzeitig Gerichtsschreiber des Schultheißengerichts und Postmeister war, also ein vielseitiger Mann. Ihm folgte sein Sohn im Amt, der letzte Gerichtsschreiber des Schultheißengerichts. Er bewohnte das Haus Große Beckstraße Nr. 24; da er gleichzeitig die Verwaltung der Post hatte, so hieß sein Haus im Volksmunde „die Post“.

 

Am 1. April 1815 nahm das neue preußische Land- und Stadtgericht im alten Rathause am Markt seine Tätigkeit auf. Von einer Wiedereinsetzung des alten Schultheißengerichts nahm die Regierung Abstand. So ging denn dieses Ueberbleibsel alter Rechtsentwicklung unter, nachdem fast 500 Jahre lang Männer aus den angesehensten Familien der Stadt Bochum mit den auserwählten der Bürgerschaft zum Besten der Allgemeinheit Recht gesprochen hatten.

  

Impressum

1938 Bochum Ein Heimatbuch

 

Herausgegeben im Auftrag der Vereinigung für Heimatkunde von B. Kleff

 

Druck und Verlag

Märkische Vereinsdruckerei Schürmann & Klagges

4. Band

 

 Bochum 1938

 

(Zitierhinweis 2012)

Bernhard Kleff, Hg.: Bochum. Ein Heimatbuch. Bochum 1938. Bochumer Heimatbuch Bd. 4